23. Philosophikum 25. - 29. Sept. 2019, Lech: Die Werte der Wenigen. Eliten und Demokratie

Eva Riebler

Eva Riebler berichtet für die LitGes St.P.
26.9., 9 Uhr am Rüfikopf Lech: Philosophieren in hoher Luft
Mit Chefredakteur/in des Magazins „Hohe Luft“ Thomas Vasek als Moderator und Rebecca Reinhard als Vortragende.

Rebecca Reinhard zum Thema: Wozu Philosophie in der Gesellschaft?
Der Philosoph ist nach- und Vordenker. Er will das Chaos ordnen, mit Klarheit die Probleme lösen, so Rebecca Reinhard. Weiters: das Jenseits seiner Prämissen zu leugnen ist Nonsens! Der Philosoph ist nicht Ordnungspolizist, soll nicht Elite sein, sondern gegen die Zirkulation des eigenen Denkens über das Denken hinausgehen. Nicht die Wirklichkeit in den Gedankenkontainer einpassen, sondern die Wirklichkeit erfragen. Nicht die Theorie zum Instrument machen, ohne sie auszuprobieren!

Erfrischende Gedanken, die das geschlossene und für Außenstehende unverständliche System des philosophischen Denkens durchleuchten und den Nutzen einfordern. Die Philosophie soll schließlich nicht nur eine akademische sondern auch eine Lebensphilosophie sein. Rebecca Reinhard beschäftigte sich 8 Jahre lang im Diskurs mir Onkologie- und Schizophrenie-Patienten, um nicht in die Falle der selbstgefälligen Philosophin zu tappen. Ihrer Meinung nach, soll die Philosophie nicht nur belehren, sondern sie ist lebbar.

Ludwig Wittgenstein meinte ja: „Philosophie hat nur Sinn, wenn sie Wert hat für das Leben der Menschen“.  Viktor Frankl forderte schon verständliche und relevante Philosophie. Sie kommt aus dem Verstand wie dem Gefühl.

Ein gutes Fazit: Die Philosophie soll sich von dem Absolutheitsanspruch verabschieden! 

 

Eröffnungsrunde mit einem Magma Impuls-Forum mit Frank. A. Meyer, Julya Rabinowich, Dirk Schümer und Bernd Stegemannn zum Thema: Oben und Unten. Links und Rechts: Gespaltene Gesellschaft

Von Ibbsens „Volksfeind“ bis Hitler, Stauffenberg zu Trump oder Greta Thunberg – buntgereiht in Argumentation und Zitierfreude. Von der  Erörterung der Bedenken und Wünsche, dass die Medien wissenschaftlich diskutieren und nicht predigen sollen bis zur Meinung, dass Missionsgestik und ein Zuviel an Moral zum Gegenteil führen kann – ging der stimmuliernde Reigen, der dann durch Referate von Landesstathalter K. Rüdisser, Bundesminister G. Blümel und DI G. Apfalter über die Mobilität der Demokratie ergänzt wurden.

Das Einführungsreferat des Initiators des Philosophikums Lech – Konrad Paul Liessmann – beschäftigte sich mit dem Titelgebenden Thema: Die Werte der Wenigen. Eliten und Demokratie.

Liessmann lässt der Kritik und der Verteidigung der Eliten großen Raum und wirft die Fragen auf: Wer sind die Eliten? Wie bilden sie sich, wer gehört dazu? Wie leben sie und wie unterscheiden sie sich von den anderen? Problematisch wird es ja, wenn die Eliten die Gleichheit der Menschen verkünden. Das Vorrecht der Geburt wird da gekappt usw., so Liessmann. Sobald Menschen tätig sind, sind sie fleißig oder weniger fleißig, fähig, genial oder nicht. In Kunst, Wissenschaft und Sport gibt es selbstverständlich verschiedene Niveaus. In der Funktionselite Sport ist dies ja auch leicht messbar.

Im Bereich der Teilhabe an der Politik-Elite ist es paradox, da in der Demokratie die Teilhabe keine individuell erbrachten Leistungen, Eigenschaften oder Fähigkeiten voraussetzt, sondern durch die Zugehörigkeit zu einer Partei passiert. Und, setzt Liessmann fort – die einzigen Kriterien für aktives Wahlrecht sind Alter und geistige Zurechnungsfähigkeit. Der Ruf nach Bildung ist allerdings auch vernachlässigbar, „denn diese stellt kein signifikantes Kriterium für die Selektion besonders fähiger und verantwortungsbewusster Politiker dar“. Der Gedanke an eine Los-Entscheidung statt einer Besetzung politischer Ämter nach Wahlergebnissen mag sinnvoll sein, „denn jeder Bürger ist für solch ein zeitlich begrenztes politisches Amt gleichermaßen qualifiziert.“

Weiters stellt Liessmann fest: „Es gehört zum Wesen einer elitären Weltordnung in einer demokratischen Gesellschaft, dass Werte eine Doppelfunktion bekommen: sie müssen erkennbare Merkmale für die Zugehörigkeit zu einer Elite darstellen und gleichzeitig als allgemeingültig und für jedermann erstrebenswert deklariert werden.“

Bildung für alle, ist eine ideale Norm. Doch nicht jeder Schuster las nach getaner Arbeit Homer, wie es sich Wilhelm von Humboldt schon erträumte.

„Die Werte verlieren außerdem durch den rhetorischen Anspruch auf Universalisierbarkeit ihren Schutz vor den Zugriffen der Vielen.“, so Liessmann. Wo viele sind, ist die Elite schon weg. Allerdings benötigen wir Menschen, die in ihrem Metier gut sind und sich einsetzen, ob „mit Leidenschaft und Ehrgeiz“, wie es Liessmann fordert, sei meiner Meinung nach unbedingt wünschenswert, aber vielleicht schon illusorisch.

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