Manfred Chobot: Wer a Feind is, bestimm i. Eva Riebler

Manfred Chobot
WER A FEIND IS, BESTIMM I

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eva Riebler interviewte am 18.10.09 Manfred Chobot im Atelier der bildenden Künstlerin Ingrid Reichel, die anlässlich der NÖ Tage der offenen Atelier eine Lesung mit dem Autor organisierte. Mehrere Lehrer befanden sich im Gespräch, daher die Frage:

 

Lieber Manfred, möchtest du Lehrer sein?

 

Nein, eigentlich nicht, obwohl es immer wieder heißt, ich würde zum Schulmeistern neigen. Vielleicht stimmt das sogar.

 

Womit bist du pädagogisch wertvoller, mit deiner Lyrik oder mit deiner Prosa?

 

Vermutlich mit meinen G´schichtln, meiner satirischen Prosa, durch die ich den Leuten Inhalte „reindrücke“! Sagen wir besser – vermitteln kann.

 

Was hast du zum Dialekt für ein Verhältnis?

 

Ein gutes und ein gesundes, denn der Dialekt ist viel poetischer als die Hochsprache.

 

Die Dialektautorin El Awadalla vertritt die These: Dialekt macht g´scheid. Wie stehst du dazu?

 

Dialekt macht es auf alle Fälle poetischer, denn du hast im Dialekt vü mehr Möglichkeiten. Z.B. „Hau di üba di Häusa“ ist doch wunderbar, im Vergleich zu: „ Wirf dich über die Häuser“!
Oder: „Der ist im Bründ’l.“ – „Er ist im Brunnen.“ Das geht nicht.

 

Du bist im Wienerischen zuhause?

 

Ja, und das kann ich irgendwie nicht loswerden. Ich habe einige Jahre in München gelebt und dort hat man mir den Österreicher, den Ösi, immer angemerkt. Ich habe mich um eine Vermischung bemüht. Einige Dialektgedichte sind bairisch-österreichisch. Es gehören ja beide Mundarten zusammen, wenn man „bairisch“ mit „ai“, also ohne „y“, schreibt. Es ist in München vorgekommen, dass die im Supermarkt mi ang´schaut hab´n, wenn i zwoa Fleischpflanzln g´sagt hab, nämlich zwa Fleischlabern. Als ob ich in einem südchinesichen Dialekt sprechen würd´.

[Lacht]

Ich hab´ mir gedacht, die spinnen! Das Bayrische hab ich nie wirklich erlernt.

 

Gehören Dreiviertel deines Herzens der Sprache?

 

Definitiv! Dreiviertel gehören der Sprache und das andere Viertel dem Rotwein!

 

Deine Frau kann uns soeben nicht hören, aber was sagt sie als deine Gattin dazu?

 

Dreiviertel ihres Herzens gehören der Bildenden Kunst und ein Viertel dem Weißwein. Wobei es eigentlich der Rotwein wäre, aber die Histamine verursachen bei ihr am nächsten Tag Niesen und daher muss sie zu ihrem Bedauern als Rotweintrinkerin Weißen trinken.

 

Welches Wiener-Viertel behagt dir besonders?

 

Zurzeit Ottakring, weil das Brunnenmarkt-Viertel jene Gegend ist, wo meine Eltern ihr Lebensmittelgeschäft gehabt haben. In Meidling bin ich aufgewachsen, aber in Ottakring kam es zu einem Aufschwung, dort hat sich viel geändert. Das Geschäft meiner Eltern war in der Yppengasse, die zum Yppenmarkt führt, wo damals ein Großhandelsmarkt war. Zu meinen Oldies kamen die Greißler, kauften ein, bevor sie ihr eigenes Geschäft aufgesperrt haben. Mir wurde bald klar, das ist keine Hack´n für mi. Meine Eltern sind um vier Uhr aufg´standen und haben um fünf die Bude aufg´sperrt. Ich finde vier Uhr ist eine gute Schlafenszeit und keine Aufstehzeit!

 

Gibt es oder gab es im 16. Bezirk eine rassistische Radikalisierung?

 

Es hat sich dort eine Multi-Kulti-Gesellschaft etabliert, mit der ich keinerlei Probleme habe. Ein Taxler hat mal zu mir gesagt: „Kann man dort überhaupt leben? Lauter Ausländer.“ „Ich weiß nicht, woher Ihre Vorfahren kamen, aber meine kamen aus Tschechien, als das noch zu Österreich gehörte.“ Ich habe ihm kein Trinkgeld gegeben und er hat gewusst, warum.

Das Restaurant „Kent“ zum Beispiel hat eine Vorreiterrolle gespielt. Es war ein türkisches Beisl, in das sich die Leute zuerst nicht hineingetraut haben. Bis sie merkten, da gibt es keine Probleme. Das Lokal war anfangs 24 Stunden geöffnet und bot warme Speisen spottbillig an. So kamen vor allem junge Leute. An einem Tisch saßen die Türken und spielten, z.B. Backgammon und daneben saßen eventuell zwei österreichische Frauen ohne männliche Begleitung. Diese wurden aber nicht angepflaumt. Heute ist die Gegend um den nahe gelegenen Brunnenmarkt, der immer schon in ausländischer Hand war, absolut multi-kulti.

 

In türkischer Hand?

 

Nein, nicht immer, vorher, also nach dem Zweiten Weltkrieg, in bulgarischer! Es gibt wie überall auch ein paar Trotteln und vernünftige Leute. Die Bulgaren haben den Österreichern gezeigt, wie man Gemüse am besten anbaut. Bei den türkischen Marktstandlern kann man das Obst und Gemüse angreifen und in das Sackl tuan.

 

Bei den österreichischen nicht?

 

Es gibt keine österreichischen mehr, sondern nur türkische! Eine Frau, die ich dort interviewte, meinte, seit ihr Mann gestorben sei, müsse sie um sechs Uhr aufstehen, aufsperren und alle Kisten selber tragen, dann wieder abbauen. Dies sei ihr zuviel. Bald werde ein Türke auch ihr Geschäft aufkaufen, denn die türkische Familie hat fünf bis sechs Leute, die sich abwechseln können. Und wie gesagt, kann man bei ihnen das Obst mit der Hand aussuchen und bei den österreichischen Marktständen war das verpönt. Bei denen wird keiner kaufen wollen, auch wenn sie sich noch so lautstark beklagen, dass ihnen die Türken das Geschäft wegnehmen! So einem sagte ich einmal, ich war sogar per Sie mit ihm: „Zu Ihnen wird keiner kommen und kaufen, Sie werfen einen halb gefaulten Paradeiser ins Sackl!“

 

Auch St. Pölten hat Vierteln, sogar ein Marktviertel. Hast du zu irgendeinem Viertel einen besonderen Bezug?

 

Eigentlich am ehesten zum Regierungsviertel! Dort bin ich immer wieder. Kenne mich bestens aus.

 

Früher hatte das Podium noch ein Büro in St. Pölten am Rande des Regierungsviertels und wir zwei haben die gemeinsame Hauptstadt-Lesung zwischen dem Podium, Literaturkreis Neulengbach, und der LitGes St. Pölten aus der Taufe gehoben.

 

Ganz genau, vor fünf, sechs Jahren. Geboren wurde die Idee aus den Viertels-Lesungen. Ich dachte, die Hauptstadt ist an sich ein Viertel. Dorthin gehört auch das Podium. Am genialsten finde ich punkto Regierungsviertel die Bezeichnung „Neue Herrengasse“. Denn als die NÖ Landesregierung noch in Wien war, war sie in der Herrengasse und nach dem Umzug nach St. Pölten in der „Neuen Herrengasse“. Das bezeichne ich als schöpferische Großtat! Da ist den Herrschaften genial viel eingefallen! Da werden sie wochen- oder monatelang gesessen sein und gegrübelt haben!

 

Umgekehrt sind immer noch wie damals, als wir nicht Landeshauptstadt waren, viele literarische Veranstaltungen, z.B. des St. Pöltner Residenz Verlages, in Wien in der Herrengasse.

 

Weil der Besucherzustrom in St. Pölten oft an den Fingern einer Holzfällerhand abzählbar ist. Und weil Niederösterreich noch immer Wurzeln in Wien hat, trotz der Trennung von Wien, ich glaube, das war anno 1923, als Niederösterreich ein eigenes Bundesland wurde. Jetzt hast du es klar erwiesen, dass ich schon wieder schulmeistere.

 

Da musst du dich ja heute über den zahlreichen Besuch deiner Lesung freuen!

 

Ja, eine wohlwollende, großartige Ausnahme! Und das liegt an Ingrid Reichel.

 

So wie damals in der Schupfengalerie in Herzogenburg!

Ist in kleineren Orten entweder die Information besser oder kein so dichtes Programm, heute zum Beispiel war in St. Pölten um 11 Uhr die LitGes-Heft-Präsentation „Schleim“ mit Lesung Stefan Slupetzkys im Cinema Paradiso, um 14 Uhr der Literarische-Spaziergang des Stadtmuseums und nun um 17 Uhr deine Lesung?

 

Es hängt natürlich in erster Linie von der Persönlichkeit eines Veranstalters ab, der sich im Laufe der Zeit ein Stammpublikum heranzieht.

 

Wie lange gibt es deiner Meinung nach die Literarische Gesellschaft St. Pölten schon?

 

Auch sehr lange! 30 Jahr oder so. Uns, das Podium, gibt es bald 40 Jahre! – Aber wieso sage ich noch immer „uns“? Vielleicht eine Parallele, vergleichbar damit, dass noch immer in der Herrengasse niederösterreichische Veranstaltungen abgehalten werden. Ja, die Wurzeln…

 

Eigentlich tragt ihr Neulengbach im Namen. Warum heißt es immer noch: „Podium, Literaturkreis Schloss Neulengbach“?

 

Die Gründung war in Neulengbach, weil eines der Gründungsmitglieder, Peter Müller, der damals im Denkmalamt arbeitete, schon vor langer Zeit gestorben, Neulengbacher war. Längst könnte man diesen Zusatz streichen, was ich auch überlegt und vorgeschlagen habe, als ich noch Obmann des Podiums war. Wir bekamen von Neulengbach weder Subventionen noch werden wir zu einer Lesung eingeladen!

Im vorigen Jahrhundert fand dort im Schloss mal die eine oder andere Veranstaltung statt. Sogar ein Symposium. Nur mehr „reifere Jahrgänge“ können sich daran erinnern. Die anderen sind verstorben. Das Podium ist inzwischen das „Podium“ – ohne Neulengbach und ohne Schloss. Jetzt wird die Elfriede Bruckmeier gleich über mich herfallen und widersprechen, dass sie doch einmal im Jahr eine Podium-Lesung in Neulengbach organisiert. Da falle ich zurück und antworte: „Sehr billig für die Gemeinde. Eine Okkasion für den Literaturschluss-Verkauf. Schluss mit Schloss, dafür Lengbacher Saal.“ Ob die Miete geschenkt ist, weiß ich nicht, aber wegen zwei- oder dreihundert Euro haut es mich trotzdem nicht vom Hocker. Ich erinnere mich, dass wir zu meiner Zeit als Obmann für das Putzen des Saals bezahlt haben.

Hätte die Stadtgemeinde vermutlich in den finanziellen Ruin gebracht.

 

Und dann haben sie dich gestrichen?

 

Nein, nicht gestrichen! Ich bin gegangen, hab´ mi g´schlichen. Nicht „still und leise“, aber dennoch. Bin als Obmann zurückgetreten.

Ich war nicht „amtsmüde“, wie manche mir unterstellt haben, sondern war schlicht und einfach „ang’fressen“! Lieber trink i mei Viertel allein oder hock mit Freunden beim Heurigen. Frei nach dem Wiener Bürgermeister Lueger sag ich: „Wer a Freund is, bestimm i.“ Gewisse Dinge wollt’ i nimmer mittragen, net mitspielen, was mir net passt!

 

Nicht einmal zu einem Viertel!

 

Nicht einmal zu einem Viertel und auch zu keinem Achtel! – Prost, liebe Eva!

 

Manfred Chobot:

Geb. 1947 in Wien. Studium der Kulturtechnik . War Herausgeber der Reihe „Lyrik aus Österreich“. Red. der Literaturzeitschrift „Podium“ (1992 bis 1999) und „Das Gedicht“ (1999 bis 2002). Vorstandsmitglied der GAV, IG-AutorInnen und der europ. AV „Die Kogge“. Zirka 50 Hörspiele und Features, zahlreiche Preise und Stipendien. Zuletzt erschienen: Blinder Passagier nach Petersburg. Essays. ex liszt, 2009; Genie und Arschloch (Hg.). Molden, 2009; Reise nach Unterkralowitz. Roman. Limbus, 2009. (Siehe Rezensionen) mehr...

Manfred Chobot: Wer a Feind is, bestimm i. Eva Riebler

Eva Jancak: Von Wien nach St. Pölten. Robert Eglhofer

 

 

 

 

 

Eva Jancak
VON WIEN NACH ST. PÖLTEN

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eva Jancak, Wiener Psychologin und Psychotherapeutin, ist Autorin von etwa 20 Romanen und den Mitgliedern der Litges St. Pölten keine Unbekannte. In letzter Zeit hat sie sich mit ihrem Literaturblog literaturgefluester.wordpress.com wieder deutlich in Erinnerung gerufen. Robert Eglhofer interviewte sie am 05.01.2010 in ihrer Praxis in Wien Margareten.

 

Du bist Wienerin, hast aber einen starken Bezug zu St. Pölten. Warum?

 

Ich habe einen Nebenwohnsitz in Harland (Anmerkung: Stadtteil von St. Pölten) Mein Mann ist in St. Pölten aufgewachsen und zur Schule gegangen. Wir haben eine Wohnung im Hause seiner Eltern. Als unsere Tochter klein war, haben wir eine Zeit lang dort gewohnt und sind nach Wien gependelt. Jetzt sind wir nur mehr im Sommer und an den Wochenenden dort.

 

Manche Menschen halten St. Pölten für touristisch uninteressant. Du fährst weiterhin gerne her. Warum?

 

Das Haus meiner Schwiegereltern liegt an der Traisen. Dort nutze ich die ausgedehnten Radwege. In Harland sitze ich auf der Terrasse mit Blick in den Garten und schreibe. Das ist ein wunderbares Feeling. In die Stadt fahre ich hauptsächlich zum Markt auf den Rathausplatz und in die Thalia Buchhandlung. Ich arbeite im Sommer zwei Tage in meiner Praxis als Psychotherapeutin in Wien, den Rest verbringe ich meist in Harland, mache Sommerfrische und Schreiburlaub.

 

Gibt es noch andere Ausflugsziele?

 

Am Wochenende wandere ich mit meinem Mann oft auf die Rudolfshöhe oder wir fahren mit dem Rad nach Herzogenburg, Traismauer und an die Viehofener Seen.

 

Wie weit bist du vertraut mit der St. Pöltner Literaturszene?

 

Da ich in Wien lebe, kenne ich mich in der Wiener Szene besser aus. Dort gibt es auch mehr Möglichkeiten zu literarischen Veranstaltungen und eigenen Lesungen. In den 90er-Jahren, als wir in St. Pölten wohnten, lernte ich auf einer Regionalversammlung der IG Autoren Niederösterreichs Doris Kloimstein kennen. Dann auch Günther Stingl und Alois Eder, Letzteren bei einer literarischen Veranstaltung in Wien.

Manfred Wieninger wurde damals bekannt. Einmal hätten wir eine gemeinsame Lesung gehabt, die er allerdings absagte, so las ich alleine und hatte nicht viel Publikum.

Längere Zeit hatte ich wenig Kontakt zu den St. Pöltner Literaten, nur hin und wieder traf ich Zdenka Becker und Doris Kloimstein. Jetzt gibt es durch dich wieder mehr Kontakt, durch meinen Blog bin ich auch auf Cornelia Travnicek aus Traismauer gestoßen, deren Schreiben ich interessiert verfolge.

 

Und die Osterspaziergänge?

 

Vor Jahren war ich einmal dabei. An den letzten beiden Osterspaziergängen haben wir gemeinsam teilgenommen. Hingekommen bin ich, glaube ich, durch Doris Kloimstein und Alois Eder.

 

Unser etcetera ist dir auch vertraut?

 

In einer der ersten Ausgaben erschien ein Text von mir. (Der Schokoladewettbewerb). Hin und wieder habe ich die Zeitschrift gelesen. Das letzte Heft (Litarena) hat mir sehr gut gefallen. Nicht nur die Jungautoren des Wettbewerbes, sondern den gelungene Querschnitt durch den etablierten Literaturbetrieb fand ich faszinierend. Das ist sicher eine interessante Literaturzeitschrift.

 

Von der St. Pöltner Literaturszene zu deinem eigenen literarischen Schaffen.

 

Ich schreibe seit 36 Jahren, seit meiner Matura, und zwar vorwiegend realistische Prosa, Erzählungen und Romane. Durch den “Arbeitskreis schreibender Frauen”, an dem ich von 1979 bis 1983 teilnahm, bekam ich Kontakt zum Literaturbetrieb und habe beispielsweise Marie Therese Kerschbaumer, Christa Stippinger, Elfriede Haslehner, Erika Danneberg, El Awadalla dort kennengelernt und begann auch meine Texte an Literaturzeischriften zu schicken. Im “Wespennest” hatte ich 1988 nach meinem GAV-Eintritt einen Text, aber auch in der Rampe, Podium, Wortbrücke etc. Mein Roman „Hierarchien oder Kampf der Geräusche“ ist 1990 in Jack Unterwegers Edition Wortbrücke erschienen.

Seit 1986 bin ich Mitglied in der GAV (Anmerkung: Die Grazer Autorinnen Autorenversammlung mit dem Sitz in Wien wurde 1973 in Graz als Gegenpol zum österreichischen P.E.N.-Club gegründet).

 

Realistische Prosa heißt Romane und längere Erzählungen, soweit ich mit deinen Büchern vertraut bin. Was ist dein inhaltlicher Schwerpunkt?

 

Ich bin sehr sozialkritisch und siedle meine Handlung oft im Wiener Alltagsmilieu an, befasse mich mit Randgruppen, Außenseitern, Menschen in Ausnahmesituationen etc. In meinem letzten Roman „ Die Radiosonate oder das einsame Jahr“, aus dem auch im ORF gelesen wurde, geht es um die Rahmenhandlung einer erfolglosen Autorin, die einen Roman über eine Frau schreiben will, die so depressiv und einsam ist, dass sie nur noch Kontakt zu zwei Radiomoderatorenstimmen hat, außerdem kommt noch ein tschetschenischer Asylwerber vor, der eine verloren geglaubte Mozart-Sonate von Grosny nach Wien bringt und dadurch die Wiener Musikszene durcheinander wirbelt.

 

Wie veröffentlichst du deine Erzählungen?

 

Es ist nicht so leicht, einen Verlag zu finden. Da mir das nach den „Hierarchien“ nicht mehr wirklich gelungen ist, brachte mich mein Mann auf die Idee, die Bücher selbst im Digitaldruckverfahren herauszubringen. 19 solche Bücher sind bis jetzt erschienen: Books on demand.

 

Von welcher Auflagenzahl und von welchen Kosten sprechen wir da?

 

Das ist relativ billig. Bei einer Auflage von 50 Exemplaren kostet das Buch zwischen fünf und zehn Euro, je nach Umfang. Das sind die Kosten für die Druckerei. Einige Exemplare gehen weg für Rezensionen, zwei trage ich in meiner Handtasche und zeige sie her. Bei Lesungen lege ich sie auf und ich stelle sie auch ins Internet. Von Verkauf kann man bei dieser Auflagezahl kaum sprechen. Die Bücher sind eher dazu da, mein Schreiben zu dokumentieren.

 

Was sind die Nachteile?

 

Zuerst die Vorteile: Man wird nicht von einem Zuschussverlag ausgebeutet. Bei den Kleinverlagen hat man auch oft wenig Kontrolle und die Abrechnung ist nicht immer durchschaubar. Da mache ich es gleich selber, behalte die Kontrolle und kann es machen, wie ich es will.

Zu den Nachteilen zählt, dass der Literaturbetrieb sehr überheblich auf Publikationen im sogenannten Eigenverlag reagiert und sie nicht zu Kenntnis nimmt. Ich gebe aber nicht auf. Bei den Textvorstellungen in der Alten Schmiede gibt es keine Probleme und ich habe inzwischen auch Rezensionen und manchmal eine Radiosendung.

 

Du organisierst auch eigene Veranstaltungen...

 

Die GAV gibt Gelegenheit dazu. Längere Zeit organisierte ich die Lesungen zum „Tag der Freiheit des Wortes“, der an den 10. Mai 1933, den Tag der Bücherverbrennungen durch die Nazis, erinnert, aber auch generell auf Unfreiheit und Unterdrückung hingewiesen wird. Seit einigen Jahren veranstalte ich eine Lesereihe “Die Mittleren - Literatur von Frauen“, bei der ich nach und nach die Frauen vorstelle, die ich im Laufe meines literarischen Lebens kennengelernt habe. So habe ich zum Beispiel mit Marlen Schachinger, Elfriede Haslehner, Judith Gruber Rizy, Erika Kronabitter, El Awadalla gelesen. Die nächste Lesung ist mit Ruth Aspöck, Cornelia Travnicek, Andrea Stift und Susanne Schneider geplant.

 

Von deinem literarischen Internetblog war schon mehrmals die Rede. Wie bist du dazu gekommen und wie handhabst du ihn?

 

Ich verfolge seit längeren die Lesungen zum Ingeborg Bachmann-Preis im Internet und habe bemerkt, dass schon in den Pausen die ersten Kommentare dazu in diversen Blogs auftauchen. Mit Hilfe meines Mannes habe ich dann meinen eigenen Blog eröffnet (literaturgefluester@wordpress.com). Ich besuche viel literarische Veranstaltungen, lese einiges und weiß viel über den Literaturbetrieb, so stelle ich fast jeden Tag einen Artikel darüber ins Netz. Weiters ist das auch eine gute Möglichkeit, über das eigene Schreiben zu berichten und interessante Leute kennen zulernen. Durch die Möglichkeit per Mausklick gleich einen Kommentar abzugeben, kommt viel Kommunikation zustande. So habe ich z. B. Cornelia Travnicek durch meinen Blog kennen gelernt und verfolge auch ihren mit Interesse.

 

Kannst du uns vielleicht ein Beispiel geben?

 

Als ich wieder einmal in Harland war, schrieb ich einen Blog über Sommerfrische. Ich dachte: Schau dir den Residenzverlag an. Da ging ich durch den Stadtwald, den ich von einem Osterspaziergang kannte und stand auf einmal vor der Mülldeponie. Das NÖN Pressehaus steht auf einem freien Feld, vor dem Portal rauchten ein paar Männer und ein Schild mit „Unbefugten ist der Zugang verboten“, gab es auch. Das habe ich in meinem Blog beschrieben und erhielt am nächsten Tag einen Kommentar von Herbert Bitsche, dem Leiter des Residenzverlages.

 

Warum ich zur letzten Frage nicht mehr kam, steht im folgenden Ausschnitt aus Eva Jancaks Blog vom 05.01.2010.

 

Mein erster Erwerbsarbeitstag im neuen Jahrzehnt hat mit einer literarischen Begegnung begonnen, ist doch zu Mittag Robert Eglhofer mit seinem Aufnahmegerät gekommen und hat mir vorher die entsprechenden Fragen durchgegeben. Wie ich zu St. Pölten und der literarischen Gesellschaft stehe? Was es über meine Bücher und das Literaturgeflüster zu sagen gibt? Zu den Zukunftsaussichten sind wir dann nicht mehr gekommen. Da stand schon die nächste Klientin im Wartezimmer, was aber nichts machte, denn über Zukunftsaussichten lässt sich nur bedingt Auskunft geben.

Von meiner Seite ist es zwar einfach: Ich werde schreiben, solange ich kann und mir was einfällt, von der anderen ist es schwieriger...

 

Danke, liebe Eva, für das Interview. Wir wünschen dir weiterhin alles Gute, vor allem, dass die andere Seite zu der dir gebührenden Einsicht kommt.

 

Eva Jancak:

Geb. 1953 in Wien, dort Psychologiestudium . Seither als Psychologin und Psychotherapeutin tätig. Lebt zeitweise auch in Harland/ St. Pölten. Schriftstellerische Arbeiten seit 1973 (Erzählung, Novelle, Roman). Seit 1987 freiberufliche Tätigkeit. Seither auch Mitglied bei der GAV. Kinder- und Jugendbuchpreis der Stadt Wien 1982, Theodor-Körner-Preis, 1988 „Hierarchien oder der Kampf der Geräusche”, Roman 1990, Edition Wortbrücke, seit 1999 Herausgabe des unveröffentlichten Gesamtwerkes im Digitaldruck, zuletzt “Das Haus” 2009. mehr...

Eva Jancak: Von Wien nach St. Pölten. Robert Eglhofer

Bernd Damovsky: Kunst der Vergänglichkeit. Ingrid Reichel

 

 

 

 

Bernd Damovsky
KUNST DER VERGÄNGLICHKEIT

 

Seit 19 Jahren verbindet Batya Horn in einer kleinen Seitengasse - der Salvatorgasse 10 - in der Wiener Innenstadt Literatur, Bildende Kunst und Musik in ihrer Edition Splitter und Galerie Splitter Art. Bücher, Lesungen, Ausstellungen und Musikveranstaltungen fügen sich hier zu einer natürlichen Symbiose. Es ist das Lesen, das Schauen und Hören, diese Gleichzeitigkeit an Sinneswahrnehmungen, die Ingrid Reichel immer wieder in diese kleine Galerie im 1. Bezirk, am Rande allen Trubels, der VIPs, Jetsetter und Adabeis führt.

 

Der deutsche Bühnen- und Kostümbildner Bernd Damovsky vereint nicht nur in seinem Beruf, sondern auch als Mensch und Künstler die Kriterien der Sprache, der Musik und des Bildes. Seine bildnerischen Arbeiten wurden erstmals in Österreich ausgestellt.*

Zur Ausstellungseröffnung am 06.12.09 kam Bernd Damovsky am Vortag aus Berlin angeflogen. Mitten in den letzten Vorbereitungen sprach Ingrid Reichel mit dem außergewöhnlichen Künstler in der Galerie. Keine Atmosphäre der Hektik, sondern der Gemütlichkeit, der Besinnung erfüllte den noch nicht ganz fertigen Ausstellungsraum.

Dennoch, leicht macht es einem der sich selbst „ Sonntagsmaler“  nennende Damovsky nicht. Seit 2003 ist die Bühne der Deutschen Oper Berlin sein Berufsfeld. Privat drückt er sich künstlerisch ganz anders aus. An der Wand sechs Ölbilder. „Logbilder. Flüchtige Kartographie von Sehwegen“ von satten Farben und virtuosem Pinselstrich ergeben aus der Abstraktion eine Flut an Informationen für den Betrachter und ermöglichen ihm, seine eigene bildnerische „Wahrheit“ zu sehen. Verzerrte Figuren ringen mit Grimassen, schweben in einem luftleeren Raum. El Greco- und Bacon-Erscheinungen, Himmel und Hölle, Antike und Christentum kämpfen um ihre Existenz. Am Boden: mutwillig aufgelegte, gesammelte, kartonierte „kleine graphische s/w-Momentaufnahmen, in denen sich oft minimale Bewegungen,`“ Kopf- und Muskelreflexe“, in zeichenhafte Bildsprache übersetzen“. Welche Diskrepanzen sich von einer großen Bühne zu einer kleinen Ausstellungsfläche ergeben, welche Gedankengänge und welche privaten Anliegen damit verknüpft sind, dem ging Ingrid Reichel nach.

 

 

Das Bühnenbild ist eine Form von Kunst, die aber nach dem Stück wieder abgebaut, möglicherweise auch zerstört wird.

 

Es gibt Häuser, wie die Deutsche Oper Berlin,  in denen Stücke seit 30 Jahren auf dem Spielplan stehen. Wir haben da noch Bühnendekorationen aus den 60ern. An einem normalen Stadttheater ist es so: Wenn ein Stück zwei Spielzeiten überlebt, ist es schon viel. Dann sind sie aber auch 30-mal gespielt worden. Es gibt aber auch Uraufführungen, die werden nur 4-mal gespielt, werden abgesetzt und wieder verschrottet.

 

Aber immerhin wird es dokumentiert.

 

Heutzutage gibt es Videoaufnahmen. Falls man das Stück wieder aufnehmen möchte oder für eine mögliche Fernsehübertragung. Aber sonst ist es eigentlich nicht üblich. Da guckt man als Bühnenbildner dann manchmal zu, wie seine Arbeiten zerkloppt werden und im Container landen.

 

Menschen fragen immer wieder: Tut das nicht weh, wenn zuerst etwas geschaffen und anschließend wieder zerstört wird?

 

Ich habe damit kein Problem. Ich habe auch von mir selber viele Sachen zerstört, verbrannt und habe dann gedacht: Hebe die Asche wenigstens auf. Habe ich auch gemacht und dann  gedacht,  wirkliche Größe ist, die Asche auch noch wegzuwerfen.

 

Sie haben in Stuttgart Bildhauerei bei Rudolf Hoflehner studiert. Wie kommt man da zur Bühne?

 

Ich wollte anfänglich auch Bühnenbild studieren. Doch aus verschiedenen Gründen habe ich mich für Bildhauerei entschieden. Eigentlich interessierte ich mich damals schon mehr für Aktionskunst. Ich habe einen Steinbruch gemietet, wo ich mit einem Vorschlaghammer immer nur auf die Steine gehauen habe. Das war für mich damals „Kunst nach 1945“. Man hat sich halt als Student der 70er Jahre eher an Künstlern wie Marcel Duchamp & Co orientiert. Angesagt waren Happenings und Aktionskunst. Der große Oberkünstler  war für mich Josef Beuys.

 

Warum sind sie nicht zu Beuys gegangen?

 

Ich glaube der hatte damals schon zu lehren aufgehört. 1975 war ich auf  der “Documenta“, da hatte Beuys gerade diese 100 - Tage Akademie abgehalten. Damals habe ich einen Tesa-Film über ihn gedreht. Ich habe mir aus Tesa-Rollen eine Kamera gebaut und bin damit durch die Akademie gegangen und habe ihn „gefilmt“. Immer noch stolz bin ich darauf, dass der Meister, als er das sah, inne hielt, aufhörte zu reden und milde vor sich hinlächelte, bevor er seinen Vortrag fortsetzte. Das war für mich eine Art Initiationserlebnis. Natürlich habe ich auch brav am Aktzeichnen teilgenommen, was zum Bildhauerstudium gehörte.

 

Kommen wir zurück zur Vergänglichkeit, bzw. zur Kunst, die nicht für die Ewigkeit geschaffen ist. Ist das nun eine Frage des Gegenwartsbezuges oder war Kunst noch nie für die Ewigkeit da?

 

Ich glaube schon, dass klassische Bildhauer, die in Stein arbeiten, sich ein Material aussuchen, welches zumindest sie überlebt. Gestern habe ich einen Filmbericht über Stonehenge gesehen, wo man versuchte zu rekonstruieren, wie diese riesigen Menhire überhaupt errichtet werden konnten. Es wurde auch probiert, sie mit heutigen Werkzeugen zu bearbeiten. Das hat nicht funktioniert. Ich finde es faszinierend, dass die großen Steinplastiken der Megalithkulturen der Wissenschaft heute noch solche Rätsel aufgeben.

 

Haben Sie sich die Ölmalerei ausgesucht, damit sie Sie überlebt?

 

Nein.

 

Warum haben Sie dann Öl genommen?

 

Ich dachte: Wenn schon Farbe, dann Öl, weil die Ölfarbe eine stärkere Leuchtkraft hat als z.B. Acryl. Farbe ist für mich  etwas sehr Rätselhaftes. Malen ist ein sehr intimer Vorgang zwischen Augen, Kopf, Bauch, Farbe, Pinsel oder Finger und der Leinwand. Da ist kein Stück dazwischen, keine große Bühne. Am Malen interessiert mich hauptsächlich der Prozess und  nicht so sehr das Ergebnis.

 

Francis Bacon hat das einmal sehr schön beschrieben.

 

Francis Bacon ist ein gutes Stichwort. Als das Buch von David Sylvester mit  Bacon`s Interviews** damals in den 70ern herauskam, habe ich es wie viele andere verschlungen. Es war eine Sensation. Nachdem es lange vergriffen war, ist es, glaube ich, wieder neu aufgelegt worden. Es ist immer noch aktuell und spannend.

Ich fand interessant, wie jemand den Arbeitsprozess beim Malen als aufregenden, ja erotischen Vorgang beschreibt. Natürlich muss man auch dabei verzweifeln können. Anders als bei der Arbeit an einer Plastik aus Holz oder Stein kann man ein Bild aber jederzeit übermalen. Ich habe meine Bilder oft übermalt und dann hat meine Frau gesagt: „Um Gottes Willen, das war gerade so schön, und jetzt hast du es kaputt gemacht!“ Aber das fand ich nicht.

 

Wie ist das: Hat man früher von vorne bis hinten geplant? Oder ist die Behauptung: Künstler wüssten genau, wie das Endresultat eines Gemäldes ausschaut, ein Märchen? Ich frage, wenn es wirklich Kunst ist - und nicht irgendein Produkt der Vermarktung - kann es da überhaupt sein, dass der Künstler es fix in seinem Kopf haben will? Ist es nicht die Entwicklung, die den Anreiz gibt? Mit den eigenen Launen bekommt das Werk doch erst eine eigene Dynamik … und wird nicht starr.

 

Die Kommunikation zwischen Maler und Bild ist für mich das Reizvolle am Malen. Aber nicht unbedingt das Endergebnis. Es ist ja auch immer die Frage: Wann ist das Bild fertig? Es ist ein unbewusster Vorgang mit vielen Nebenaspekten, oft schwer in Worte zu fassen. Im Gegensatz dazu ist die Arbeit an einem Bühnenbild ein ganz anderer Vorgang, der strengen Gesetzen unterliegt. Da gibt es den Text des Stückes und die Musik, an denen man sich reiben muss, und die in Bilder umzusetzen sind. Beim Malen hingegen befindet man sich im offenen Raum, in einer Art Schwebezustand. Das kann sehr befreiend sein, aber auch beängstigend.

 

Doch sie entwerfen nach konkreten Gesichtspunkten. Sie haben vielleicht keine genaue Vorstellung. Da gibt es die Unschlüssigkeit der Betitelung der Werke. Sie haben vor der Aufzeichnung des Gesprächs von dieser Pinwand als Memento und Assoziationsstütze bei der Bühnenarbeit gesprochen. Die haben Sie ja auch beim Malen im Kopf.

 

Als Hinweis auf diese geistige Pinwand, die ich in diesem Fall von der Wand auf den Fußboden verlegt habe, bilden die auf Karton aufgezogenen SW-Fotografien eine Art Distanz oder Irritationszone. Obwohl der ganze Krempel, der sich im Kopf befindet und immer mitschwingt, einerseits anregt und etwas auslöst, andererseits auch blockiert und behindert, bekommt das Bild ein Eigenleben. Es soll auf keinen Fall die Illustration eines Themas sein. Gemälde sind etwas Organisches, wie Lebewesen. Jedes Bild ist eine Expedition in ein unbekanntes Land. Man begibt sich auf eine Reise, die in dem Bild festgehalten wird, und daraus entsteht etwas wie ein Logbuch.

 

Was bedeutet der Übertitel ihrer Ausstellung „Schweigendes Betreten“?

 

 

 

Es gibt ja das „Betretene Schweigen“. Natürlich hat das mit meiner Geschichte zu tun. Auf der Bühne wird gesprochen und gesungen, die Dinge werden verbal geäußert. Malen kann ich in der Stille.

 

Ein Bild kann schweigen, sich im Schweigen mitteilen. Es gibt Farben und Formen, aber keine Texte, keine Geschwätzigkeit. Im Grunde ist auch ein Bildtitel schon wieder eine Verbalisierung. Andererseits, wenn der Titel es schafft, Assoziationen zu erzeugen, die den Betrachter einladen, seine eigenen Phantasien einzubringen, ist eine zusätzliche Ebene gewonnen. Es gibt auch Künstler, die sich speziell des Textes in ihren Bildern bedienen. Ich denke z.B. an Anselm Kiefer oder Cy Twombly.

Auch für mich sind die mythologischen Erzählungen, die ja den großen Theaterstücken und Opern zugrunde liegen, Fundus und Inspiration. In meinen malerischen Arbeiten interessiert mich aber weniger deren Interpretation als die großen stummen Rätsel, die sie beschreiben, und die hoffentlich nie gelöst werden.

 

Dann tragen Sie ja zur Ewigkeit doch bei...

 

Mich fasziniert nicht die Ewigkeit, sondern die Vergänglichkeit. Die Naturprozesse. Das, was wächst, verwelkt, stirbt und wieder kommt. Der Prozess des Werdens und Vergehens, der vermutlich ewig ist. Ich glaube, dass es so einen ewigen Zyklus gibt. Was real ist, ist die Angst vor der Vergänglichkeit, vor dem Tod, vor dem Nicht-Mehr-Existieren. Das ist etwas, womit ich mich beim Malen beschäftige. Aber interessanterweise wird die Angst dabei nicht größer, sondern kleiner.

 

Sehen Sie darin einen Auftrag der Kunst?

 

Ich glaube, die Kunst hat den Auftrag, das Phänomen der Kreativität zu dokumentieren, das allen Menschen, vielleicht der gesamten Schöpfung eigen ist. Das ist eine gigantische Aufgabe. Vielleicht entdeckt die Menschheit doch eines Tages, dass jeder Mensch ein Künstler ist, zumindest sich kreativ betätigen kann.

 

 

Ich denke, das ist ein schönes Schlusswort. Danke für das Gespräch.

 
     
 

 

 

 

*Werkschau und Raum-Installation Bernd Damovsky: 07.12. 09 – 24.02.10 in der Galerie Splitter Art, Salvatorgasse 10/ Fischerstiege, 1010 Wien, www.splitter.co.at

 

**David Sylvester: Gespräche mit Francis Bacon. Erstauflage, London, 1975; Erweiterte Auflage, München, New York: Prestel, 1997. 220 S. Neuauflage 2009. 80 Farbabb., 116 s/w Abb.. ISBN 3-7913-4272-6

Originalausgabe: David Sylvester: The Brutality of Fact: Interviews with Francis Bacon. Thames & Hudson.

 

Bernd Damovksy:

Geboren 1953 in Fladungen/Deutschland. Studierte 1972 – 1978 Bildhauerei an der Akademie der Künste in Stuttgart beim österreichischen Staatspreisträger Rudolf Hoflehner. Seit 1984 Bühnen- und Kostümbildner, u. a. in Basel, Berlin, Bremen, Dortmund, München, Köln, Bonn, Freiburg und Hamburg. Zusammenarbeit mit Karl-Ernst Herrmann, Peter Stein, Jürgen Kruse und Claus Peymann sowie mit der Regisseurin und Intendantin Kirsten Harms in Kiel und an der Deutschen Oper Berlin.

Seine enge Zusammenarbeit mit Peter Stein fand ihren Niederschlag unter anderem in der legendären »Orestie« an der Schaubühne am Halleschen Ufer in Berlin. Künstlerisch und ästhetisch prägte er die Intendanzzeit von Kirsten Harms am Theater Kiel (1995–2003) und an der Deutschen Oper Berlin (seit 2003). Er zeichnet für zahlreiche Ausstattungen an namhaften Häusern in Hamburg, München, Freiburg und Dresden verantwortlich. Zuletzt wurde sein Bühnenbild für das Ballett »Krieg und Frieden« (Choreographie: Xin Peng Wang) am Theater Dortmund als »Beste Ausstattung des Jahres 2008« mit dem Kritikerpreis des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet. mehr...

Bernd Damovsky: Kunst der Vergänglichkeit. Ingrid Reichel