Helene Hegemann: Bungalow

Cornelia Stahl

Helene Hegemann: 
Bungalow

Roman. Berlin: Hanser-Verlag. 
2018, 288 Seiten
ISBN: 978-3-446-25317-9 

Zwischen Hummer und Mietskasernenmief.

Wie fühlt es sich an, im Leben immer zu kurz zu kommen, immer auf der Verliererseite zu stehen und anderen bei ihrem Erfolg zuzuschauen?! 
So geht es zumindest Charlie, die mit ihrer alkoholkranken Mutter in einer Mietskaserne wohnt. Von ihrem Fenster aus beobachtet sie täglich gut situierte Mittelschichtfamilien der nahe gelegenen Bungalowsiedlung. Allmählich weiten sich ihre Beobachtungen zur Obsession aus, die nach Nähe und Beziehungen verlangen. Letztlich freundet sich die Protagonistin mit Maria und Georg, einem Paar aus der Nachbarschaft an, verbringt in Folgetagen viel Zeit mit ihnen. 
Als eines Tages der Heizölwagen ausgerechnet vor dem Bungalow des befreundeten Paares explodiert, Charlies Mutter in die Psychiatrie eingewiesen wird, scheint das Leben die Weichen neu zu stellen. Ein Wendepunkt ist erreicht. 
Hegemanns Roman besticht durch exakte Figurenzeichnung, liest sich mitunter als Sozialreportage. Die kontrastierende Darstellung divergierender Wohn- und Lebensräume kann als Anspielung zunehmender Gentrifizierung in den Großstädten gelesen werden, die zugleich Ungleichheit und Ausgrenzung produziert. Im Subtext schwingt die Frage nach der Reproduktion sozialer Ungleichheit. Oder sind Rettungsanker irgendwo in Sicht? 
Dystopische Endzeitszenarien im Roman wirken mitunter überhöht, können jedoch als Auswüchse der Umwelt- und Klimakatastrophen gedeutet werden. 
Helene Hegemann, geboren 1992, lebt in Berlin. Sie debütierte 2010 mit  AXOLOT OVERKILL, der in zwanzig Sprachen übersetzt wurde. Eine Autorin mit präziser Beobachtungsgabe und einem Erzählton, der das Lebensgefühl der Generation „maybe“ widerspiegelt, der scheinbar unzählige Handlungsoptionen zugänglich sind.  
Jungen LeserInnen empfohlen! 

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