73/Höhle/Interview:Bernadette Sarmann: Inspirierende Tage am Bodensee

 

Nachwuchstalente aus Niederösterreich sind längst fixer Bestandteil der Zeitschrift etcetera. Warum Lesen vor dem Schreiben kommt, was sich hinter Buchstapelsalat verbirgt und welchen Zugang sie zu Annette von Droste-Hülshoff hat, darüber sprach Cornelia Stahl mit Bernadette Sarman, Nachwuchsautorin aus Niederösterreich. 

 

Erinnerst du dich an dein erstes Wort oder deinen ersten Text, den du geschrieben hast (ausserhalb der Schule)?

Mein erster Text, den ich außerhalb der Schule geschrieben habe, war eine Geschichte mit dem Namen „Die Sonne und der Mond“. Ich habe gerade in dieser Zeit das Schreiben gelernt, also muss ich ungefähr sechs Jahr alt gewesen sein. Ab da begann das Schreiben für mich einen Reiz zu haben. 

Einmal habe ich mit ungefähr acht Jahren ein vierseitiges Märchen geschrieben. 

 

Welche zeitgenössischen Autoren haben dich nachhaltig beeinflusst? 

Abgesehen von großen Autoren wie JK Rowling bin ich ein großer Fan von dem deutschen Schriftsteller Walter Moers. Man will bei jedem seiner Bücher nicht aufhören zu lesen und die Stimmung, die er in seinen Romanen kreiert, ist großartig. Nach dem Lesen will ich mich meistens selbst hinsetzen, um zu schreiben. 

 

Im Blog Buchstapelsalat beschriebst du dich folgendermaßen: 16 Jahre alt, schreibbesessen, büchersüchtig, Kaffeeliebhaberin und manchmal etwas zu nachdenklich.

Das ist ein älterer Eintrag: Wie würdest du dich heute definieren?  

Abgesehen vom Alter, trifft das Meiste noch zu. Sowohl das Schreiben als auch die Bücher (und Kaffee sowieso) sind einfach ein Teil meines Lebens. Ich bin gerne nachdenklich, aber wenn man sich mit seinen Gedanken im Kreis dreht, kann das mühselig werden. 

 

Kannst du etwas zur Entstehungsgeschichte des Blogges sagen?

Im Juli 2016 verbrachte ich eine Woche auf einem Camp, wo ich Susi und Sophie kennenlernte, mit denen ich den Blog gründen wollte. Wir verstanden uns auf Anhieb gut, weil wir alle drei  eine Liebe zur Literatur hegen. Gegen Ende der Woche kam Susi die Idee, dass wir unser Schreiben irgendwie „promoten“ könnten und ab diesem Zeitpunkt entwickelte sich die Idee zum Blog. 

Leider finden wir derzeit wegen schulischem Stress nicht viel Zeit, Beiträge hochzustellen, aber das sollte sich bald ändern.  

 

Bei der diesjährigen Gedenkveranstaltung gegen Rassismus und Nationalsozialismus hast du dich mit Ida Strohmer auseinandergesetzt. Welchen Zugang hattest du zum Thema und wie konntest du dich dieser Person annähern, um über sie zu schreiben? 

Die vier anderen Jugendlichen und ich verbrachten im Zuge der Gedenkveranstaltung ein Wochenende in Mauthausen, wo wir von einem Kamerateam begleitet wurden. 

Schon vorher bekamen wir jeweils eine Biographie zu einem Opfer des Nationalsozialismus, zu deren Leben wir einen Text verfassen sollten. Zufälligerweise kannte ich den Autor der Biografie Ida Strohmers schon, da er an meiner Schule unterrichtet, und so konnte er mir einen guten Einblick in das Leben seiner Großmutter geben. 

Das Wichtigste war, dass es zu hundert Prozent unsere Gedanken sein sollten, die wir da niederschrieben. In Mauthausen bekamen wir einen ziemlich guten Einblick in den Schrecken der damaligen Zeit und diese Fassungslosigkeit, dieses Grauen haben wir in Geschichten verwandelt. 

Wir Jugendliche hatten außerdem die Möglichkeit, zu dem Ort zu gehen, wo die Person, über die wir geschrieben haben, getötet worden war. Ida Strohmer wurde in der Gaskammer ermordet und da drinnen zu stehen und zu wissen, dass sie hier ihr Ende fand, war ein ganz anderer Zugang als eine bloße Jahreszahl. 

Ich wollte Ida Strohmer mit meinem Text weiterleben lassen und mich ihrem Leben auf eine würdige Weise nähern; deshalb endet mein Text auch mit einem positiven Aspekt.

 

Wirst du weiter am Text arbeiten? Könnte daraus ein größeres Projekt entstehen?

Meiner Meinung nach ist dieser Text fertig. Ich wüsste nicht, wie ich ihn weiter ausdehnen könnte, um Ida Strohmer gerecht zu bleiben und das war mir bei meinem Text besonders wichtig. 

 

Welche Bedingungen brauchst du, damit gute Texte entstehen? Ziehst du dich gelegentlich zum Schreiben an einen ungestörten Ort, nennen wir ihn Höhle, zurück?

Es beginnt meistens mit einem Gedanken, einem aufgeschnappten Wortfetzen, und schon entwickelt sich die Idee langsam zu einer Geschichte. Manchmal gelingt sie, manchmal nicht, auf jeden Fall wächst man an seinen schlechten Texten.

Der Ort ist mir ziemlich gleich; am Sofa, am Boden, jeder Ort kann meine Höhle zum Schreiben sein. Hauptsache, ich fühle mich wohl und bin in der Stimmung zu schreiben. 

 

Du bist Mitglied einer Schreibgruppe junger Autoren/Autorinnen im Literaturhaus Wien. Welche Mentoren haben deine Schreibprozesse begleitet?

Sowohl im Literaturhaus Wien als auch in der Schreibakademie Mödling, der ich angehöre, besprechen wir unsere Texte und geben uns Feedback. Abgesehen von den Gruppenleitern, die uns mit Rat und Tat zur Seite stehen, wenn wir es benötigen, helfen wir uns gegenseitig durch die Feedbackrunde, denn die Meinung anderer kann einen Text so viel zum Besseren verändern.

 

In deiner Vorwissenschaftlichen Arbeit beschäftigst du dich mit der Dichterin Droste-Hülshoff. Warum hast du gerade diese Person ausgewählt? Gab es ein Schlüsselerlebnis?

Im Sommer 2016 verbrachte ich mit meiner Familie einige Tage am Bodensee, wo wir unter anderem die Meersburg besichtigten. Mir gefiel die Atmosphäre dieses Ortes sofort und ich konnte nachvollziehen, warum Annette von Droste-Hülshoff am Bodensee Inspiration fand. Als ich einige ihrer Werke las, war ich beeindruckt, wie gut sie diesen Ort einfangen konnte. 

 

Im Jahr 2019 wirst du maturieren. Ist das richtig? Welche Pläne hegst du für die Zeit nach der Matura? 

(Ja, das stimmt.) 

Nach der Matura strebe ich an, Germanistik zu studieren. Sprachkunst oder Vergleichende Literaturwissenschaften würden mich grundsätzlich auch reizen, da will ich mich aber noch nicht wirklich festlegen. 

Auf jeden Fall werde ich schreiben und mein großer Traum wäre es, davon leben zu können. 

 

Vielen Dank für das Interview und  weiterhin viel Erfolg!  

Danke!

 

Bernadette Sarman

Geb. in Wien, ist 17 Jahre alt und geht derzeit ins Gymnasium Sacré Coeur Wien. In ihrer Freizeit schreibt sie oft und gerne Kurzgeschichten - auch im "etcetera" - und besucht  ab und zu das Literaturhaus in Wien.   

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Foto ©Heinz Wagner
Foto ©Heinz Wagner