58/Niemand/Hanspeter Ausserhofer: Am Strand von Niemandsland

Hanspeter Ausserhofer

Am Strand von Niemandsland

Sie gestatten, daß ich mich vorstelle? Ich bin Niemand, und ich wohne am Strand von Niemandsland.
Und sie sind..? Ach was, sie sind auch Niemand? Unmöglich, sie müssen sich irren!
Sehen sie, es liegt doch in der Natur der Sache, daß es nur einen Niemand geben kann. Versuchen sie doch mal, die Mehrzahl von Niemand zu bilden. Ein Niemand – viele Niemande!? Ein Widerspruch in sich selbst. Erinnert mich an Karl Valentins „Semmelnknödeln“. Kennen sie nicht? Sollten sie aber; erst Recht in ihrer Situation. Was ich damit andeuten will? Ach nichts…! Das war nur so,…so dahingesagt….!?
Also, Mehrzahl von „Niemand“? – Geht nicht, weil, gibt’s nicht.
Schon allein deshalb können sie niemals Niemand sein. Es gibt aber noch einen Grund, der ist schnell erklärt. Ich kenne sie nicht. Sie müssen wissen, ich bin das Oberhaupt der Familie Niemand.
Wären sie tatsächlich Niemand, so wären wir verwandt, verschwägert, oder gar miteinander verheiratet. Wir sind aber weder das Eine, noch das Andere, und daß wir verheiratet sind, davon ist mir nichts bekannt. Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich mit ihnen verheiratet sein will, ich kenne sie ja nicht. Leider bin ich auch der letzte unserer Sippe. Mein Großonkel, er war der erste, der aus dem Verband austrat, und mit der Tradition der Familie brach. Er wollte Jemand sein, und schaffte es auch. Heute ist er nicht nur Jemand, sondern sogar mehr als das. Er ist – Jedermann. Er logiert nur in den besten Adressen, und den August verbringt er alljährlich am Domplatz zu Salzburg.
Einige Jahre später folgten mein Cousine und ihr Mann seinem Beispiel. Als Herr und Frau Mustermann machten sie in der Verwaltungsbranche Karriere. Auf Fragebögen, Anträgen, und auf Formularen aller Art, sind sie es, die mit ihrem Namen ein Beispiel geben. Die Mustermanns – nur auf dem Papier sind sie wer, jenseits davon sind sie Niemand.

Also, ich bin Niemand, und sie sind – nicht Niemand. Wenn sie aber nicht Niemand sind, wer sind sie dann? Sie meinen, sie sind sie? Aha! Und weiter? Ach, das war’s schon?! Mehr sind sie nicht? Sie sind wohl sehr genügsam. Seltsam, einerseits wissen sie nicht, wer sie sind, andererseits wollen sie dennoch Niemand sein. Offensichtlich wissen sie nicht was sie wollen. Sehen sie, ich habe es ihnen doch gesagt; sie, in ihrer Situation….!?
Verzeihen sie mir, ich wollte ihnen nicht zu nahe treten. Ja, stimmt, es ist eine Unverschämtheit es zu wagen, in dieser Art und Weise mit ihnen zu reden. Wer mir das Recht dazu gibt? Nun, eigentlich – Niemand!?
Sie fragen mich, wer ich wirklich bin? Schluß mit lustig? Ich soll endlich Farbe bekennen, und vor der eigenen Haustür kehren, sonst….? Was sonst? Sonst gehen sie, und lassen mich allein? Das wagen sie nicht. Oder doch? Also gut, mal sehen, wer ich so alles bin.
Nun, ich bin…, ich bin…? Ich bin ich! Ha, ha, ha, sehr lustig, darf ich mit ihnen mitlachen? Bringen sie mich bitte nicht draus.
Ich bin Niemand. Ich bin ich. Ich bin Österreicher, Durchschnittsbürger, Rechtshänder, kein Geldverschwender; bin Spätzünder, ein ab und zu Parksünder; bin Grauhaarträger, Schlüsselverleger, aber kein Tanzparkettfeger; bin Nichtraucher, Endverbraucher, Stromsparer, Golffahrer; bin Steuerzahler und Wähler, ein zwei und zwei Zusammenzähler; bin ein Wochenend Weinglasschwenker, und kritischer Selbstdenker; bin ein Max und Moritz, Pippi Langstrumpf, und Miss Piggy Verehrer; bin kurzsichtiger Kontaktlinsenverweigerer, bin ein Stiller und Leiser, hab nichts von einem Womanizer, bin ein sich nach schönen Frauen Umdreher, aber kein Hellseher, darum leider kein Frauenversteher, bin Füllfederschreiber, ein beinah Sitzenbleiber,………………………………………………………………………. und von Zeit zu Zeit, bin ich einfach nur ICH!
Und immer dann, wenn ich nur noch ICH bin, dann bin ICH am Strand von Niemandsland.


Hanspeter Ausserhofer
Mein Name ist Ausserhofer, Hanspeter Ausserhofer. Ich bin 52 Jahre alt, wohne in Thiersee, nahe Kufstein, bin Durchschnittsbürger, von Beruf Tischler, verheiratet, unser Sohn ist 19.
Ich bin Österreicher, Golf-Fahrer, Stromsparer, Grauhaarträger, bin ein 5 Uhr in der Früh Schreiber, bin weder Unternehmenslenker, noch Meinungsmacher, bin Selbstdenker; bin Wortspieler und Buchstabenaustauscher, ein zwischen den Zeilenlauscher; bin Wähler, und ein zwei und zwei Zusammenzähler, bin ein wortbetrunkener Bsbuchtaebn Veshirecber; etcetera, etcetera. Vieles beeinflusste meine Art und Weise zu Denken und die Dinge zu betrachten. Daraus wurde eine innere Haltung. Diese spiegelt sich in meinen Texten wder. Ich liebe das Spiel mit dem Gleichklang, das Verfassen kurzer kabarettistisch philosophischer Texte und ...