Der Wettbewerb

LitArena Siegertext 1. Platz - Hannah Bründl

hör die dinge mit dir existieren // 1:9000//

 

] das alles muss nicht wahr sein punkt

]das alles muss nicht wahr sein wenn

]der raum dich kaputt gemacht hat

]wenn er dich kaputt gemacht, für 1 gutes leben & für zukunft

]bevor du beginnst

]wenn, dann bleibe doch noch

]hart verschalt im provisorium

]& wirst nicht genug zeit haben, zu benötigen

                                                     ] der raum der zukunft als 1 toter wert

]

]

]1 geometrisches objekt wie er

]grundriss sollte doch

]metaphern widerstehen

]dieser raum hier ist k1 nest für dich

]dieser raum hat dich kaputt gemacht

]dieser raum hat für dich k1 schutzwert gegen anstürmende mächte

]die endlichkeit ab drei wänden eine höhle

]die endlichkeit der inneren dimension hat dich doch erschlagen

                                                     ]aber

                                                     ]eine art von sehnsucht hat besitz von dir

]

]

]dir fehlt dem wesen

]1 gesetz zu geben

]wurzel dritter dimension schlägt in dir auf

]bricht sich knackend sehnen

]krallt wo fleisch am knochen saugt

]drechselt sich magnetisch in dein bein

]mit einem wort

]der raum entkeimt aus dir

                                                     ]aber er verlässt sich öffnend

                                                     ]& vor der ära deiner zeit

 

]etwas wacht im ei

]hörst du?

]der speicher deiner zellen quillt

]begütert gedeihend aus dir heraus

]begütert gedeihend aus dir heraus

 

 

]was immer du

]

]

]genau hier

](verbrenne ihn)

]

]

]nun vorläufig auseinander: risse häkelten sich auf. es

]hat mit deinem körper hier zu tun, mit seiner leidensfähigkeit.

]modernes wölben entsteht im schatten, innerhalb

]will zerreißung seiner selbst

]zerschlitzt den raum

]

]

]das entkernen des raumes vollzieht sich

]das entkernen des raumes in dessen mittelpunkt

]du harrst

]geängstigt hohles herz

]& die dinge waren zu beginn

]

]

]danach waren dinge nicht mehr. neue generation dinglos. chaos schuf sich seinen leib.

]pochen:

]kam nach kalten zeilen

                                                     ]es kam schnell

                                                     ]und heimlich. plötzlich. grauenvoll erst nah

]

]

]willkommen in der welt

]willkommen in der welt

]willkommen in der welt

]es schlägt, es schlägt, du schnappst, nach luft

]willkommen in der welt

 

hannah bründl/ geboren 1996 in oberösterreich / studium jus und komparatistik,  uni wien/ nun masterstudium germanistik sowie studium am institut für sprachkunst der universität für angewandte kunst wien/ veröffentlichungen zuletzt in zeitschriften (triëdere, kolik, mosaik, BELLA triste), in anthologien (Facetten- Literarisches Jahrbuch der Stadt Linz) und sammelbänden ( End/Zeit der edition mono/monochrom)/ lektoratsarbeit/ seit 2019 mitherausgeberin der literaturzeitschrift JENNY am institut für sprachkunst wien.

www.hannahbruendl-com

 

69/LitArenaVIII/Siegertext 3. Platz: Anna Stern (Bischofberger) : Karte und Gebiet

Sie kartiert das Land ihrer Träume.

Sie beginnt im Nordwesten, zeichnet die Küste, an der sie die – die vielleicht wichtigste Woche ihres Lebens verbringt, im Auto, auf Strassen, draussen, die Sonne scheint, es regnet. Sie denkt an die Feldstation, an Tapka und Mad Maddie.

An das heilende Wasser von Loch Maree und an das Zittern nach den Schwimmzügen auf die Insel zu. Wenig Schlaf, dafür tentative steps.

Ein ganzes Stück davon entfernt dann das schwarze Loch für die Wunden, die nur langsam heilen. If ever.

Sie zeichnet Linien zwischen drei Punkten, zwischen V. und P. und B. Ein Dreieck, Descartes’ Dreieck. Und mittendrin ihr Zuhause.

Ohne weiter darüber nachzudenken fügt sie den See hinzu. Weil er schon immer da war; weil er nicht verschwinden wird.

Dann die Risse und Gräben, die Verwerfungen, die nach dem Erdbeben zurückbleiben. Teile der Küste plötzlich vom Festland abgetrennt, Flussläufe verändert, ein Stück Vergangenheit dem Erdboden gleichgemacht.

Ihr Herz klopft schneller, als sie das nächste Zeichen einträgt: Für die Stadt, das Haus, den Raum, in dem ihr das Geheimnis der schwarzen Bücher geschenkt wird.

Sie hört die Stimme, die sagt: I will give you a secret, I will give you the secret of the black books.

Sie setzt den Punkt, an dem sie versteht, wie Verstehen funktioniert.

Ein Ein □ als Symbol der Wahl für das Haus an der Nordsee. Das Haus auf den Stelzen, in Hörweite des Wellengangs. Schilfgras wiegt im kühlen Wind, auf den trockenen Lippen schmeckt die Zunge Salz. Ein niedriger Zaun aus Schwemmholz umgibt einen kleinen Garten. Die Weite des Himmels hier, die Möwen weiß gegen das Blau; sie singen. Und der Sand ist warm und weich.

Sie zögert, macht dann aber doch ein Zeichen, um nicht zu vergessen, was in Bologna geschieht. Ihr ist zudem bewusst, dass sie die Avenue of Mysteries nicht weglassen darf. Für die verpasste Gelegenheit.

Keine Straßen, keine Wege darüber hinaus. Sie will sich nicht vorschreiben lassen, wie sie sich zwischen ihren Träumen bewegt.

Unverzichtbar aber Chaser Point und Nine Oat Wood. Weil … Schlicht weil.

Sie zeichnet ein Kreuz: en mémoire de tous qui étaient et ne sont plus.

Das in der Mathematik für den Kontravalentor stehende Symbol markiert die Stadt der Lichter und darin die Suche nach dem verlorenen Glück. Die Unsicherheit, das Schweigen. Und was ihnen abgesehen davon bleibt.

Sie fügt die Grenzen hinzu, die längst überschritten sind.

Etwas zaghaft geraten die Umrisse der Wüste der Anderen, fast als zitterte sie.

Es ist ein Ort, den sie nicht kennt, von dem sie zwar gehört, den sie jedoch nie gesehen hat. Man erzählt sich Dinge, man macht sich Gedanken. Eine Vorstellung, nicht mehr als ein Schatten eigentlich. Ein Schatten von erstaunlichem Gewicht. Sie glaubt, dass das Gebiet irgendwo im Süden liegt, weiß es aber nicht mit Sicherheit.

Unweit davon vermutet sie auch die Grube. Die Grube mit dem Blut und den Tränen.

Ohne Mühe findet sie hingegen den Hügel, die Wiese, auf der das Zelt stand, damals. Das Zelt der vier. Eine alte Fotografie erinnert daran.

A secondstands for Franz Wright’s Progress.

Kafka schrieb: „Stummheit gehört zu den Attributen der Vollkommenheit.“ Und: „Von einem gewissen Punkt gibt es keine Rückkehr mehr. Dieser Punkt ist zu erreichen.“ Sie fügt ein Symbol für Kafka in ihre Karte ein.

Zuletzt markiert sie Darlace, wo nachts mehr Sterne sichtbar sind als überall sonst. Sie sieht den Ort klar vor sich, die zwei Gebäude in der zum Meer hin sanft abfallenden Wiese, das Gras trocken, strohig zum Sommerende, und die großen Fenster spiegeln das Licht der knapp über dem Horizont stehenden Sonne feuerrot.

Einst ein Bauernhof, Wohnhaus plus Scheune aus grauem Stein. Niedrig, einstöckig ursprünglich nur und dunkel. Ein ungeschliffener Diamant, der nun ... Nachts ist Orion sichtbar, ein neues Leben.

Éloigné, cet abri, dans la campagne; ihr persönliches Finistère.

Sie weiß, es ist der Ort, auf den alles hinausläuft. An dem sein wird, was sie sich nicht vorstellen kann.

Ein Ende.

Ein Anfang.

 

Anna Stern (Bischofberger)

Geb. 1990 in Rorschach (CH), Abschluss: Umweltnaturwissenschaften MSc, ETH Zürich. Veröffentl. unter Anna Stern: 2014 'Schneestill', 2016 'Der Gutachter', Roman, beide im Salis Verlag, Zürich. 2017 erschien 'Beim Auftauchen der Himmel', Erzählungen, lectorbooks, Zürich. 

 

 

 

69/LitArenaVIII/Siegertext 2. Platz: Katharina J. Ferner : Neulich im Café

Im Café Jelinek, das heißt kleiner Hirsch. Jelen der Hirsch und so weiter. Irgendwann einmal nehme ich dich mit, wenn du groß bist, du grinst. Ich verschütte Tee auf meinem Kleid, das macht nichts. Sei nicht so frech, pass nur auf. Du greifst nach meiner Hand, ziehst an den Fingern dass es knackt in den Knochen. Ich kann gerade noch den Aufschrei unterdrücken. Große Mädchen schreien nicht. Öffentlich. Erst später, am Abend, zwischen den Laken vergraben. Ich schäme mich.

Werde nicht die Lider niederschlagen und die Wangen bleiben kalt, aber die Hand verrät mich. Ich will die Finger lösen, doch sie kleben fest, an der Hand, der weichen. Ich verschütte noch einmal Tee, er ist lauwarm und ich nass bis auf die Strumpfhose, vielleicht auch darunter. Mein Herz klopft sich in den Herzinfarkt. Atmen nicht vergessen. Ich schlucke. Die Augen perlen Tränen vom Rauch. Reiß dich zusammen, Mädchen. Ich blinzle heftig. Er wischt die Spuren achtlos von den Wangen mit der einen Hand, die andere mich immer noch fest im Griff. Wischt die Zigarettenschachtel vom Tisch. Ich denke, dass meine Finger langsam blau werden, vielleicht bleiben sie auf der Tischkante liegen, werden so zum Inventar. Wenn ich wieder hierher kommen sollte, könnte ich sagen: Das ist mein Tisch. Da sind schließlich meine Finger auf der Platte. Ja, so war das damals. Da musste man sich die Sitzplätze noch hart erkämpfen. Und dann würde ich in Gelächter ausbrechen, so wie in einem dieser Filme, in denen eine Person über ihren eigenen Witz lacht und niemand sonst. Und meine Begleitung würde nur aus Höflichkeit die Mundwinkel nach oben ziehen, sich aber denken, dass ich nun vollkommen irre geworden sei und dann sobald wie möglich das Weite suchen. Ich würde mich an den Tisch setzen und nach einer Zeitung verlangen. Und dann kämst du. Wärst doch schließlich auch ein Teil des Ganzen geworden. Nicht ganz unschuldig daran, dass meine Finger am Tisch, um nicht zu sagen: schuldig. Du würdest an meiner Stelle in der Zeitung blättern, mir manches vorlesen, anderes nur kommentieren, meine Fragen übergehen, mich manchmal zurechtweisen. Also alles wie gehabt. Ich seufze.

Erst jetzt bemerke ich, dass du meine Hand losgelassen, wie ein toter Fisch liegt sie da. Ich lasse sie liegen, die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Dass du mir einmal entgegen kommen könntest, hinterher. Sie noch einmal hochheben, sanft dieses mal. Mir einen Ring anstecken vielleicht. Du schüttelst den Kopf. Man wird doch wohl noch träumen dürfen!

Du sagst: Werd endlich erwachsen. Und dass ich gar nicht weiß wie sehr. Und das Begehren brennt mir unter der eingerissenen Nagelhaut. Du sagst: Blümchen. Und ich hasse dass du das so sagst, beiläufig, hingeworfen wie ein schlechter Kosename. Denk mich grau statt bunt. In der Menge verschwunden. Bin ich. Dass mir das alles zu lange dauert und dir immer noch zu schnell. Dass ich vielleicht gierig bin. Sachte, sachte sagst du. Bremst die Lippen, legst mir die Finger so fest an den Mund, dass ich den Geschmack erahnen kann, ziehst sie schneller weg, als meine Zungenspitze. Die Zähne beginnen an der Haut zu ziehen, mich zittert. Bekomme deine Jacke, nur geliehen, betonst das extra, dass ich mich bloß nicht daran gewöhne, deinen Geruch auf meiner Haut zu tragen, nicht länger notwendig. Bietest mir den Arm an, ein echterGentleman, würde man sagen, doch ich weiß es sind nur noch wenige Schritte bis zudeiner Haustür. Ich kenne den Klingelknopf und das Treppenhaus, die Wohnungstürsogar, hast mich einmal beim Spionieren erwischt, mich auf Entzug gesetzt eine ganzeWoche lang. Ich ziehe die Schritte in die Länge, meine Finger beben zur Klingel hin,fängst sie gerade noch ein, die Knöchel knirschen, während du meine Hand nach unten drückst. Zärtlich aber bestimmt. Hauchst mir zum Abschied einen Kuss auf die Wange, als wäre ich eine Bekannte, die du zufällig in der Straßenbahn. Nimmst mir den Mantel ab und ich sehe zu wie die Tür sich hinter dir schließt, warte noch ein bisschen vorm Haus herum, bis ich dich oben am Fenster winken sehe. Mein Handy vibriert und alles was du schreibst ist: Verkühl dich nicht, Liebes. Und ich weiß es ist an der Zeit in meine eigenen vier Wände, wo es nur mich gibt und ganz selten dich.

Ich trödle den Nachhauseweg, bis mir wieder kalt wird und ich hoffe dass ich krank werde, die Nase zugeht. Aber selbst wenn es so wäre, wenn es noch viel schlimmer, ich eine Lungenentzündung oder etwas anderes lebensbedrohliches. Du würdest nicht kommen und mich pflegen, vielleicht würde ich es gar nicht wollen, dass du mich siehst in so einem Zustand, die Haare zerrauft von der eigenen Misere. Frage mich manchmal ob es noch Zustände gibt mit denen ich dich überraschen kann. Ob du einer, der für Überraschungen zu haben? Wohl kaum. In Gedanken erzähle ich dir, dass ich gerne Salz in Narben streue, obwohl das nicht stimmt. Zeige stolz die Unterarme, deute auf die verkrusteten Stellen, sage: hier und hier, und: hat gar nicht weh getan. Die Narben zur Schau getragen vor dir. Verhüllt vor fremden Blicken, nur

manchmal schimmert es rot durch den Stoff. Dass ich immer helle Kleidung trage, fragst warum ich das tue, ob ich noch daran glaube, die jugendliche Unschuld, Reinheit nicht längst flöten gegangen. Ob ich jemals etwas darauf gehalten hätte, die Schmutzränder an meinen Hosenbeinen, ließen nämlich andere Schlüsse zu. Du lachst dreckig.

Ich folge der Spur unserer verschlungenen Schritte im Schneegestöber. Deine Fußabdrücke liegen deutlich tiefer als meine, schlagen weiße Kerben. Das Profil eines Autoreifens kreuzt unseren Weg, unterbindet das Geräusch meiner Schritte, der sichtbare Atem, ich hauche deinen Namen in die Luft, beim i-Punkt, werfe ich einen Kussmund. Stelle mir vor, wie deine Zunge noch einmal in mich drängt. Die Augen stets wachsam. Das Atmen schmerzt in der kalten Luft, spüre die Lippen springen, die Haare nass, voller Schneekristalle. Die Lungen brennen. Ich schließe kurz Mund und Augen. In Gedanken formst du einen Schneeball und drückst ihn an meine Stirn. Wach auf, Prinzessin! Ich versuche ein Lächeln.

In meinem Kopf steckt ein Satz fest: Du bist kein Kind mehr. Und ich weiß, dass es nicht ausreicht, sich die Lippen rot zu malen und an den passenden Stellen zu Lachen. Dass es das ist, was dich anzieht. Dass du es magst, wenn ich die Stimme erhebe, wenn ich getrunken habe, dir unter dem Tisch in den Schritt greife. Dass du mich dennoch zurechtweist. Selten gibst du nach und wir lieben uns in einem Lift oder einem Hofeingang. Später spiele ich gegen mich selbst Schiffe versenken, kaum zu glauben, aber es hilft gegen die Sehnsucht. Ich denke mir Geschichten aus zu den einzelnen Schiffen, manche sind von der Armee, andere werden von Piraten gekapert. Irgendwo dazwischen ein Segelboot, das vom Kurs abgekommen ist.

Das Café Jelinek hat schon geschlossen. Ich mache mich dennoch auf, schaue die grünen Bänke an, die ausgemachten Luster. Jemand bleibt stehen, um mir eine Zigarette abzuschwatzen, die ich nicht habe. Bleibt noch ein bisschen länger. Sieht mich weiter stehen. Ich stecke die Hände in die Manteltaschen bevor sie ganz einfrieren, trage Handschuhe ohne Finger Du würdest sagen, wie ein dummer Bankräuber und ganz heftig Lachen über deinen eigenen Witz, während ich die Augen verdrehen würde. Der Wind frischt auf und ich weiß es ist Zeit, die Schuhe aus zu ziehen und die Kleidung abzulegen, meine Lust für dich auf meine Hände abzulenken. Es würde dir gefallen, wenn ich dir davon erzählte, wie ich an dich denke, während ich mastubiere. Tatsächlich ist es eine traurige Angelegenheit. Ich bin ungeduldig und wenn es mir zu lange dauert, nehme ich den Vibrator zu Hilfe. Neulich waren die Batterien alle. Es war wirklich nicht mein Tag gewesen.

Ich nehme eine heiße Dusche, habe das erste Mal seit Stunden das Gefühl wieder aufzuleben. Das Stechen in den Fingern bringt mich auf andere Gedanken. Ich schaffe es den Abend ohne Nutella zu verbringen und schaue nur eine einzige Serie an, bevor ich mich dem Schlaf übergebe. Und ich träume nicht. Und am Morgen ist ein neuer Tag an dem ich dich nicht sehe, aber ich beschwere mich nicht. Ich gehe keinen unserer Wege. Ich stehe auf und gehe einfach irgendwo anders hin, vielleicht kaufe ich sogar ein und koche etwas, beginne auf mich zu achten. Dass du mir nicht vom Fleisch fällst, Mädchen! Ich telefoniere mit Mutter und lasse mir von der Arbeit im Krankenhaus erzählen und bin froh, dass ich selbst nichts sagen muss, nicht mehr von mir verlangt wird, als ab und zu ein hm von mir zu geben. Als ich mich verabschiede, habe ich dennoch einen trockenen Hals. Ist es die Heizungsluft, habe ich zu wenig getrunken.

In der Küche am Tisch steht eine Rose. Sie ist eingetrocknet und eigentlich stinkt sie schon ein wenig, aber noch habe ich es nicht übers Herz gebracht sie zu entsorgen. Auszumisten. Irgendwo muss man schließlich beginnen. Ich verbanne die Rose auf’s Klo. Schrittweise Abschied nehmen. Es wird so lange funktionieren, bis du unangekündigt vor meiner Tür stehst. Und ich denke, dass ich vielleicht nicht zuhause bin, vielleicht schon Besuch habe. Dass ich dir ein einziges Mal, eins auswischen kann.

 

Katharina J. Ferner 

Geb. 1991 in Salzburg. Seit 2009 lebt und schreibt sie vorwiegend in Wien. Studien der Slawistik, Skandinavistik, Deutsch als Fremdsprache. Zahlreiche Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien. 2015 Nominierung im Rahmen des Literaturwettbewerbs Wartholz. 2015 Debütroman „Wie Anatolij Petrowitsch Moskau den Rücken kehrte und beinahe eine Revolution auslöste“, Verlag Wortreich. Redakteurin der Literaturzeitschrift &Radieschen. Mitarbeiterin der Ö.D.A. (Österreichische DialektautorInnen und –archive). Juli- September 2017 Stadtschreiberin in Hausach/Deutschland.