75/Paradies/Essay: Wolfgang Mayer König: DIE PARADIESVERWECHSLUNG

Paradise Now – Apocalypse Now

Den Terrorattentätern des 11. September 2001 wurde in einer in ihrem Gepäck gefundenen „Geistlichen Anleitung“ für ihren terroristischen Massenmord, bei dem 3000 Menschen den Tod fanden, zur Motivation ihres Selbstmordkommandos zugesichert, dass die Paradiesgärten bereits für sie geschmückt seien und die Jungfrauen sie herbeiriefen.
„Dschihad“ bedeutet im Koran sowohl „Heiliger Krieg“ als auch das moralische Sichabmühen der Gläubigen auf dem Weg zu Gott.  Die Verbreitung des Glaubens durch den heiligen Krieg ist im Koran zur Pflicht des Moslems erklärt: „ … tötet die Götzendiener, wo immer ihr sie findet, ergreift sie, belagert sie und lauert Ihnen aus jedem Hinterhalt auf… “(Sure 9,5) „Und wenn ihr mit den Ungläubigen zusammentrefft, dann haut Ihnen auf den Nacken! Wenn ihr sie schließlich vollständig niedergekämpft habt, dann legt sie in Fesseln…“ (Sure 47,4) „…und kämpft gegen sie, bis niemand versucht zu verführen, und bis nur noch Allah verehrt wird“ (Sure 8,39a). „Und so soll auf Allahs Weg kämpfen, wer das irdische Leben für das Jenseits verkauft. Und wer auf Allahs Weg kämpft, ob er nun fällt oder siegt, wahrlich, dem geben Wir gewaltigen Lohn“ (Sure 4,74); „Allah hat ihnen Paradiesgärten bereitet, durcheilt von Bächen, ewig darin zu verweilen. Das ist die große Glückseligkeit!“ (Sure 9,89). 
Auf seinen vielen Reisen lernte Mohammed von Juden, Christen und Gnostikern verschiedene Elemente ihrer Religionen kennen. Mohammed stand zeitweise im Dienst einer Kaufmannswitwe, der heterodoxen Christin Chadidscha, die seine erste Frau wurde. Der Monotheismus erschien ihm - im Gegensatz zum damaligen arabischen Götzenkult - die einzig wahre Religion. Mehrere Visionen führte er auf den Erzengel Gabriel zurück. Mohammed berief sich darauf, dieselbe Religion zu verkünden, wie einst Moses und Jesus, der im Islam als bedeutender Prophet gilt.  Mohammed warf allerdings Juden und Christen vor, ihre einst wahre Religion im Laufe der Zeit verfälscht zu haben. Einige schlossen sich Mohammed an, die Adelsgeschlechter von Mekka bedrohten ihn als Unruhestifter mit dem Tode, weshalb er nach Medina fliehen musste. Dort sammelte er neue Anhänger, und bildete eine Armee, mit der er Mekka eroberte. Seit damals verkündete er den Dschihad, den „Heiligen Krieg“ und den Islam, wörtlich „Die Religion der Unterwerfung“.
Der Aufruf im Koran, gegen die Ungläubigen zu kämpfen und damit direkt ins Paradies einzugehen, wurde von Mohammed und seinen Nachfolgern umgesetzt. 70 Jahre nach Mohammeds Tod breitete sich das islamische Reich bis zum Atlantischen Ozean aus. Zuerst wurde das Perserreich eingenommen, dann folgten Palästina mit Jerusalem, Syrien, Ägypten und das  gesamte Nordafrika bis Spanien und Frankreich. Sizilien war 200 Jahre lang arabisch. Araber besetzten Süditalien und Südfrankfreich, plünderten Marseille, unternahmen einen Angriff auf Rom, zerstörten das Kloster Monte Cassino, verwüsteten den Kirchenstaat, zogen nach Norditalien und verwüsteten Genua, unternahmen Eroberungszüge über die Alpenpässe, ins Wallis hinein bis Sankt Gallen. Währenddessen wurde die Mittelmeerküste Italiens von arabischen Eroberungszügen heimgesucht. Allerdings, als die Moslems 638 unter ihrem zweiten Kalifen, Mohammeds Gefolgsmann Umar, Jerusalem eroberten, und die Christen keinerlei Widerstand leisteten, zeigten sich die Moslems deshalb tolerant, und schonten weitgehend unterworfene Christen und Juden, weil sie „Schriftbesitzer“ waren.
Doch diese Verhältnisse änderten sich unter der Herrschaft des schiitischen Kalifen al Hakim aus der Dynastie der Fatimiden. Er rächte sich bei den in seinem Reich lebenden Christen für das Scheitern seines Angriffs auf Byzanz. Christen wurden fortan zur Annahme des Islam gezwungen. 30.000 Kirchen wurden enteignet und 1009 kam bei der Zerstörung der Grabeskirche auch der Patriarch ums Leben. 
Obwohl auch das kriegerische Nomadenvolk der Seldschuken aus Innerasien, die Vorfahren der Türken, selbst Moslems waren, fielen sie in Persien ein und stürzten 1055 den Kalifen von Bagdad, schlugen 1071 die Byzantiner, eroberten 1076 Syrien, 1077 Jerusalem und töteten gegen ihr ausdrückliches Versprechen 3000 muslimische Zivilisten, darunter viele Frauen und Kinder.
1074 hegte Gregor VII., der als Reformpapst in die Geschichte des Mittelalters einging, den Plan, gegen Osten zu ziehen, und erntete dafür den Beinamen „Die Zuchtrute Gottes“. Nicht zuletzt wollte er damit den weltpolitischen Führungsanspruch des Papstes untermauern. Am 27.11.1095 ruft Papst Urban II. eine Generalsynode nach Clermont in der Auvergne zusammen, zur Befreiung Jerusalems von muslimischer Herrschaft, einem Jahr, in dem sich dieser Papst mittels einer Werbetour durch Europa, auf Stimmenfang für sich und seine Kreuzzugsidee befand. Urban betrieb seine Agitation vor den Stadttoren unter freiem Himmel, und trat stets mit der, die drei Machtbefugnisse repräsentierenden, Tiara  gekrönt auf. Dabei wurde als wesentlichste Motivation, hier gleichen sich die christlichen und islamischen Paradiesesversprechungen, den Kreuzfahrern der direkte Übertritt ins Paradies zugesichert, und die Verheißung unvergleichlichen Ruhms  im Himmelreich wurde mit dem Slogan verstärkt: „Deus lo vult“ – „Gott will es so“.  Dabei half das mehr als unselige Wort des Kirchenvaters Augustinus: „Krieg werde geführt, damit Frieden einkehre“, und schon bald war auch der passende Begriff dafür gefunden: „bellum iustum“ – „gerechter Krieg“. So verfestigte sich das Gespinst, welches die Kriegstreiberei in das Feld der Friedenspolitik und christlicher Gewaltlosigkeit hinein verlängern wollte. Dem Papst kam für seine machtpolitischen Bestrebungen auch entgegen, dass mehrere europäische Herrscher gar nicht in der Lage waren, einem Kreuzzugsaufruf zu folgen. Frankreichs Kapetinger-König Philipp I. stand infolge einer Ehekrise unter Kirchenbann. Englands König, Wilhelm II. Rufus,  hegte eine lange Feindseligkeit zwischen Staat und Kirche, überwarf sich mit dem Erzbischof Anselm von Canterbury, und kam deshalb nicht in Frage. Und Heinrich IV, den römisch-deutschen Kaiser aus dem Hause der Salier, hatte der Papst im Zuge des Investiturstreits exkommuniziert. Trotz alledem wurde am 15. Juli 1099 Jerusalem von Franzosen, Lothringern und Normannen, nach einem gewaltigen Blutbad, erobert. Ein solches Töten hat noch niemand bis dahin gehört oder gesehen. Der christliche Chronist Wilhelm von Tyrus schreibt: „Der Herzog und sein Gefolge zogen durch die Straßen und Plätze von Jerusalem und streckten, ohne auf Alter und Rang Rücksicht zu nehmen, alle Feinde mit der Schärfe des Schwertes nieder. Es lagen überall so viele Erschlagene und solche Haufen abgehauener Köpfe umher, dass man keinen anderen Weg oder Durchgang mehr finden konnte als über Leichen. Und unsere Fürsten waren mit einer unermesslichen Menge, schon beinahe in der Mitte der Stadt angelangt, welche mordlustig, Unzählige niedermetzelnd, weiter nach dem Blut der Ungläubigen dürstete…andere taten sich in Scharen zusammen und gingen in die Häuser, wo sie Familienväter mit Frauen und Kindern und dem ganzen Gesinde herausrissen und entweder mit den Schwertern durchbohrten  oder von den Dächern hinunterstießen, so dass sie sich das Genick brachen…“. Im zurückeroberten Gebiet wurden wieder die alten staatsrechtlichen Formen eingeführt, und Gottfried von Bouillon zum Herrscher über Jerusalem ernannt. Er verweigerte jedoch kategorisch den Königstitel und lehnte die Krönung mit der Krone des Königreichs Jerusalem mit der Begründung ab, er sei nicht würdig, dort eine Königskrone zu tragen, wo Jesus Christus  eine Dornenkrone getragen habe. Also doch irgendwie noch die Besinnung auf die zentrale Gestalt all dieser Auseinandersetzungen und Bestrebungen: Der Jude Jesus Christus als menschgewordener göttlicher Heiland, der auch von Paradies sprach, nämlich in Todesnot zu dem, mit und neben ihm, gekreuzigten Verbrecher, der in Hinwendung zu Jesus Reue zeigte, wofür ihm Jesus versprach: „Wahrlich ich sage Dir, heute noch wirst du mit mir im Paradies sein“. (Lukas 23, 43). Sein Name Dismas (eine Ableitung vom griechischen dusme, Untergang, Sonnenuntergang, Lebensende) wie auch der des linken Schächers Gestas, der Jesus noch am Kreuz verspottete,  sollten erstmals im apokryphen Nikodemusevangelium (9,4) genannt werden.
Als Reaktion auf die Eroberung Edessas durch Emir Zengi von Mossul und Aleppo, rief Papst Eugen III. am 1. Dezember 1145 zum zweiten Kreuzzug auf, unterstützt vom wortgewaltigen Berhard von Clairvaux, der 1146 König Ludwig VII. von Frankreich und auch den römisch- deutschen König Konrad III. für dieses Unternehmen gewinnen konnte, und der sich überdies auf Paradiesesaussichten und Zusagen des Ewigen Lebens glänzend verstand, aber auch schon vor leerer Kirche predigen musste. Der zweite Kreuzzug scheiterte kläglich.
Es folgte Niederlage auf Niederlage. Nachdem in der Schlacht bei den Hattin’schen Hörnern im Juli 1187 Saladin das größte Kreuzfahrerheer der Geschichte vernichtend geschlagen und anschließend Jerusalem zurückerobert hatte, konnte auch der listige und trickreiche englische König Richard Löwenherz daran nichts mehr ändern. Der römisch-deutsche Kaiser Friedrich Barbarossa schaffte es gar nicht bis ins heilige Land und nach Jerusalem, er ertrank auf dem Weg dorthin 1190 im Königreich Kleinarmenien in der heutigen Südosttürkei, nach einem erhitzten Ritt, beim Bad in den kalten Fluten des Saleph. Seine Eingeweide wurden in Tarsos beigesetzt. Das Fleisch seines Leichnams wurde entsprechend dem Verfahren des „Mos teutonicus“ durch Kochen des Leichnams von den Knochen gelöst. Barbarossa ist der einzige Herrscher des Mittelalters, dessen Bestattungsort unbekannt ist.
Die Motivationskraft der Päpste für Kreuzzüge war trotz ungeminderter Paradiesesversprechen geschwunden, auch mit dieser unmittelbar eintauschbaren Heilsverheissung konnte man niemanden mehr so leicht vom  Ofen hervorholen. Innozenz III. startete noch einen verzweifelten Versuch, die Plünderung der christlichen Adriastadt Zara und vor allem die Plünderung Konstantinopels zu verhindern. Die Gier nach Besitztümern und Beute überlagerte allerdings bei den Kreuzfahrern zusehends die eigentliche religiöse Kreuzzugsidee.
Seit der Eroberung von Jerusalem 1187 durch Muslime waren alle Rückeroberungsversuche gescheitert. Das Königreich Jerusalem hatte seine Hauptstadt nach Akkon verlegt. Die muslimischen Ayyubiden, von inneren Machtkämpfen geschwächt, willigten immer wieder in kurzfristige Waffenstillstandsabkommen mit den Kreuzfahrerstaaten ein, nach deren Ablauf es zu neuen Kampfhandlungen und neuen Waffenstillstandsabkommen kam. Als im Zuge dieses ständigen Auf und Ab, das zwischen dem Regenten von Jerusalem Johann von Brienne und dem Ayyubiden-Sultan al-Adil geschlossene, befristete, letzte Waffenstillstandsabkommen 1215/16 geendet hätte, folgten die Christen einem weiteren Kreuzzugsaufruf von Papst Innozenz in seiner Bulle „Quia major“ und einem Beschluss eines allgemeinen Kreuzzugs auf dem Laterankonzil von 1215. Da die bisherigen Kreuzzüge unter der Führung von Königen und Herzögen gescheitert waren, wandte man sich nun in Predigten, Gebeten, Wallfahrten und Prozessionen an das einfache Volk. Zum Führer des Kreuzzugs  bestimmte Innozenz III. den päpstlichen Legaten Pelagius von Albano. Der Papst bestimmte, dass sich die Kreuzfahrer 1216 in Brindisi sammeln sollen, und verbot den Handel mit muslimischen Staaten, um die Schiffe statt des Handelstransports nun für den Menschen- und Pferdetransport sicherzustellen. Natürlich wurden wieder die üblichen Parolen der Paradiesesverheißung und des vollkommenen Sündenablasses ausgegeben, sogar für die, welche sich nicht persönlich körperlich, sondern nur an den Kosten beteiligten. Nachdem Innozenz III. verstorben war, legte sein Nachfolger Honorius III. den Aufbruch auf den 1. Juli 1217 fest. In Frankreich fanden sich wenige, die diesem Aufruf folgten. Schon am 1. Juni stachen die Kreuzfahrer unter Führung von König Andreas II. von Ungarn, dem Vater der hl. Elisabeth von Thüringen,  und dem Babenbergerherzog Leopold VI. von Österreich allerdings von Split aus nach Palästina in See. Sultan al-Adil, Bruder von Saladin, und seine ayyubidischen Truppen mieden eine offene Schlacht, sie wichen immer wieder aus, sobald versucht wurde, sie zu stellen. Nachdem über Monate hinweg, weder Konfrontationen noch Erfolge erzielt werden konnten, kehrte Andreas II. in die Heimat Ungarn zurück. Im Frühjahr 1218 trafen niederländische, friesische, flämische und deutsche Kreuzfahrer in Akkon ein. Sie alle waren ursprünglich in Holland in See gestochen, hatten sich aber vom portugiesischen König, Alfons dem Dicken, zur Überwinterung überreden lassen. Im Zuge dessen hatten sie die maurischen Städte Al-Quasr, Setubal und Rabeta Ruta für die portugiesische Krone erobert. Nun beschloss man, gleich fortzusetzen, und gemeinsam mit Leopold VI. von Österreich und Johann von Brienne die Ayyubiden in Ägypten anzugreifen. Ein Bündnis mit den muslimischen Rum-Seldschuken unter Sultan Kai Kaus I. sah vor, dass diese, einer Zangenstrategie folgend, gleichzeitig das Ayyubidenreich in Syrien angreifen sollten. Der fünfte Kreuzzug hatte damit begonnen. Im April 1218 erreichte die Kreuzfahrerflotte die ägyptische Hafenstadt Damiette. Dort wurde von einer auf einer kleinen Insel vorgelagerten Festung, nach erbitterten Eroberungskämpfen um Damiette, Ende August 1218  eine Kette über den schiffbaren Nil gespannt. Drei Tage später starb Sultan al-Adil I. Der neue Sultan musste erst den Herrschaftsanspruch gegenüber seinen Brüdern festigen. Genau zu diesem Zeitpunkt platzte der päpstliche Legat  Pelagius von Albano ins Geschehen hinein, landete mit Truppen aus Italien und beanspruchte lautstark und arrogant die Führung des Kreuzzugs. Es entwickelte sich während der geschwächten persönlichen Situation des Sultans gleichzeitig ein lähmender Streit unter den Christen, wer anführen und wem Damiette gehören sollte, dem Papst oder dem Königreich Jerusalem. Im Oktober trafen weitere Truppen aus Frankreich ein, die sogleich in diese Auseinandersetzung mit hineingezogen wurden. Und nun kam das Erstaunliche: Sultan Al-Kamil war gegenüber den Kreuzfahrern zu Verhandlungen bereit und bot ab Februar 1219 mehrmals die Rückgabe Jerusalems an, einschließlich aller Gebiete des ehemaligen Königreiches Jerusalem, ohne die Gebiete um Kerak und Montreal, außerdem das wahre Kreuz, welches Saladin 1187 bei Hattin erbeutet hatte, so wie die Freilassung sämtlicher Kriegsgefangener. Zudem bot er an, den Wiederaufbau Jerusalems mitsamt den Stadtmauern zu bezahlen. Der päpstliche Legat Pelagius lehnte es jedoch strikte ab, mit dem Sultan und überhaupt mit Muslimen zu verhandeln. Unter den Kreuzfahrern befand sich niemand Geringerer als Franz von Assisi, der spätere Heilige Franziskus. Er kritisierte diese Haltung mit ungewöhnlich scharfen Worten: „ Brüder, nicht Muslime versperren euch den Weg, sondern euer eigener Teufel, euer Hass und eure Habsucht“ (Bericht des Thomas von Celano). Franziskus begab sich, in ein Büßergewand gekleidet,  persönlich ins Lager des muslimischen Heeres und hielt im Quartier des Sultans eine Unterredung mit Sultan al-Kamil. Der Sultan hörte aufmerksam und geduldig zu. In diesem Gespräch äußerte Franziskus, dass er von der Orthopraxie, das fünfmalige Beten, angetan sei. Vor allem die Mildtätigkeit und das Spenden von Almosen, die Sadaqa, beeindrucke ihn sehr. Die religiöse Pflicht der Steuer zugunsten der Armen im Islam, Zakat, spreche ihn besonders an. Den Sultan verblüffte die Furchtlosigkeit, mit der sich Franziskus ins feindliche Lager begeben hatte und mit der er argumentierte, seine Freundlichkeit, welche innerlich entwaffnen konnte,  und die Haltung des blinden Gottvertrauens: Tawakkul. Sultan al-Kamil schenkte  Franziskus deshalb  zum Zeichen seiner Wertschätzung ein Signalhorn. Viele Suffis verehren den heiligen Franziskus bis zum heutigen Tag. Am 5. Mai 1219 verließ Leopold VI. den Kreuzzug. 1220 kehrte auch Johann von Brienne wegen der ständigen Zerwürfnisse und Uneinigkeiten wegen des päpstlichen Legaten Pelagius wieder nach Akkon zurück. Die Kreuzfahrer warteten vergeblich auf Entsatz durch Friedrich II., der jedoch auf Grund wiederholter Verzögerungen dort nie eintraf. Im Juli 1221 entschieden sich die Kreuzfahrer ins Nildelta Richtung Kairo vorzudringen. Erst machte ihnen das versumpfte Gelände zu schaffen, dann ertranken tausende von ihnen orientierungslos im aufgestauten Wasser der Nilschwemme. Die restlichen Kreuzfahrer mussten nur mit dem bloßen Leben und mit sonst nichts abziehen. Im selben Katastrophenjahr 1221 traf inzwischen augenkrank und desillusioniert Franz von Assisi in Bari mit Kaiser Friedrich II. zusammen, der vom Papst wegen seines Zögerns mit Kirchenbann belegt war, und  der sich einstweilen mit muslimischen Dichtern und Philosophen, wie Ibn Sabin, umgab, und dessen Leibgarde aus Sarazenen bestand. Franziskus berichtete ihm von den Ereignissen um al-Kamil und Pelagius.
Es folgte eine Reihe von Schuldzuweisungen seitens des Heiligen Stuhls. Die Schuld am Scheitern wurde in erster Linie dem säumigen Friedrich II. gegeben, der, wenn auch teilweise nicht ganz unfreiwillig, stets seine Unterstützung zugesagt hatte. Im Vertrag von San Germano versprach er nun 1225  verbindlich, spätestens 1227 einen eigenen, separaten Kreuzzug, den nunmehr Sechsten von allen diesen,  zu unternehmen. Jedoch wurden von Papst Honorius III. nun auch schwere Vorwürfe gegen den eigenen Legaten des hl. Stuhls erhoben, weil er das Verhandlungs-, Friedens-, und Restitutionsangebot von Sultan al-Kamil auf solch brüske, überhebliche und völlig ungeschickte Weise ausgeschlagen und alle Verhandlungen darüber abgelehnt habe. Dem Papsttum selbst war jedoch jede Form von Selbstkritik fremd.
Ja,  Barbarossas Enkel, Friedrich II von Hohenstaufen, der Sohn jenes Kaisers Heinrich VI., der auf dem Deckblatt der umfangreichsten und bedeutendsten Liederhandschrift des Mittelalters, der Heidelberger Liederhandschrift, dem Codex Manesse,  die große Schar der damals berühmtesten Dichter und Minnesänger, als unermüdlicher Förderer der zeitgenössischen Literatur, anführt, geht einen völlig anderen Weg und beweist der Welt, was Verhandeln und Diplomatie vermag. Sein Großvater mütterlicherseits, der arabischsprachige Roger II. König von Sizilien, ein arabisch-normannischer Herrscher aus der Dynastie Hauteville, war ebenfalls ein bedeutender Mäzen der Künste und der Literatur. Er versammelte an seinem Hof in Palermo arabische und byzantinische Dichter und Gelehrte. Sein Pluviale gehört zu den Reichskleinodien und Krönungsinsignien des Heiligen Römischen Reiches und ist das Hauptstück des Krönungsornates der römisch-deutschen Kaiser. Das arabisch-normannische Prunkstück wurde bis zum Ende des alten Reiches für die Krönungen der römisch-deutschen Kaiser verwendet, und befindet sich in der weltlichen Schatzkammer in der Wiener Hofburg. Am Mantelsaum ist eine kufische Inschrift, also eine der ältesten kalligrafischen Formen der arabischen Schrift, aufgestickt, benannt nach der Stadt Kufa im heutigen Irak. Friedrich II.,der spätere deutsche König und römisch-deutsche Kaiser, der schon in seinem zweiten Lebensjahr den Vater und mit knapp vier Jahren die Mutter verlor , wuchs ab 1197 unbeaufsichtigt, mit Papst Innozenz III. als Vormund, weit weg vom päpstlichen Lateranpalast, als arabischsprachiger „Gassenbub“ in Palermo auf. Schon am 17. Mai 1198 wurde er im Dom von Palermo zum König von Sizilien gekrönt. Am 26. Dezember 1208 endete die Vormundschaft des Papstes. Friedrich wurde zwar nicht volljährig, trat aber in eine eingeschränkt rechtsfähige Minderjährigkeit. Friedrich und damit auch all seine Untertanen, wurden vom Papst exkommuniziert, weil er immer wieder die Aufforderungen des Papstes zum Kreuzzug, und die Einhaltung solcher Kreuzzugsversprechen, mit fadenscheinigen Argumenten hinausgezögert hatte; dies aus dem einfachen Grund, weil er, als in der arabischen Kulturtradition Aufgewachsener, keinen willkürlichen Krieg gegen Araber führen, sondern die diplomatisch günstigste Gelegenheit für eine „Reise“ ins „heilige Land“ ausloten wollte, und zwar gemeinsam mit seinem freundschaftlichen Berater, Hermann von Salza, dem Hochmeister des Deutschen Ordens, jenem Kissinger des Mittelalters und zwar mit Hilfe von dessen unermüdlicher Pendeldiplomatie zwischen Akkon, Jerusalem, Apulien, Sizilien, Rom,Venedig und Andalusien.
Dann war es so weit. Friedrich setzte die Kultiviertheit seines arabischen Verständnisses ein und verhandelte am 18. Februar 1229  in seiner Muttersprache mit Sultan Malik al-Kamil den auf zehn Jahre beraumten Friedensvertrag von Jaffa aus, der den Christen große Teile Jerusalems, Nazareth und Bethlehem zurückbrachte. Nach diesem weltgeschichtlich einmalig dastehenden Friedensvertrag in der Geschichte der Relation zwischen Orient und Okzident kam es zur Intensivierung der wirtschaftlichen Beziehungen und des kulturellen Austauschs seitens des Nahen Ostens mit Europa. Friedrich II. war es, der als erster im arabisch-islamischen Nahen Osten ein Klima des gegenseitigen Verstehens und der Koexistenz einleitete. „Stupor mundi“, „Das Staunen der Welt“ war das Attribut, welches ihm die Zeitgenossen aus lauter Überraschung verliehen.  Von den Arabern teilweise besser verstanden, als von den „eigenen Leuten“. Während seiner Prozessionsteilnahme durch die Via Dolorosa, dem Kreuzweg Christi, bis zur Grabeskirche, wurde er von den „eigenen Leuten“ mit Fäkalien, die sie aus den Nachttöpfen über ihn ausgossen, unflätigst traktiert. Man sah keinen Erfolg darin, keine Andersgläubigen kriegerisch besiegt zu haben, weil ein Kreuzzug ohne Blutvergießen für Viele ein Widerspruch in sich war.  Schließlich krönte Friedrich sich selbst in der Grabeskirche zum König von Jerusalem. Die Krone aber widmete er Elisabeth von Thüringen, der Tochter des Königs Andreas II. von Ungarn, jenes glücklosen Kreuzzugsführers, der bald unverrichteter Dinge umdrehen und heimkehren musste,  und dessen Tochter  schon vier Jahre nach ihrem frühen Tod heiliggesprochen wurde, als Deckelverschluss eines aus der Schädelkalotte der Heiligen gebildeten Reliquiarziboriums. Friedrich II. verehrte ganz besonders Elisabeth, die eine als verehelichte Markgräfin von Thüringen weithin berühmte, glänzende Gastgeberin und Förderin der renommiertesten, aber auch wenig bekannter, Dichter und Minnesänger ihrer Zeit war, die alle markgräflichen Kornkammern für  Bedürftige öffnen ließ,  jedoch ganz jung ihren Gatten, den beim Kreuzzug Friedrichs umgekommenen, Markgrafen Ludwig von Thüringen, mit dem sie drei Kinder hatte, verlor. Als Schwangere begleitete sie ihren Mann noch bis an die Grenze Thüringens, um sich (für immer) von ihm zu verabschieden. Kurz nach der Einschiffung mit Friedrichs  Kreuzfahrerheer in Otranto starb er. Sein Tod wurde lange vor ihr verheimlicht. Jetzt schlug die Stunde des Konrad von Marburg, des Elisabeth nach dem Tod ihres Gatten sadistisch quälenden Beichtvaters. Von Papst Innozenz III. 1216 zum „Kreuzzugsprediger“ ernannt, war er zum gefürchtetsten Inquisitor seiner Zeit aufgestiegen, der jeden gnadenlos am Scheiterhaufen verbrennen ließ, der seiner religiösen Doktrin nicht folgen konnte. Papst Gregor IX. hatte ihn persönlich beauftragt, Ketzer aufzuspüren. Elisabeth jedoch hatte sich, weil kein anderer Ausweg bestand, an eben diesen Papst Gregor IX. mit der Bitte gewandt, sie und ihre Kinder unter den Schutz des hl. Stuhls zu stellen, der sie jedoch kurzerhand der Vormundschaft eben jenes Inquisitors Konrad von Marburg, mit kompletter Verfügungsgewalt über sie und ihre Kinder, überantwortete. Als nicht zurechnungsfähig  wurde sie, mit Wissen Konrads von Marburg, vom jüngeren Bruder ihres Mannes, Heinrich Raspe, mitsamt ihren Kindern aus der Wartburg vertrieben und all ihrer Güter und Ländereien für verlustig erklärt. In der Nacht musste sie mit ihren Kleinkindern die Wartburg verlassen, und ließ, an diesem Tiefstpunkt ihrer Existenz, von „ihren Franziskanern“ ein „Te Deum“ anstimmen. Den Winter 1227/28 verlebte sie unter entwürdigenden Umständen in Schweineställen und Wirtshausschuppen in Eisenach. Obwohl ihr Onkel, der Bischof Eckbert von Bamberg, ihr als Witwe eine erneute Vermählung nahegelegt hatte, und als Heiratskandidaten Kaiser Friedrich II. vorschlug, legte Elisabeth am Karfreitag 1228  vor den Franziskanern in der Franziskanerkirche zu Eisenach das Armuts-, Keuschheits- und Gehorsamsgelübte ab. Fortan widmete sie sich den Armen und der Krankenpflege, gründete Hospize und Ausspeisungen für Bedürftige. Ihre Fürsorge galt sowohl den Aussätzigen als auch den Schwangeren und Gebärenden und vor allem den Kindern. Sie pflegte unermüdlich aussätzige- und behinderte Kinder, kaufte ihnen Spielzeug, Glasringe und kleine Töpfe.  Sie trug Behinderte auf ihren Schultern zum Abort, säuberte ihre Betten und versorgte sie mit Nahrung und Arznei. Sie spann selbst Wolle und webte Kleider, die sie an die Armen verteilte. Sie wusch und bekleidete Verstorbene und sorgte für ihre Beerdigung. Das Hospital am Fuß der Wartburg hatte sie zu Beginn des Jahres 1226 gegründet, als eine schwere Hungersnot zu einer Verelendung weiter Bevölkerungskreise führte. Sie starb in der Nacht vom 16. auf 17. November 1231 im Alter von 24 Jahren an allgemeiner Erschöpfung.
Die Päpste hatten längst die Vergeblichkeit ihres Drängens erkannt. Das „Heilige Land“ konnte mit den Methoden von Kreuzzügen und Paradiesesverlockungen weder gehalten noch gewonnen werden. Wie heißt es so schön in Franz Schuberts und Wilhelm Müllers Winterreise: „Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh‘ ich wieder aus!“. Dabei war alles, alles andere als fremd: Hier stand die Bundeslade und der Tempel Salomons,  hier stand das Kreuz Jesu Christi, hier der Felsendom und hier steht die al-Aqsa-Moschee. 
Jerusalem galt und gilt im Islam als der Ort, an dem sich das jüngste Gericht ereignen wird. 
In den früheren Gebieten der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat sind 2018 im Irak mehr als 200 Massengräber mit den Leichen von 12.000 Opfern der Extremistengruppe entdeckt worden. Die dokumentierten Massengräber zeugen von grauenhaften Leiden und schockierenden Grausamkeiten. So hat der IS auch unzählige Enthauptungen durch das Schwert per Video dokumentiert und international verbreitet. Die Abtrennung des Kopfes bei vollem Bewusstsein wurde auch an Jugendlichen vollzogen. So zeigt beispielsweise ein IS-Video auch eine Massenhinrichtung in Palmyras Amphitheater. 
Jene zehn von Friedrich II. mit Malik al-Kamil ausgehandelten Jahre eines Friedens, der diesen Namen auch verdient, der entwaffnende Mut zur Freundlichkeit des Franz von Assisi und das vorbildliche Heilswirken der Elisabeth von Thüringen trugen und tragen dazu bei, die Kluft zwischen Orient und Okzident, zwischen Islam und Christentum, zwischen der realen Utopie der Verwirklichung eines schon irdischen Paradieses und der Aussicht auf ein überirdisches Paradies, zu verringern, was jedoch danach bis zum heutigen Tag geschah, erbrachte eine Situation, deretwegen diese Kluft möglicherweise nie wieder geschlossen werden kann, mit fatalen Folgen für die gesamte menschliche Zivilisation.

Wolfgang Mayer König 
Schriftsteller und Universitätsprofessor, Jg.1946, Autor von 48 Buchpublikationen, Gründer des Österr. Universitätliteraturforums, Herausgeber der Zeitschrift f. intern. Literatur „LOG“, Verfasser des Zivildienst-Bundesgesetzentwurfs, Koordinator des humanit. Wiederaufbauprogramms für Vietnam m.d. Intern. Roten Kreuz in Genf, Koordinator der Verhandlungen zur Geiselbefreiung nach dem OPEC-Terrorüberfall, Ständiger Delegierter bei den Vereinten Nationen, Mitglied der Akademien der Wissenschaften u. Künste: „Tiberina“ Rom, „Cosentina“ Cosenza, „Burckhardt“ St.Gallen, „Europa“ Viterbo,“Gentium pro Pace“Rom. Verdienstorden der arab. Republik Ägypten; Chevalier des Arts et des Lettres d.Rep.Frankreich; Österr.Ehrenkreuz f. Wissenschaft und Kunst I. Kl.; Oberösterr. Kulturmedaille f. Literatur; Körner Preis f. Literatur; Int. Friedenspreis; Ehrenobmann der Lit.Ges. St. Pölten seit 2006.

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© Eva Bakalar Luftkugel /2018/Trinkhalme gestreift Æ 60 cm
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