Landestheater NÖ: 08.03.2018, Uraufführung: „Der Tag, an dem mein Großvater ein Held war“

Eva Riebler

„Spannende, großartige Erinnerungskultur!“

Landestheater NÖ Werkstattbühne, 8.3.2019 Uraufführung
„Der Tag, an dem mein Großvater ein Held war“ von Paulus Hochgatterer

Fassung und Inszenierung: Moritz Beichl

Josephine Bloéb, Tobias Artner, Cathrine Dumont, Anton Wildauer, Elena Wolff
in jeweils 3 -4 verschiedenen Rollen vom kleinen 8 oder 13-jährigen Kind bis zum SS-ler, Großvater oder zur Bäurin oder Apothekerin…

Dass die Familiengeschichte Paulus Hochgatterers aus dem März 1945 Spannung erzeugt, ist klar, aber dass die Fassung, so schlicht und einfach sie ist, so toll ausgefallen ist und sich die vier jungen Schauspieler/innen derart ins Zeug legen, ist wirklich einzigartig!

Aus dem Blickwinkel der 13-Jährigen Nelli, die von einem Bombardement auf einen Zug in St. Valentin als einzige ihrer Familie überlebt, wird erzählt. Sie nimmt`s gründlich und will alles aufschreiben, wie es war und auch wie es sein könnte oder sein sollte. Und so haben die Ereignisse und erzählten Geschichten mindestens zwei verschiedene Ausgänge. Toleranz und Menschlichkeit sickern so in die Ereignisse der letzten Kriegstage ein, auch wenn sie so gar nicht stattgefunden haben, sondern mehr als brutal und unmenschlich gewesen sind.

Der Autor Paulus Hochgatterer ist praktizierender Psychiater und hat daher viel Gespür und Wissen mit dem Umgang Kinder unter sich, mit Erwachsenen, der Traumatologie oder der trügerischen Erinnerung. Er ging von einem Mädchen aus, das den Verlust seiner Familie aufarbeiten will und sich seinem Trauma stellen möchte. Die Erinnerung ist immer mehr Behauptung als Realität und die Spur von Tatsachen ist eher die Spur der Spur und noch keine Tatsache, meint er. Und so geht diese Protagonistin sehr vorsichtig mit der Erinnerung um und deutet die traurigen Geschichten vom ertrunkenen Kind, vom erschossenen Soldaten in positive Geschichten um. Sie lernt Geschichten in ihr Schreibheft notierend ihre Identität und ihr Satz beendet die Aufführung: „Wer ich bin, das steht in den Heften!“

Dem Regisseur Moritz Beichl aus St. Pölten und den außergewöhnlichen Leistungen der jungen SchauspielerInnen ist es zu verdanken, dass ein Zeitzeugen-Werk in herausragender Weise mit Herz und Wärme, mit Zärtlichkeit und der Brutalität der letzten Kriegstage, mit vielen Botschaften zum Mitnehmen auf die Bühne gebracht wurde!

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