
Isabella Krainer: Vom Kaputtgehen
Isabella Krainer:
Vom Kaputtgehen
Gedichte
Innsbruck-Wien: Limbus-Lyrik
2020, 91 Seiten
ISBN: 978- 399-03917-09
Politisch brisante Lyrik, wie sie Isabella Krainer verfasst, ist eher eine Seltenheit. Doch wörtlich darf man den Titel des Lyrikband nicht nehmen! Denn Gehaltvolles verbirgt sich im Inneren!
Flott formulierte, anspruchsvolle Sprachspielereien wie das Eingangsgedicht rütteln den aufmerksam Lesenden auf: links zwo drei wir / bevor sie auf die meisten ameisen treten / loben sie ihren fleiß. Die Struktur der Vierteilung des Lyrikbandes verrät eine ausgeklügelte Komposition: gehschule / marschbefehl / laufpass / endspurt, die sich an Eckpunkten menschlichen Lebens ausrichtet: Von der Zeugung, Schwangerschaft, Geburt, Schulzeit, Familienleben und Stationen des Erwachsenenlebens, die anfangs allgemeingültig anmuten. Lakonisch und bissig zeigt sich der Sprachstil: freiheit wäre übertrieben/ neun monate fruchtwasser / und plötzlich auf bewährung draußen (S. 9). Philosophisches klingt an im Gedicht: selbst ort gedanken / ich ist ein ort/ an den ich gehe/ wenn ich bleibe wer ich bin (S. 63), Redewendungen liefern die Vorlage für Wortspielereien und Reime: es ist angedichtet/ langes fädchen faules mädchen/ kurze leine fette beine (S. 28).
Mitunter zeigten sich Parallelen zum Humor einer Lisa Eckart (Kabarettistin). Gemeinsam ist beiden Künstlerinnen der ungeschönte Umgang mit dem Tod: und bau doch nur dem tod ein nest (S. 92).
Auch Krainer scheut sich nicht, politisch zu intervenieren: mindestsicherheit neu/ mord ab sofort nur noch im alleingang/ beihilfe gekürzt. Konsequente verwendet Krainer Kleinschreibung in ihrer Lyrik, stellt Bezüge zur Dialektdichtung her, zum Beispiel in söba schuid, die gleichfalls politisch grundiert ist. Krainers Textminiaturen prägen sich ein, klingen noch lange im Inneren
nach.
Isabella Krainer, geboren 1974 in Kärnten, Murauer Bezirksschreiberin 2019/20, Teilnehmerin: Hausacher Leselenz und am Innsbrucker W:Orte Lyrikfestival, 2021.