Daniel Wisser: Königin der Berge 

Hahnrei Wolf Käfer

Daniel Wisser: 
Königin der Berge 

Roman, Jung und Jung, 
2018, 393 Seiten
ISBN: 978-3-99027-224-4

Bis zum bittersüßen Ende.

Daniel Wisser hat, sicher verdient, für seine ‘Königin der Berge’ den Österreichischen Buchpreis bekommen. Der in Kürzesthäppchen zersplitterte Roman berichtet auf nahezu beschwingte Weise von den Mühen des MS-Kranken Robert Turin, seinem hoffnungslosen Leben ein Ende zu setzen. Einer Vielzahl von Figuren begegnen wir, die es fast ausnahmslos gut mit dem Protagonisten meinen. Da sind Irene, die Ehefrau, Beba, die Schwägerin, die Psychologin Katharina Payer, der Zivildiener Marcus, eine Menge Schwestern in dem Pflegeheim, überall kommt der Kranke gut an, es scheint keine ‘bösen’ Menschen zu geben. Bald durchschaubar erklärt sich dies als subjektive Perspektive der unerbittlich positiven Hauptfigur, die sich der Schwärze der unheilbaren Krankheit nicht gänzlich auszuliefern bereit ist. Wisser bringt es so weit, dass man seinen Protagonisten fast schon bedauert, weil seine Freitodbestrebungen nicht und nicht glücken - bis auf den letzten, professionellen Akt in der Schweiz. 
Die erwähnt positive Perspektive bringt es mit sich, dass die Figuren wie Skizzen wirken, als lasse sich der Autor nur so weit auf sie ein, als ihre Persönlichkeit für die eng an Robert Turin gebundene Handlung vonnöten ist, also von diesem Robert entdeckt und entschlüsselt wird. Das ist sowohl stilistisch wie auch stofflich stimmig, wer wollte einem unheilbar Kranken wegen derartiger Egozentrik Vorwürfe machen? Nicht wegen des häufigen Alkoholgenusses, sondern wegen ihrer Kauzigkeit und Lakonik ist die Dialogführung als vergnüglich und süffig zu bezeichnen, selbst dass der erzählerische Aspekt wegen der Aufsplitterung in Kurzkapitel an einer sprachlichen Kurzatmigkeit zu leiden scheint, sollte als formal passender Ausdruck der Krankheit gelesen werden. Es wird einem wie dem Romanpersonal widerfahren, dass man diesen in seinem Eigenwillen äußerst sympathischen Robert Turin nach der letzten Seite nicht gehen lassen möchte, ein Gefühl, das anhält.

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