75/Paradies/Heftkünstlerin: Eva Bakalar

Eva Riebler besuchte die Heftkünstlerin in Wien, Alt-Erlaa.

Liebe Eva, dein Leben lang ist Kreativität das Schild, das Du vor und in Dir trägst.
Ich sehe Kreativität nicht als Schild, im Sinne von Schutz, etwas hinter dem ich mich verstecke. Im Gegenteil: Für mich ist Kreativität ein Ausdrucksmittel, meine Persönlichkeit zu zeigen. Bereits in der Volksschule gewann ich mit einer Zeichnung einen Wettbewerb, ebenso im Gymnasium. So etwas motiviert. Dein Alltag liefert Dir das Material? Ja, ich finde meine Materialien überall. Ich kann in jedem Material etwas Schönes entdecken. Ich bin auch eine, die gerne in Fabriken geht und bei der Entstehung eines Produktes zuschaut.

Dein Alltag liefert Dir das Material?
Ja, ich finde meine Materialien überall. Ich kann in jedem Material etwas Schönes entdecken. Ich bin auch eine, die gerne in Fabriken geht und bei der Entstehung eines Produktes zuschaut.

Du veränderst z.B. durch Umhäkeln…einen Alltagsgegenstand.
Genau, aber das ist nur ein Effekt. So kann man z.B. mit Gewebeüberlagerungen schöne Farbeffekte erzielen oder eine Räumlichkeit erzeugen. Das Gleiche versuche ich auch mit den bunten Gewebebändern, mit denen ich aktuell arbeite. Ich mache auch gerne modulare Materialbilder, die, wenn man sie unterschiedlich zusammenfügt, immer neue interessante Objekte ergeben.

Der Titel eines Kastenrahmens mit Golfbällen in Schwarz-Weiß entstand anlässlich der 5. National Special Olympics 2010 in St. Pölten und heißt: Lass die Augen zu und du wirst meine Haut spüren.
Der Titel der Ausstellung des St.Pöltner Künstlerbundes hieß eigentlich Handicap und war eine echte Herausforderung. Ich habe extra den Blindenverband besucht und mir dort diesen Text in Braille Schrift übersetzen lassen. Dann habe ich 288 Golfbälle in der Blindenkurzschrift angeordnet und auf die schwarzen Bälle Salz geklebt, zum Ertasten. Langwierig Sache, aber im Endeffekt schön.

Mother`s little helper, 2010 aus Haushaltsschwämmen in Kunstharz gegossen, sind fröhlich und beschwingt …. Warst Du das beim Entstehungsprozess ebenfalls?
Ja! Ich habe überhaupt einen Hang, die Themen gerne etwas ironisch anzugehen. Ich fand die grellen Farben lustig. Sie erinnerten mich an den psychodelischen Farben der Hippie Zeit. Der Song der Rolling Stones hieß so und war eine Anspielung auf das Medikament Valium und die überforderten Mütter.

Du erweckst scheinbar Gebrauchsgegenstände?
Diese Kunstrichtung nennt sich ready-made, und ist eigentlich nicht neu, geht auf Marcel Duchamp zurück. Meine Umsetzung ist vielleicht etwas anders. Ich denke etwas weiblicher, auch ästhetischer. In den letzten Jahren kommt noch die Komponente der Nachhaltigkeit dazu. Ich nehme etwa Strohhalme oder Plastikflaschen und verwende sie für Materialbilder um aufzuzeigen, dass das Material auch anders sinnvoll einsetzbar ist. Lachend: Man sollte außerdem bedenken, dass die Bilder in einigen Jahren eine Wertsteigerung erfahren, da die Materialien voraussichtlich nicht mehr erzeugt werden. Bei meinen frühen Bildern, bei denen ich mit Kupfer- und Stahlgewebe, wie sie für die Papierherstellung verwendet wurden, gearbeitet habe, ist das übrigens schon geschehen. Diese Materialien gibt es nicht mehr.

Nimmst Du nicht den Küchenschwämmen die Funktionalität?
Genau darum geht es mir. Indem ich die Materialen in einem anderen Kontext zeige, möchte ich die Sichtweise des Betrachters beeinflussen und verändern. Bei den Küchenschwämmen ging es mir um die Farbigkeit.

Sexualität ist in Deinen Arbeiten Phantasie oder Frauenthema?
Sexualität ist wichtig. Meine Arbeiten zeigen eindeutig die Urheberschaft einer Frau! Wenn das Material es zulässt, entdecke ich auch die erotische Komponente darin und versuche sie umzusetzen. Z. B. zerschnitt ich schwarze Strümpfe und es ergaben sich automatisch runde erotische Formen. Das Material dehnte und formte sich von alleine. Ich musste das Material nur mehr auf die weiße Leinwand nähen. (siehe Seite 52) Die „Scheidenbilder“ aus mehrschichtigem Fliegengittergewebe waren dann die logische Fortsetzung.

Ein erotisches Paradies!
Ich stelle mir das Paradies schon etwas facettenreicher vor, (hoffentlich).

Was ist für Dich das Paradies?
Wenn ich indiziere, dass Paradies etwas mit Glücklich sein zu tun hat, dann erreiche ich es tatsächlich am ehesten, wenn ich mich in meiner Kreativität ausleben kann. Es beruhigt und gibt mir ein gutes Gefühl!

Hat die Kunst oder der Künstler eine Seele?
Für mich hat auch jedes Material eine Seele und ich denke jeder ehrliche Künstler legt immer auch seine Seele in sein Werk!


Eva Bakalar mixed media Künstlerin
sichtbar zu machen und in eine neue Sichtweise zu rücken. Geboren in Gmünd/NÖ/ aufgewachsen in St.Pölten/ lebt und arbeitet in Wien. Künstlerisch tätig seit 1984. Seit über 30 Jahre arbeitet sie mit Materialien des täglichen Gebrauchs / vorzugsweise mit verschiedenen Arten von Geweben. www.bakalar.at, Instagram: eh.bak/Apfeltasche

Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen:
Seit 1988 Ausstellungen in Österreich, Deutschland, Italien, Belgien,
USA und Japan

Vereinigungen:
* seit 1994 Mitglied des St.Pöltner Künstlerbundes
* seit 2013 Obfrau der Künstlerkooperative Contrapunktum/Wien
* seit 2017 Mitglied der Galerie Artinnovation/Innsbruck
* seit 2018 Mitglied der Künstlervereinigung <kunstaspekt> Baden

Preise + Auszeichnungen
* Sept. 2005 2. Preis des Europa Kreativwettbewerbs 2005
* Jän. 2006 Adolf Peschek Publikumspreis
* Mai 2007 Förderpreis für Wissenschaft und Kunst der LH St.Pölten
* Dez. 2009 Adolf Peschek Jury- Preis
* Nov. 2015 Adolf Peschek Publikumspreis

Publikationen/Kataloge:
Eva Bakalar Materialkünstlerin - Arbeiten von 1986 bis 2001
Eva Bakalar Wasserwelten - Arbeiten 2006
Eva Bakalar Materialkünstlerin - Arbeiten 2010
Ausstellungskatalog Eva Bakalar - Mixed Media Artist -Arbeiten
2013 /Belgien
Ausstellungskatalog Eva Bakalar - >>Offen<< /Ausstellungsbrücke
2013/Regierungsviertel St.Pölten
Kunst-Heft > Zeichensetzen.org< für das Projekt „Zeichen setzen“
mit René Papesch

...weitere Publikationen in den Katalogen:
* Biennale Internationale dell’Arte contemporenea Florence/It 2003
* Biennale Internationale /Assisi/It 2010
* Searching for the european seoul 2005
* Bruchlinien 2011
* 6-seitiger FOLDER Eva Bakalar/Materialbilder + Objekte - 2017
(Querschnitt aus dem künstlerischen Schaffen)
* Artedition-Kunstbuch der Galerie Artedition/Innsbruck – 2017

Die Künstlerin versucht durch Kombination der Farben, Texturen und Strukturen die jeweilige ästhetische Qualität des Materials sichtbar zu machen und in eine neue Sichtweise zu rücken.