Festwochen Gmunden im Kino Ebensee, 27.7.2016.Lesung mit Musik 27.7.2016 MARX UND CHE. Rez.: Eva Riebler-Übleis

Eva Riebler-Übleis

Salzkammergutfestwochen Gmunden im Kino Ebensee
Lesung mit Musik 27.7.2016
MARX UND CHE
Kurt Palm
Chrono Popp-Musik

Kurt Palm las zum 16. Mal bei den Festwochen. Bekannt durch seine Lesungen „Kochen mit Stifter“, „Kochen mit Kafka“ usw. füllte er den Kinoraum Ebensee.

Diesmal hat es ihm sein ureigenstes Thema angetan: Die Theorie von Karl Marx.

Er fasste in 30 Min. die Essenz des 800 Seiten starken Das Kapital (1867) zusammen, das er zur Zeit seines Publizistik- Germanistikstudiums in Salzburg offiziell nicht lesen durfte.

Fazit: Keine Wege zu Lösungen werden von Marx angeboten, sondern die seitenlange Jammerei über die bösartige Wirkung des Geldes. Der Mensch ergründe seit 2000 Jahren den Geldkörper und begrüße den Schatz wie den aus den Eingeweiden der Erde gezogenen Pluto. Das Geld ist der Henker aller Dinge geworden, es erklärt dem ganzen Menschengeschlecht den Krieg, ist das Fett des Staatskörpers; das Fett, das den Körper verschönt und die Schulden begleicht.

 Sodann erwähnte Palm die Gier des Arbeitsgebers, nicht ohne sogleich das Wort „Arbeitsgeber“ ad absurdum zu führen. Denn der Arbeitsgeber sei der Kapitalist und Ausbeuter der Arbeiter. Er kaufe den Gebrauchswert pro Arbeitstag, daher werde der arbeitende Mensch so ausgebeutet, dass man die Arbeitszeit auf 18 St./Tag bei Männern beschränkte.

Drittens hatte Palm über die Fälschung von Lebensmittel exzerpiert. Nicht nur Eier oder Brot werden gefälscht und z.b. mit Eiter versehen; bei Mehl gab es bis zu 28 Fälschungsarten und bei Kaffee gar 30!

In Zusammenhang der entwürdigenden Arbeitsverhältnisse zeigte Palm dann die bei Marx erwähnten Krankheiten und Unterkunftsproblematik auf sowie den Gedanken, wozu die Akkumulation von Reichtum führe – nämlich zu Elend und z.B. zu den Handelskriegen der Nationen und zum Sklavenhandel. Dies alles sei im Dienste des Kapitalismus.

Die Untermalung des anklagenden Wortschwalls Kurt Palms mit rezitativer, z.T. dröhnender Angst machender  Chrono Popp-Musik war kontraproduktiv, denn die Verständlichkeit litt unter der Gleichzeitigkeit von Worten und Geräuschen und der Vortrag büßte an empathiefreier Wissenschaftlichkeit und Informationsmöglichkeit ein.

Im zweiten Teil las Palm das Bolivianische Tagebuch von Che Guevara (Im Dschungel, Ende 1966 bis zum Tod durch das bolivianische Militär 1967) und verzichtete Gott sei Dank auf die Gleichzeitigkeit mit Musik. So entstand ein berührender Abgang eines Helden, der sein Leben dem Bolivianischen Freiheitskampf opferte.  Che wurde durch seine eigenen Zeilen nicht als romantischer Held erkannt, sondern als ernstzunehmender einzelner Mensch, der  dem Widerstand und Protest  dienen wollte und schlussendlich erkannte: Die Revolution ist die höchste Stufe des Menschen. Und: Das Konzept der Weitertragung würde sich nicht halten.

Kurt Palm kann zufrieden sein: Er hat sein Publikum historisch – gesellschaftspolitisch gebildet sowie wachgerüttelt und zum Gebrauch der grauen Gehirnzellen erfolgreich animiert!

Die Intendanz der Festwochen ebenfalls: Denn aus dem für Bildungsbürger konsumierbaren kritischem und/oder ästhetischem Angebot stach dieser Abend mit Kurt Palm wie auch immer überraschend hervor.

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