15. Philosophicum Lech - 2. Tag - Wilhelm Schmid. Rez.: Eva Riebler

Eva Riebler
GLÜCK IST, WENN MAN NICHT MEHR DARAN DENKT, GLÜCKLICH SEIN ZU WOLLEN

 

15. Philosophicum Lech
GLÜCK IST WICHTIG, ABER NICHT DAS WICHTIGSTE IM LEBEN
WILHELM SCHMID

Freitag, 23.09.11, 09.30 Uhr
Neue Kirche Lech am Arlberg

Wilhelm Schmid (geboren 1953) lebt als freier Philosoph in Berlin und lehrt als außerplanmäßiger Professor an der Universität Erfurt Philosophie.

Ist es ungerecht, wenn alle anderen glücklich sind? Bin ich glücklich? Der Glücksdiskurs ist asozial, denn er suggeriert: Du musst glücklich sein!

Es gibt die Glückshysterie. Das Glück wird überschätzt und verfolgt bis zum bitteren Ende.
Es gibt 1. Das Zufallsglück, bei dem wir glauben, es gehe ständig so.
2. das Wohlfühlglück. Dies stellt ein Maximum an Glück dar, als wäre Glück messbar!
3. das Glück der Fülle und der Sinn: Das Glück muss nicht auf der positiven Seite sein. Auch die, die nicht glücklich sind, leben mit Sinn. Wir wissen nicht, ob das Leben sinnvoll oder sinnlos ist. Auch der Unsinn oder das Unglück ergeben zumindest für andere) Sinn, siehe Filme von Woody Allen! Auf alle Fälle gilt: Sinn vermittelt Energie. Beim Fehlen von Sinn versiegen die Quellen des Lebens, da die Zusammenhänge von Tun und Leben nicht mehr sichtbar sind. Sinn stellt Kräfte frei, begeistert und nährt. Sinnlosigkeit entkräftet, verkürzt das Leben, schafft Zynismus, schwächt.

Sinn setzt die Erfahrung von Sinnlichkeit voraus. Auch das berühmte Kribbeln im Bauch ist ein Sinn, nicht nur ein weiblicher. Viele Menschen begnügen sich mit einer Einschränkung der Sinne, sei es das kleine Sichtfeld des TV-Schirmes statt dem Rundblick in der Landschaft, das Fastfood, dem Fehlen der eigenen Bewegung …

Darüber hinaus gibt es den Seelischen Sinn, der Beziehungen stiftet über ganze Zeitspannen hinweg. Liebesbeziehungen so wie Kinder ergeben trotz negativer wie positiver Seiten Sinn.

Über die eigene Existenz hinaus gibt es den transzendenten Sinn, die Endlichkeit, wie das Überschreiten der gewöhnlichen Wirklichkeit im Denken und Fühlen.

Fazit: Ob man an ein mögliches anderes Leben glaubt, ist nicht wichtig. Vielmehr ist wichtig, ob unter der Annahme, dass es einen transzendenten Sinn gibt, besser gelebt werden kann.

Die Sinnfrage trägt weiter, als die Frage nach dem Glück. Ohne Sinnzusammenhänge lässt sich nicht leben! Eine veränderte Moderne wird am Sinn im Leben und Sinn am Leben arbeiten und nicht mehr an seiner Auflösung! Es wird glückliche Menschen geben, die keinen Anlass dazu haben werden, über das Glück nachzudenken!

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