Glücklich bin ich sicher!: Renate Minarz. Eva Riebler

GLÜCKLICH BIN ICH SICHER!

Renate Minarz ist nicht nur die bildende Künstlerin dieser etcetera-Ausgabe und aktive Protagonistin beim diesjährigen „Blätterwirbel“, sie ist auch die Seele der Schupfengalerie Herzogenburg. Davon legt sie auch sehr viel in ihre Malerei. Eva Riebler frischt – nicht nur gemeinsame – Erinnerungen auf.
etcetera 29/Blätterwirbel/Oktober 2007

Eva Riebler: Liebe Renate, ich kenne dich und deine Bilder nun schon seit mehr als 10 Jahren, du transportierst dich in deinen Arbeiten. Bist du ein Medium oder ist die Malerei dein Medium?

Renate Minarz: Ich fühle mich als Medium: Wenn ich in meine Arbeit eintauche, bin ich mit einer Thematik beschäftigt, wobei im Arbeitsprozess ich zum Medium werde. Ich verstehe mich insofern als Medium, da ich beim Malen so gefesselt bin, dass meine Gedanken nicht mehr existieren. Für den Gedankengang wird die Malerei zum Medium, um mich ausdrücken zu können.
Kunst ist als Enthüllung einer tieferen Realität eine Form der Erkenntnis.
Sie ist Nachahmung, aber nicht der äußeren Natur, sondern der inneren Realität.

Eva Riebler: Was willst du mit ihr ausdrücken?

Renate Minarz: Meditation vor Beginn des Prozesses schafft Klarheit in mir und öffnen den Kanal. Die Eruptionen der Gefühle und die zu erfüllende Aufgabe finden dadurch ihren Weg auf das Bild und zu den Betrachtern. Begegnungen der verschiedensten Art werden dadurch möglich. Ich möchte etwas bewegen, da auch mich etwas bewegt, wenn ich arbeite. Die Schwingungen, die schon während des Mal- oder Arbeitsprozesses ausstrahlen, ziehen ihre Kreise in meinem Umfeld, sie verändern, wie ein Stein im Wasser.

Ein kleines Erlebnis aus dem Tanztheater Maestro in Linz, wo ich nach 2 Jahren meine Bilder abhängte und andere zu einem neuen Thema aufhängte:  Die Tänzer/Innen, die zur Probe kamen, spürten die Veränderung  beim Betreten des Raumes, die Atmosphäre hatte sich geändert. Sie gaben mir die Rückmeldung, dass die Energie auf Grund meiner Bilder im Raum anders geworden sei.

Eva Riebler: Wozu möchtest du animieren?

Renate Minarz: Der Ursprung der Kunst liegt für mich in der Seele des Menschen, tiefer als alle Gefühle, Wille oder Intellekt.
Das Gefühl für das Unendliche ist Grundlage für meine Malerei, darum bevorzuge ich vor allem abstrakte Bilder, die meist eine Herausforderung für die Betrachter sind, da nicht auf dem ersten Blick zu erkennen ist – was wird hier ausgesagt, was oder wer wird bewegt - oder was wird bezweckt. Ich möchte Menschen animieren, ihre Seele zu erfühlen und zu genießen.

Eva Riebler: Welche Bewegung willst du bei den Betrachtern hervorrufen?

Renate Minarz: Es ist für mich sehr wichtig, dass jeder der ein Bild von mir erwirbt, es zu Hause aufhängt, um es im eigenem Raum zu spüren, denn Sehen alleine ist zuwenig. Bilder sind immer dazu da, etwas in Bewegung zu setzen. Seien es Gedanken, Gefühle, Liebe, Hass, denn all diese „Bewegungen“ – „Berührungen“ kommen aus dem Innersten des Betrachters und dort möchte ich ihn auch erreichen. Es kann immer nur in Resonanz mit mir gehen, was auch in mir ist.

Eva Riebler: Du malst nicht nur in Acryl, sondern beschäftigst dich seit 10 Jahren mit Druck und verschiedenen Arten von Monoprints. Bei diesem Genre kann ja viel weniger impulsiv aus dem Bauch heraus agiert werden; wie direkt und ursprünglich ist da deine Um- und Zielsetzung?

Renate Minarz: Die Druckgrafik ist ein Medium, das zur Fokussierung meiner Ausbrüche sehr dienlich sein kann, da ich schematisch vorgehen muss, um die Aussage zu erzielen, die ich mir wünsche. Obwohl bei der Drucktechnik ist es wie beim Autofahren – beherrscht man die Vorgänge, dann kann man mühelos damit arbeiten, ohne zuviel Aufmerksamkeit auf die einzelnen Schritte zu legen. Monoprints kommen mir da sehr entgegen, denn jeder Druck ist ein Unikat – eine Schöpfung.
Bei der traditionellen Druckgrafik, wie Radierung und Lithografie, lege ich großen Wert auf saubere Technik und Ausführung, doch auch sie kann man wunderbar in die Spontaneität integrieren. Außerdem war meine erste abstrakte Arbeit eine Radierung mit Aquatinta, Strichätzung...

Eva Riebler: Seit 4 Jahren führst du die Schupfengalerie Herzogenburg und organisierst Begegnungen bei 30 Events von Jazz bis Lesung, Tanz oder … Jeder Künstler ist ja insofern ein glücklicher Mensch, da er ein Ventil hat und etwas bewirken kann/könnte. Willst du den Menschen die Kultur in kleinen Dosen/Portionen vorsetzten, sie beglücken, ihnen etwas mitteilen und sie erziehen?

(Gretchenfrage: Wozu Kunst? Kann Kunst/Kultur die Menschen läutern, bessern.)

Renate Minarz: Nach der Eröffnung meines Ateliers und der Schupfengalerie hatte ich das Gefühl, diese Räume, in denen ich mich so wohl fühle, auch anderen öffnen zu wollen. Die Verschiedenartigkeit der Events soll zeigen, dass die Schupfengalerie ein offenes Ohr für kreative Menschen hat. Begegnungen in guter Atmosphäre, Austausch mit Gleichgesinnten, Abschalten des Alltags, sich seinen Neigungen hingeben, sich wohlfühlen, genießen können, das sind meine Beweggründe Events und Seminare zu organisieren. Ich glaube, dass man in kleineren Locations mehr persönlichen Kontakt bekommt, dass ist für das Publikum so und auch die Künstler sind hautnah bei ihrem Publikum und so kommt es zu einer andere Kommunikation als in Räumlichkeiten, wo man anonym ist und meist an die Künstler gar nicht so nah herankommt.
Kunst und Kultur kann man nicht erzwingen, doch man kann den Weg dorthin zeigen. Die Beschäftigung mit meiner Kunst und mit Künstlern ist für mich ein Lebenselixier. An all diesen wunderbaren Gefühlen und Empfindungen möchte ich die anderen teilhaben lassen.
Dass man jemanden mit Kunst beglücken oder erziehen kann, glaube ich nicht und will es nicht, doch man kann die Möglichkeit bieten, andere Werte unserer Gesellschaft zu zeigen und näher zu bringen.
Glücklich bin ich sicher, denn die Auseinandersetzung mit Kunst und kreativen Menschen bereichern mein Leben sehr. Ein Gespräch mit jenen, die ihre Kunst zum Besten geben, hilft mir immer wieder meinen Horizont zu erweitern.
Meine Studienaufenthalte in Houston und Providence haben mir gezeigt, wie wichtig es ist im Austausch zu leben, anderes kennenzulernen. Für mich als Künstlerin war die intensive Auseinandersetzung mit Druckgrafik, ohne daneben Verpflichtungen zu haben, ein tolles und bewegendes Erlebnis.

Eva Riebler: Du freust dich über die gute Auslastung deiner Events ... Jeder Künstler und Besucher freut sich auch bei dir in der Schupfengalerie die angenehme, inspirierende Atmosphäre genießen zu können.

Renate Minarz: Sicher freue ich mich über eine gute Auslastung meiner Events, da es doch viel Engagement bedeutet, überhaupt die ersten fünf, sechs Jahre, diese Abende oder Vorstellungen auf die Beine zu stellen. Eigentlich habe ich mit der Kulturinitiative aus dem Nichts begonnen. Vorerst war es meine Idee, diese Veranstaltungen zu machen, doch als Einzelperson, sozusagen aus Privatvergnügen, wurde ich nicht sehr ernst genommen. Künstler haben sofort gespürt, dass da eine Idee und auch der Wille dazu da ist, etwas auf die Beine zu stellen; doch die Öffentlichkeit, sprich Land und Gemeinde, haben diese Räumlichkeiten und die Möglichkeit hier mit Kultur im kleineren, „feineren“ Rahmen, mit sehr enger  Publikumsberührung etwas zu veranstalten, erst entdeckt, als das Ganze einen professionellen Touch durch die Gründung der Kulturinitiative, bei der fünf Künstler aus der Umgebung im Vorstand mitarbeiten, bekam.
Für mich ist es heute noch Inspiration und wichtiger Austausch mittels Gespräche, Freundschaft oder Weiterempfehlung an die Künstler zu kommen. Inzwischen wurde unser Ruf und unser Flair bekannt, sodass viele Künstler auf uns zukommen, um hier in der Schupfengalerie aufzutreten.
Ihr Feedback über Atmosphäre, Publikum und Räumlichkeiten animiert mich hier weiterzumachen, ebenso ist das Echo vom Publikum so anregend, dass – wenn ich manchmal zweifle – die positiven Rückmeldungen und das Feeling mich  beflügeln dabei zu bleiben. Was mich natürlich stärkt, ist zusätzlich die Einstellung meiner Familie dazu, sie stehen voll und ganz hinter mir, das macht natürlich alles leichter.

Eva Riebler: Direkte Frage: Wie sieht es mit der Finanzierung aus? Bist du über die Zuschüsse von Gemeinde und Land ausreichend abgedeckt?

Renate Minarz: Ja, das mit der finanziellen Unterstützung von Gemeinde und Land ist eine eigene Sache. Vielleicht bin ich auch zu wenig hartnäckig und ich möchte nicht als Bittsteller behandelt werden. Es ist mir vollkommen klar, dass ich nicht die Einzige bin, die sich mit  Kunst und Kultur beschäftigt, doch ich möchte das Gefühl haben, wenn ich mich an eine Förderstelle wende, die nötige Aufmerksamkeit zu bekommen.
Für das Projekt 13, welches wir mit Behinderten über einen längeren Zeitraum führten und das den Abschluss durch diese mit einem wunderschön gestalteten Abend fand, bekam ich Unterstützung vom Land durch Menschen, die finden, dass es wichtig ist, Personen, die anders sind, in unser Leben zu integrieren. Ich selbst kann nur sagen, dass ich bei der Arbeit mit diesen wunderbaren Menschen reichlich beschenkt wurde.
Für 2008 planen wir das Projekt „Begegnung“ mit dem wir uns (die fünf Künstler der Kulturinitiative Schupfengalerie) bei dem niederösterreichischen Vier Viertelfestival beteiligen möchten. Da wir dabei auch in den öffentlichen Raum gehen, bin ich überzeugt, bei unserer Gemeinde Herzogenburg ein offenes Ohr zu finden.

Biografie Renate Minarz (REMI): 1966 in Bad Ischl maturiert. 1985 Intensivierung der Öl- und Aquarellmalerei, bis 1989 Besuch zahlreicher Seminare (Acryl/Akt). Auseinandersetzung mit Radierung und Lithographie. 1994 Diplomabschluss der Wiener Kunstschule bei Prof. Martinz. Ab diesem Zeitpunkt Weiterbildung in Seminaren und Studienaufenthalten im In- und Ausland. 2003 Intensivere Auseinandersetzung mit Skulpturen. Ankäufe von öffentlicher Hand. Beteiligung an zwei Bewerben in Schweden (Jeweils 3. Platz) mit anschließenden Ausstellungen in Venedig; Art Fair Stockholm, Beteiligung an der Grafik Triennale in  Mazedonien und Aufnahme in den Katalog, Beteiligung an der Grafik Biennale Lessedra in Sophia und Ausstellung, sowie Aufnahme in den Katalog.
Diverse Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland.
www.findart.at/schupfengalerie
www.findart.at/kulturinitiative