14. Philosophicum - Vorabend: Der Mensch ist des Menschen Wolf. Rez.: Ingrid Reichel

Ingrid Reichel
DAS HEULEN DER WÖLFE

 
DER MENSCH IST DES MENSCHEN WOLF
Philosophisch-literarischer Vorabend mit Michael Köhlmeier und Konrad Paul Liessmann
22.09.2010, 18.00 Uhr
Neue Kirche, Lech am Arlberg

Es existiert ein jahrelang anhaltendes Spiel zwischen dem Autor und Mitinitiator des Lecher Philosophicums Michael Köhlmeier und dem philosophischen Leiter des Philosophicums Konrad Paul Liessman, erklärt charmant Köhlmeier am Vorabend der Eröffnung des 14. Philosophicums in Lech. Das Spiel bestehe darin, dass Köhlmeier wohl vorbereitet Geschichten - großteils aus der Antike – zum Thema erzählt und Liessmann „unvorbereitet“ ad hoc dazu Stellung beziehen muss.

Das heurige Thema ist: „Der Staat. Wie viel Herrschaft braucht der Mensch?“

Unter dem Titel „Der Mensch ist des Menschen Wolf“ geht Köhlmeier eloquent auf die Gründung verschiedener Städte ein, wie Theben, Troya und Rom. In der Reflektion wird klar, dass eine Stadtgründung nur in der Gemeinschaft möglich ist. Und nach der Antike am Bsp. Kadmos oft nur ein Zufall den Gründungsort bestimmt. Dass durch die Gemeinschaft auch Konflikte entstehen, versteht sich von selbst und dass es letztlich nur an jedem Einzelnen liege, wie man diese Probleme bewältigt und zu einer friedlichen Basis führen kann. Unterstützend hierbei kann eine sinnvolle Rechtsordnung sein, die bereits eine Herrschaft implementiert, eine Herrschaft um den Friedens Willen.

Eine vorsichtige Aufwärmrunde für das brisante Thema, wenn man sich den Titel der Abendveranstaltung „Der Mensch ist des Menschen Wolf“ in Erinnerung ruft. An diesem Vorabend war noch kein Heulen der Wölfe zu hören … Das Zitat „Homo hominis lupus“ – „Der Mensch ist des Menschen Wolf“ wurde durch Thomas Hobbes Widmung in seinem Werk „De Cive“ (Vom Bürger“) berühmt: „[…] both sayings are very true; that Man to Man is a kind of God; and that Man to Man is an arrant Wolfe.“ - „[…] es stimmt sowohl, dass der Mensch dem Menschen gottgleich ist, als auch dass der Mensch dem Menschen unverhüllt ein Wolf ist“. Ursprünglich stammt es aus der Eselskomödie - „Asinaria“ des römischen Komödiendichters Plautus: „Ein Wolf, kein Mensch, ist der Mensch dem Menschen, solange er nicht weiß, welcher Art er ist.“ („lupus est homo homini, non homo, quom qualis sit non novit.“ (Quelle: Wikipedia). Der während des 14. Philosophicums viel zitierte britische Staatstheoretiker des 17. Jahrhunderts Thomas Hobbes entwickelte nach dem Hintergrund des englischen Bürgerkriegs (1642-1649) in seinem Hauptwerk „Leviathan“ (1651) eine Theorie des Absolutismus. Dabei ging Hobbes von einem Naturzustand aus, in dem Menschen ohne Gesetz und Staat leben und aufgrund des Naturrechts jeder gegen jeden ist. Das biblisch-mythologische Seeungeheuer Leviathan wird in Hobbes Schrift zu einem menschlichen Ungeheuer.

Der Abend erfuhr durch die anschließende Präsentation der gerade in den Kinos angelaufenen Literaturverfilmung „Der Atem des Himmels“ von Reinhold Bilgeri noch eine Steigerung.

(Siehe Filmkritik: www.litges.at)

LitGes, September 2010

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