14. Philosophicum Lech - 2. Tag: Sonja Puntscher Riekmann. Rez.: Eva Riebler
Eva Riebler
KONSENS UND DISSENZ
DER STAAT ZWISCHEN PASTORAL UND PHOBIE. EINE KRITIK NEUER STAATSDISKURSE.
Univ. Prof. Dr. Sonja Puntscher Riekmann
24.09.2010, 11 Uhr
Neue Kirche, Lech am Arlberg
Univ. Prov. S. Puntscher-Riekmann beschäftigt sich vorerst mit dem Verhältnis Staat und Wirtschaft der letzten 30 Jahre, das das Verhältnis von sozialer und ökonomischer Verantwortung spiegelt.
Sie geht der Frage nach: Wer ist der Hirte des Staates? Verschwindet durch die Union die staatliche Macht?
Sie zeigt, dass bei einem marktorientierten Staat kein Schutz für Individuen und Gruppen gegeben sei. Das Gemeinwohl trägt der Entgrenzung Rechnung, internationale Regime wollen ohne Staaten Recht sprechen, was ein Problem der Legitimität nach sich zieht.
Gibt es Wirtschaftskrisen wie 2007-09 so soll der Staat Rettungsschirm für Banken sein und um Schadensbegrenzung sich bemühen.
Auch Terrorakte wie 9/11 können einem Staat und seinen militärischen Zielen Aufrieb und öffentliches Verständnis bringen.
Im Weiteren greift Puntscher-Riekmann auf das Mittelalter und die Staufer-Zeit zurück und zeigt die Aufgabenbeschränkung des Kaisers sowie die mögliche Kriegsvermeidung mittels Rechtsfindung. Souveränitätsansprüche nach außen werden abgedeckt und nach innen entstehen handlungsfähige Administrationen. Vor allem im Ausnahmezustand wird die Macht des institutionellen Betriebes sichtbar. Revolutionäre Regime jedoch müssen Ethos und Nomenklatur schaffen.
Was wiederum zur Union überleitet:
Eine Mixtur aus supranationalen und nationalen Überwachungsmechanismen ist notwendig und verlangt einen erheblichen Aufwand an Kommunikation zwischen den Ebenen.
Der Vertrag von Lissabon hat ihrer Meinung nach einen qualitativen Sprung in der Demokratiefrage gebracht, besonders das Avancement des EP (Europäischen Parlaments) zum wirklichen Co-Gesetzgeber ist eine Errungenschaft, die sich nun in den Verhandlungen punkto Finanzaufsicht zeigt. Ansonsten gilt: Der Vertrag von Lissabon konnte die Ambiguitäten nicht ausräumen und die Einheit ist nicht so weit gediehen, dass die Pendelschläge zwischen Konsens und Dissens langsamer werden. Die Verfassungsgeschichte der Union bleibt offen.
LitGes, September 2010