Zwei Herzen im Dreivierteltakt. Rez.: Ernst Punz
Ernst Punz
Operetta comique
Stadttheater Baden der Bühne Baden
Operette „Zwei Herzen im Dreivierteltakt“
Gastspiel im Festspielhaus St. Pölten: Mittwoch, 12. März 2014
Musikalische Leitung: Oliver Ostermann
Inszenierung: Alexandra Frankmann-Koepp
Bühnenbild: Sam Madwar
Kostüm: Friederike Friedrich
Choreografie: Marcus Tesch
Das Stadttheater Baden brachte im Festspielhaus St. Pölten die Operette „Zwei Herzen im Dreivierteltakt“ auf die Bühne. Auf einer Einladung stand zu lesen „Mehr Operette geht nicht.“ – gemeint waren damit die herzberührende Geschichte, die im Künstlermetier spielt und die ohrwurmträchtigen Melodien von Robert Stolz. Resumee nach Besichtigung der Inszenierung: „Mehr Komik geht auch nicht.“
Dort wo Straußens Fledermaus bis zum Dritten-Akt-Komiker Frosch warten lässt, starten die zwei Herzen gleich im ersten Akt mit einer z´wideren Tante und einem antifeministischen Taxichauffeur, gefolgt von einem wein- und schnapsseligen Theaterheizer sowie dem äußerst dienstbeflissenen Direktionssekretär und Kassier, der durch die weiteren Akte hindurch immer wieder versucht in wechselnden Verkleidungen selber als Schauspieler zu reüssieren.
Wo liegt der Unterschied zu einer normalen Operette? Die Operette lässt Herzen leiden, die Komik lässt einen Hut zerwutzeln. Die Operette singt von Liebe, die Komik deklamiert Shakespeare, als wäre der Barde ein italienischer Autofabrikant: „Romeo“. Die Operette lässt junge Künstler hungern und dürsten, die Komik lässt Gulasch und Bier anschreiben. Die Operette wiegt sich im Walzerschritt, die Komik trinkt und schunkelt sich in eine kleine Drahrerei. Freunde der österreichischen Kabarettszene und Couchpotatoes mit Hang zu amerikanischen Sitcoms mit eingespielten Lachern hätten auch ihre Freude daran.
Anlässlich des 90. Geburtstages des Komponisten Robert Stolz, wurde die Operette „Zwei Herzen im Dreivierteltakt“ 1976 an der Volksoper Wien in überarbeiteter Form uraufgeführt – und zwar gegen den Willen des amtierenden Direktors. Wie konnte das geschehen? Einzi Stolz, rührige Komponistengattin, hatte mit dem österreichischen Bundespräsidenten (!) gesprochen – eine Aktion, die einem die Bezeichnung Operettenstaat in Erinnerung ruft – und heraus kam eine typisch österreichische Lösung. Robert Herzl, damals neu an der Volksoper, und Kurt Huemer machten sich nach Befehlsausgabe des HBP daran, die Stolzoperette und den gleichnamigen Tonfilm aus den 1930er Jahren textlich zu überarbeiten. Prominente Schauspieler bekamen Wind von der staatstragenden Produktion, klopften an ihre Tür und wollten mitspielen. Rollen wurden hinzugefügt, andere dafür gestrichen. Mit der Musik verlief es ähnlich. Schließlich kam etwas heraus, dem man vielleicht die Bezeichnung „Operetta comique“ geben kann.
Die Inszenierung spart nicht mit Klischees. Neben einer bürgerlichen Wohnung mit Klavier, einem Theatercafé mit Klavier und einer Probenbühne mit Klavier kommt auch noch televisionäre Nostalgie ins Spiel – ohne Klavier, dafür mit Showtreppe. Wenn durch einen dramaturgischen Kniff in Gestalt eines Berliner Theateragenten das Finale im Friedrichstadt-Palast auf die Bühne gebracht wird, meint man sich mitunter von den 20er Jahren vor in die Vergangenheit der 70er und 80er Jahre versetzt – am Samstagabend im Wohnzimmer auf dem Sofa sitzend, in die PAL-Röhre glotzend, dem Fernsehballett auf die Beine guckend, begleitet von schon-lange-nicht-gehörtem-aber-gleich-wieder erkanntem James-Last-Sound. Fehlt nur mehr Harald Juncke, der auf Wolke Sieben über der Szene schwebt und dabei summt `Do-bee-do-bee-do´. William Shakespeare sitzt augenverdrehend neben ihm und versucht ihn ständig zu verbessern: „To be or not to be! heißt das.“ But vergeblich, because that´s a completely different Geschichte.
Die Leistungen aller Beteiligten waren überzeugend, ein Operettenbesuch auf hohem Niveau wurde für Operettenfreunde der näheren Umgebung ohne lange Anfahrtswege möglich. Die Produktion ist noch bis 29. März im Stadttheater Baden zu sehen. Für zukünftige Kooperationen mit dem Festspielhaus St. Pölten wäre eine Aufwertung der Werbung im Jahresprogramm zu wünschen – Operette fühlt sich einfach besser an in einem Haus, das nicht nur zu Dreiviertel gefüllt ist, vielleicht würde auch die Verlegung an einen Samstag als Aufführungstag helfen – , sowie die weitere Verbesserung der Tontechnik. Auch jüngeres Publikum hatte Schwierigkeiten, den gesungenen Text sowie manche gesprochene Textpassagen einzelner Darsteller akustisch zu verstehen.