82 / Zwischenzeit / Einleitung

„Zweimal sind wir unbeschwert von jeglichem Gepäck: Bei der Geburt und beim Tod“, meint der deutsche Pädagoge und Autor Friedrich Löchner.

Zunächst möchte ich mich an dieser Stelle bei allen Einsendenden herzlich bedanken. Vielfältige Texte und Textformen haben uns erreicht, die wir jedoch nicht alle in diesem Heft unterbringen konnten.- Lyrisch oder in Prosatexten haben sich die Autoren/Autorinnen mit dem Schwerpunktthema des aktuellen Heftes „Zwischenzeit: Zwischen Geburt und Tod – zwischen Abflug und Ankunft“ auseinandergesetzt.
Ernste, traurige, humoristische und nachdenkliche Geschichten sind entstanden, unter Verwendung fiktionaler und biografischer Elemente, wie man in den vorliegenden Texten erkennen kann.
Interessanterweise spielen gleich in zwei Geschichten Babyelefanten eine wichtige Rolle, bei Bernadette Sarman und Constantin Schwab. Wer hätte gedacht, dass die Coronakrise und der tägliche, stündliche Hinweis auf den Abstand, „aber bitte so groß wie ein Babyelefant“ so viel Phantasie in uns freilegen würde!
Anders geht’s bei uns Regina Appel: Mit Spannung und einer entsprechenden Erwartungshaltung zieht sie uns in ihre Geschichte hinein: „Es dauerte zwanzig Stunden. Zwanzig Stunden in denen sich alles veränderte.“ Der Lesende wird neugierig auf das nun Folgende, in dem die Autorin den Zwischenraum befüllt, zwischen Anfang und Ende. Wir fiebern dem Text entgegen, fordern unweigerlich die Enthüllung des Geheimnisvollen und fragen uns, was es mit der Veränderung auf sich hat.
Im Text „Inseln“ steigen Erinnerungsbilder auf, Erinnerungen aus der Kindheit, die hinüberwachsen ins Erwachsenenalter, durchdrungen sind von Gegensatzpaaren wie Beständigkeit und Vergänglichkeit. Eine Geschichte, die mich sehr berührt hat.
Karl Drechsler-Mörwald bindet Thema wunderbar ein in lyrische Texte, lässt Bilder entstehen, wie Sonne, Sonnenaufgang und Sonnenuntergang, die als Metaphern fungieren, für Anfang und Ende, Geburt und Tod. Wiederholt setzt er sprachliche Mittel wie Fragen und Reflexionen ein, „warum wird es immer wieder Abend“, die ausgerichtet sind auf ein Gegenüber. „wie wird es sein, wenn es soweit ist“ weiß um die Vergänglichkeit des Menschen, erweitert den Raum für Gedankenspiele.
Auch die Schweizerin Syna Sais evoziert Bilder, spielt mit Worten: „ich lebe in einem zwischen_raum/ zwischen wohnungs_/not und weite der felder“. Sie bezieht zeitgenössische Themen wie gender bzw. gender pay gap mit ein.
Die Verlegerin eines Österreichischen Verlages meinte vor kurzem in einem Interview, die Autorinnen und Autoren hierzulande hätten nichts zu sagen. Dem kann ich nicht zustimmen und möchte an dieser Stelle vehement widersprechen. Die Texte zeigen, dass Jeder/Jede von ihnen etwas zu sagen hat!!!
Ein vielfältiges und an Assoziationen reiches Heft ist entstanden!
Viel Freude beim Lesen!
Cornelia Stahl

_2cornelia_stahl_2019_wien_0.jpg

Foto © Alois Reisenbichler
Foto © Alois Reisenbichler