Jürgen Landt - Verkehr vorerst gestoppt

Eva Riebler

Freiraum-Verlag Greifswald, 2018

Seit über 20 Jahren schreibt Jürgen Landt über das Dasein, das in die Welt-geworfen-sein.  Er formuliert ungewöhnlich direkt, also ungeschminkt und ungeschönt. Er ist gewiss ein Außenseiter, schreibt er doch im Erzählton, untergemischt sind direkte Reden, ohne klar erkennbaren Aufbau der Handlung, vom „Abkratzen”und „Unwohlsein” im normalen Ablauf des Lebens. Sein Probant/Klient oder seine literarische Figur, sein Alter Ego also, weil – genannt Jürgen! -  ist nicht ganz klar im Kopf, sie leidet unentwegt und verspürt einmal ein hartes Klirren im Kopf, ein Ziehen im Körper oder in den Eingeweiden und  ist unsäglich verzweifelt. Und die Größe des Autors besteht darin, dass dieses Unsägliche Leid trotzdem ausgedrückt wird. Man spürt die Kälte der Ehefrau, die zum Telefonieren ins Nebenzimmer geht, nichts mit ihm unternimmt und seine Sehnsucht nach Gemeinsamkeit und menschliche Wärme ignoriert. Er hört ein „Wird schon wieder” oder „ich geh in die Schweiz mit einem betuchten Rechtswissenschaftler” usw – also nichts, was ihn aufbauen könnte. Er ist am Tiefpunkt seines Lebens und am Beginn seines Sterbens. Oder vielleicht auch schon mitten drinn. Er raucht, er trinkt, er spukt und bekommt Elektroschocks als Therapie, die er unwahrscheinlich fürchtet und wie Brandblasen im Hirn spürt. Nichts Rettendes ist in Sicht. Nackt und leer, wie mit Blei gefüllten Eimern am Kopf fühlt er sich und spürt wie ihn auch die Sehkraft verlässt. Nur mehr ausschnittsweise sieht er zerhackte, grelle Bilder. Bis schließlich auch seine Lippen und Augen nach innen fallen. Nur das Denken begleitet ihn stets. Und dieses Denken ist der rote Faden, den Jürgen Landt zu einem dicken Strick dreht, an dem die verletzte, leidende Hauptfigur von der Ehefrau zur Psychiatrie, zur Heilerin und wieder zur Ehefrau geschleppt wird. Nichts und niemand kann helfen: Zitat: „Die Sonne kam durch und verdunkelte seinen Schritt.” Eine interessante Lebensbeschreibung eines an der Welt Leidenden!                                                               

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