51/viel-leicht/Lyrik: Samson Cvetkovic - Vielleicht morgen
Samson Cvetkovic
Vielleicht morgen
Zwölf Uhr mittags,
und ich habe nichts besseres zu tun,
als die Staubkörner,
auf meinem Parkettboden,
zu zählen.
Ich könnte arbeiten gehen,
ich könnte den Müll hinaustragen,
ich könnte das Geschirr spülen,
ich könnte den Boden staubsaugen,
ich könnte die Fenster putzen,
ich könnte den Fernseher reparieren,
ich könnte die Wäsche waschen,
ich könnte etwas Nützliches tun,
irgendwas,
und ich habe nichts besseres zu tun,
als zu Hause rumzusitzen,
und auf bessere Zeiten zu warten.
Ich könnte Geld spenden,
ich könnte versuchen,
den Hunger in der Welt zu bekämpfen,
ich könnte ein ehrenamtliches Mitglied werden,
ich könnte den Kranken,
und Bedürftigen helfen,
ich könnte versuchen,
das eine oder andere Leben zu retten,
ich könnte so vieles tun,
um nützlicher für diese Welt zu sein,
und ich sitze zu Hause rum,
und esse Schinken-Käse-Sandwiches.
Ich könnte studieren,
und Arzt werden,
oder Ingenieur,
oder Anwalt,
oder Physiker,
oder Maschinentechniker,
oder Wissenschaftler,
oder weiß der Teufel was.
Ich könnte so vieles tun,
um ein geachtetes Mitglied der Gesellschaft
zu werden,
und ich hänge nur mit meiner Puppe,
im Bett rum,
steck ihr hin und wieder,
mein Ding zwischen die Beine,
und bin zufrieden,
mit dem was ich habe.
Ich könnte so vieles tun,
um mein Leben wertvoller zu gestalten,
um etwas aus mir zu machen,
und meinem Leben,
einen Sinn zu geben,
ich könnte allerlei tun,
um etwas auf der Welt,
und in meinem Leben,
zu bewegen,
und ich mache nichts,
als rumzuhängen um zwölf Uhr mittags,
Schinken-Käse-Sandwiches zu essen,
und ab und zu,
mein Schätzchen zu vögeln.
Aber morgen ist ja auch noch ein Tag.
Und vielleicht mach ich dann,
etwas von alledem.
Samson Cvetkovic
Geb. 1985 in Wien und lebt seitdem auch dort. Mit mehr oder weniger schlechtbezahlten Jobs hält er sich über Wasser. Schreibt Kurzgeschichten und Gedichte, Veröffentlichungen in Anthologien.
LitGes, etcetera 51/viel-leicht/ März 2013