Ilse Kilic & Fritz Widhalm. Thomas Havlik

Ilse Kilic / Fritz Widhalm

DAS KUNSTDUO

 
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die etcetera Ausgabe LitArena 4 wurde illustriert von Ilse Kilic und Fritz Widhalm. Thomas Havlik besuchte die beiden im Fröhlichen Wohnzimmer“ Herbst 2009.

 

Liebe Ilse Kilic, lieber Fritz Widhalm, seit seiner Gründung 1986 ist „Das fröhliche Wohnzimmer“ zu einer renommierten und verdienstvollen Edition geworden, die zeitgenössische experimentelle Literatur verlegt. Was hat euch damals eigentlich dazu bewogen, dass ihr euch entschieden habt, selbst einen Verlag zu gründen? Gab es eine konkrete Initialzündung oder zum Beispiel bestimmte Erfahrungen mit dem herkömmlichen Literaturbetrieb, die dazu geführt haben? Wie lässt sie sich beschreiben, die „Verlagsgründungs-Legende“?

 

Es gab einfach eine Gruppe von AutorInnen, die regelmäßig zusammenkamen, um miteinander zu diskutieren und zu trinken. Und immer mehr kam bei uns das Gefühl auf, dass jene Texte, die wir gerne lesen und auch selbst schreiben, nicht allzu viel Platz in der so genannten „herkömmlichen“ Verlagsszene hatten. Und so begannen wir eben, mit dem Gedanken zu liebäugeln, selbst etwas auf die Füße zu stellen. Eine wichtige Bezugsperson war Christine Huber, die ja dann die edition ch gegründet hat. Unsere Haltung war und ist eine gegen „BestSeller“. Also: mehr Bücher, die von wenigen gelesen werden können, weniger Bücher, die von vielen gelesen werden sollen. Das klingt jetzt etwas verwirrend, ist aber eigentlich ganz einfach und setzt auf die Eigeninitiative der LeserInnen. Und wenn wir nun an den LiteraturVerlag der europäischen Wenigerheiten (EYE Verlag von Gerald Kurdoglu Nitsche) denken, so können wir hinzufügen, dass wir eben in gewisser Hinsicht für mehr Wenigerheiten und für weniger Mehrheiten sind.

 

Was hat sich seit damals in der Kleinverlagsszene geändert?

 

Insgesamt war es für uns sicher noch etwas leichter, Subventionen zu erhalten. Auch die Idee, eine „non-profit“ Initiative ins Leben zu rufen, war generell präsenter. Wir haben halt noch von der Aufbruchsstimmung der Siebziger Jahre profitiert, die ja sehr viel auf Do It Yourself, Mitsprache und kleinere selbstverwaltete Strukturen gesetzt hat.

 

Gab/gibt es editorische Vorbilder?

 

Es gab auf jeden Fall die „edition neue texte“ in Linz, gegründet von Heimrad Bäcker. Und in Wien natürlich die „herbstpresse“ von Werner Herbst und Gerhard Jaschkes „freibord“. Da sahen wir, ja, so etwas ist möglich, man kann Bücher machen, ohne dabei finanziell ganz Bankrott zu gehen, es gibt die Begeisterung für Texte und einen gewissen Zusammenhalt. Und als wir das erste Mal nach Mainz kamen zur Mainzer MiniPressenMesse sahen wir, dass es eine Vielzahl kleiner Editionen gab, zwei riesige Zelte voll „Wenigerheiten“.

 

Seit einigen Jahren gibt es auch „Das Glücksschweinmuseum & Wohnzimmergalerie - listig, programmatisch chaotisch, geordnet“ in der Florianigasse in Wien, in dem ihr eurer umfassendes Programm in den Bereichen Literatur, Kunst, Musik und Comic präsentiert. „Das fröhliche Wohnzimmer“: ein “Gesamtkunstwerk“? Gibt es innerhalb eurer eigenen Arbeitsweise Kriterien, nach denen ihr bestimmt, dieser oder jener Stoff eignet sich am besten zur literarischen, filmischen oder zeichnerischen Bearbeitung? Welche Rolle spielt der innerhalb avantgardistischer Traditionen wichtige Begriff des „Zu-Falls“ in der Auswahl des Mediums, in dem ihr eure Stoffe bearbeitet?

„Welche“ Ilse, „welcher“ Fritz schreibt am liebsten, und welche(r) dreht zum Beispiel einen Kurzfilm oder macht ein Hörspiel? Ist das eine reine Lustfrage oder geht die Antwort mehr in Richtung „aus dem Inhalt ergibt sich die Form“?

 

Nunja, Gesamtkunstwerk, das klingt jetzt etwas monumental, für uns ist es einfach eine Lebensform. Eine Form, unsere Kunst mit unserem Leben in Einklang zu bringen. Dabei geht es auch darum, dass wir selbst durch unsere Arbeit einen Erkenntnisgewinn haben, einen Lustgewinn natürlich auch.

Es gibt also eine kleine oder größere, inhaltliche oder formale Idee und aus dieser ergibt sich wiederum eine gewisse Arbeitsweise, mittels derer wir unser Thema, unsere Idee aus verschiedenen Blickwinkeln wahrnehmen und dabei unser Denken neu organisieren. Wenn man zum Beispiel ein gereimtes Gedicht macht und sucht einen Reim auf Hund, dann eröffnet dieser vielleicht auch eine neue Variante, wie man einen Hund sehen kann. Jede Form ist eine Art Einengung des Blickwinkels, eine Kanalisierung des eigenen Blicks, der dann vielleicht umso schärfer wird, eine Art Teleskop. Oder: Wenn man Wasser beim Fließen behindert, sucht es sich seine eigenen Wege. Aber das sind jetzt alles nur Näherungswerte für den Umgang mit Inhalt und Form, in Wirklichkeit sind diese beiden Begriffe überhaupt nicht zu trennen.

Oft wird eine Idee zuerst ein Stück Literatur, das dann wieder verfilmt und/ oder besungen wird, wobei die Idee natürlich nicht die gleiche bleiben kann. So ist z.B. der Comic eine besondere Art des Erzählens und schafft seine eigenen Wahrheiten, ebenso wie der Trickfilm. Zufall ist in diesem Zusammenhang ein unscharfer Begriff, natürlich gibt es ihn, nicht nur in der Kunst, auch im ganz normalen Leben ist er immer präsent.

Schon allein die Situation, in der wir zum Beispiel an unseren Schreibtischen sitzen, bietet viele Gelegenheiten für Zufälle, wie zum Beispiel das Läuten des Telefons oder das Auftreten eines Computerproblems, das Herumhüpfen der Wohnzimmerkatze oder ein Lied aus dem Radio. Andererseits sind manche dieser Zufälle eben auch in irgendeiner Weise von uns möglich gemacht, durch die Art, wie wir arbeiten. Zum Beispiel könnte das Telefon auch auf „stumm“ geschaltet werden und es ist nicht unbedingt notwendig, eine Katze zu beherbergen. Andere Zufälle wie zum Beispiel eine Krankheit oder ein Sturz von einer zusammenbrechenden Leiter ließen sich offenbar nicht verhindern und beeinflussen unser Leben und damit unsere künstlerische Arbeit, ob wir es wollen oder nicht. Natürlich kann auch jeder Tippfehler Auswirkungen auf den weiteren Verlauf eines Textes haben.

 

Wie seht ihr selbst die Entwicklung des „Fröhlichen Wohnzimmers“, was habt ihr erreicht und was hat sich womöglich anders entwickelt, als ursprünglich intendiert war? Ihr habt ja, so viel ich weiß, beschlossen, künftig keine Einzelpublikationen mehr heraus zu geben, sondern nur noch Anthologien ...

 

Die Entwicklung des Wohnzimmers – also was wir uns überhaupt nicht überlegt hatten, war, dass so ein Projekt ja gewissermaßen ein Lebenswerk ist, also dass es eben etwas ist, das mit den Jahren an Wichtigkeit gewinnt. Wenn man einen Kleinverlag macht, so ist das natürlich erst interessant, wenn ein paar Bücher erschienen sind – also, wenn man nach einem Jahr aufhört, dann ist es schade, weil das einfach viel zuwenig Zeit ist. Naja, und natürlich braucht man auch eine gewisse Zeit, um zu lernen. Also, das haben wir uns nicht überlegt, dass es heißen kann, dass wir gewissermaßen eine Lebensentscheidung treffen. Jetzt ist das glücklicherweise ja gut gelaufen und wir haben genug Energien gehabt für all das und sind gewissermaßen in das fröhliche Wohnzimmer hineingewachsen.

Und was uns anfangs natürlich auch nicht klar war, ist die Tatsache, dass man einfach nie alle Bücher wird machen können, die man machen will. Und dass es einerseits schön ist, wenn AutorInnen das Wohnzimmer als Fixpunkt sehen und sich auf uns verlassen, dass sie immer wieder was schicken können, also genau das, was wir uns selber wünschen als AutorIn: einen Verlag, wo du einfach willkommen bist.

Wenn aber zuviele AutorInnen auf eine so kleine Edition setzen, dann heißt das, dass wir überhaupt keine Möglichkeit mehr haben, etwas Neues zu entdecken, sondern dass wir einfach damit genug zu tun haben, unseren Fixsternen sozusagen immer wieder Platz anzubieten. Also, es muss einfach mehr kleine Verlage geben. Dass wir keine Einzelpublikationen mehr machen, hat aber auch damit zu tun, dass wir – nach immerhin zirka 80 Einzelpublikationen – einfach wieder mehr projektorientiert handeln wollten, also uns und unsere Ideen auch inhaltlich einbringen. Da gibt es dann eben Bücher zu verschiedenen Themen, wie eben jetzt das Buch „Arbeitstitel POP“.

 

„Ich möchte mit meinen Texten das private Glück als politische Größe definieren.“, steht in einer Sprechblase eines eurer Bilder, die ihr für diese etcetera-Ausgabe gezeichnet habt. Natürlich ist „Das Fröhliche Wohnzimmer“, beziehungsweise euer konsequent praktiziertes Vorbeiproduzieren am Mainstream per se eine Art „literaturbetriebstechnischer Haltung“. Ist es möglich diese zu definieren? Seit ihr jemals in eine Situation geraten, in der ihr sie beispielsweise gegenüber Subventionsgebern oder anderen Autoren nicht nur vertreten, sondern „verteidigen“ musstet?

 

Sicher wurden wir hin und wieder gefragt, warum wir das alles so und nicht anders machen. Ich glaube, im Grunde ist aber ganz klar, was wir meinen, zum Beispiel mit dem Satz vom privaten Glück als politischer Größe. Wir wollen einfach zeigen, dass eine andere Art von Denken und Wahrnehmen möglich ist.

In den siebziger Jahren hieß es, wenn man die Welt verändern will, kann man auch bei sich selbst anfangen. Und wir wollten eben sagen, ja, es ist möglich, dieses Leben so zu leben, dass man etwas für sich selbst und zugleich auch für andere macht. Es ist möglich, zu widersprechen und widersprüchlich zu sein.

Das ist an sich schon eine Stellungnahme gegen gesellschaftliche Zwänge wie zum Beispiel Konkurrenz und Leistungsprinzip.

Wir wünschen uns eben gesellschaftliche Bedingungen, die das „Glück“ leichter erreichbar machen für alle Menschen. Kurz gesagt: Eine andere Welt ist möglich, könnte möglich sein, sollte möglich sein.

 

Welchen Rat könntet ihr denjenigen geben, die sich entschließen, selbst einen neuen Verlag zu gründen? Insbesondere vielleicht: „Verlagsgründung in Österreich?“

 

Naja, also zuerst einmal muss man sagen, dass es eine feine Sache ist, bei der man viel lernen und Spaß haben kann, dass es aber schon auch eine Menge Energie kostet. Und man braucht auch ein Quäntchen Frustrationstoleranz, weil es einfach so ist, dass nicht alle Menschen, und auch nicht alle AutorInnen unheimlich nett oder kooperativ sind, manche aber eben schon. Ganz wichtig ist es, zu versuchen, ein Netzwerk aufzubauen, wobei das ganz schön anstrengend sein kann. Ich finde mittlerweile die Situation, dass jemand als AutorIn einen Kleinverlag macht, sehr gut, denn der oder die kann auch nachvollziehen, wie es einem Autor geht, wenn er z. B. keine Antwort bekommt.

Fairerweise sollte man also mit den AutorInnen so umgehen, wie man es sich selber wünscht. Bleibt zu sagen, dass wir als sozusagen alte Kleinverlagshasen uns wünschen, dass es mehr neue und jüngere Kleinverlagshasen gibt. Naja und zu hoch hinaus soll man vielleicht auch nicht wollen, erstens, weil das sowieso ein Blödsinn ist und zweitens, weil beide Beine am Boden doch auch ziemlich wichtig sind, wenn man stehen, gehen, laufen oder einen Luftsprung machen will.

 

Ganz herzlichen Dank für die Mühe!

 

Ilse Kilic:

Geb. 1958, lebt im Fröhlichen Wohnzimmer (www.dfw.at). Texte, Bilder und Töne.

Zuletzt erschienen: „Vom Umgang mit Personen“ (Ritter Verl., 2005); CD „Wenn ich ein Vöglein wär“ (dfw records, 2006), „Ach die Sprache“ (edition zzoo, 2006). Gemeinsam mit Fritz Widhalm Betreuung der Wohnzimmergalerie mit Glücksschweinchenmuseum in Wien.

 

Fritz Widhalm:

Geb. 1956, lebt in Wien. Text-, Bild- und Tonarbeiten. Zuletzt: „Pubertät mit Mädchen.

Visionen und Versionen“ (Edition ch, 2006); „Ich bin ganz normal. 12 Kilo danach.“ (www.fussnoten.org); Musikvideo „Quite Strange“ (wz-fi lm, 2006). Gemeinsam mit Ilse Kilic Film „Das Wandern“ sowie der bisher vierbändige hyperbiografische Entwicklungsroman. mehr...

Ilse Kilic & Fritz Widhalm. Thomas Havlik

Stefan Slupetzky: Den Lemming im Nacken. Martin Putschögl

 

 

 

 

Stefan Slupetzky
DEN LEMMING IM NACKEN

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Autor der beliebten "Lemming"-Kriminalromane, Stefan Slupetzky, spricht im Interview mit etcetera über Schubladen, aus denen er wieder heraus möchte, künftige Projekte und das Thema seines jüngsten Buches: den Lärm. Das Gespräch führte Martin Putschögl.

 

Herr Slupetzky, Ihr neuer "Lemming"-Roman "Der Zorn des Lemming" beginnt mit der Geburt des Sohnes von Lemming und Klara. Auch Sie selbst sind 2007 nochmals Vater geworden, da drängt sich die Frage auf, ob Stefan Slupetzky nicht zufällig auch einige von Lemmings Erfahrungen selbst gemacht hat?

 

Ja, und umgekehrt. Ich betone das immer wieder: Diese Wechselwirkung zwischen Fiktion und Realität funktioniert nicht nur in eine Richtung. Den dritten Band ("Das Schweigen des Lemming", Anm.) habe ich im April 2006 fertig geschrieben. Am Schluss wird Klara schwanger. Im September darauf hat dann auch meine Frau begonnen, Salzgurken zu essen (lacht). Es ist also wirklich so, dass das oft eine Wechselwirkung ist. Das bedingt auch meinen großen Respekt vor Dingen, die ich in meinem Privatleben vermeiden möchte. Im neuen Buch kommt ein kleines Kind, das noch nicht mal ein Jahr alt ist, auf sehr grausige Art zu Tode. Ich habe mit der Szene dann ganz bewusst gewartet, bis mein Sohn älter als ein Jahr war. Weil ich vermeiden wollte, dass es da auf irgendeiner Metaebene eine Kollision zwischen Fiktion und Realität gibt.

 

Das große Thema des Buches ist der Lärm. Auch das ist in gewisser Weise autobiografisch, denn Sie selbst mussten fünf Jahre lang einen Dachgeschoßausbau in Ihrem Wohnhaus erdulden.

 

Ja, ich musste zum Schreiben immer ins Café Luxor flüchten. Ich habe einen großen Innenhof, in den alle meine Räume hineingehen. Am anderen Ende des Hofes wird gerade wieder eine Wohnung renoviert. Die Handwerker kommen in der Früh um sieben, machen die Fenster auf und fangen an zu hämmern. Obwohl sie die Fenster auf der Straßenseite genauso öffnen hätten können. Aber sie öffnen die zum Innenhof. Mehrmals schon habe ich höflich gebeten, ob sie nicht auf der Straßenseite die Fenster aufmachen können. Und heute früh war das dann wieder so. Das hat dann schnell etwas sehr Demütigendes. Ich finde es entsetzlich, dass man sich da durch nichts geschützt fühlt.

 

Sind Sie da auch auf so Typen wie Hannes Gartner, den Immobilien-Hai in Ihrem Buch, gestoßen?

 

Also grundsätzlich sind alle Figuren immer ein Konglomerat aus teils erlebten und teils erfundenen Personen. Man nimmt hier ein Stück und dort ein Stück und schärft das Ganze dann. Exakt in dieser Form habe ich ihn also nicht erlebt.

Der Gartner ist für mich aber die Personifizierung dieses Undings, das da heißt: Profit machen und dafür anderen Leuten das Leben zu versauen. Von solchen Dingen höre ich auch im Freundeskreis immer wieder. Ein guter Freund von mir bewohnt beispielsweise mit seiner Familie einen alten Winzerhof. Dem haben sie jetzt daneben ein achtstöckiges Appartementhaus hochgezogen, und das gleiche soll auf dem Grund vor ihm passieren. Die Sonne ist weg, das alte Gemäuer ist von Rissen durchzogen, und seine Aussicht ist auch weg. Und das machen aber nicht Leute, die dort wohnen, sich wohlfühlen wollen, sondern das sind Leute, die einfach nur viel Geld aufs Konto haben wollen, und denen egal ist, wen sie damit behelligen.

 

Der neue Roman ist im Frühjahr erschienen, spielt aber im Jahr 2004. Auch im ersten "Lemming" gab es einen ähnlichen Sprung. Warum eigentlich diese zeitliche Differenz?

 

Den ersten Lemming habe ich schon 2000 oder 2001 geschrieben. Der Verlag, für den er eigentlich vorgesehen war, ein Kinderbuchverlag, der in den Erwachsenenbereich expandieren wollte, ist aber – damals zu meinem Entsetzen, jetzt zu meiner großen Freude – verkauft worden. Diese Pläne waren damit hinfällig. Die anschließende Verlagssuche hat drei Jahre gedauert. So ist der Zeitpunkt des ersten zu erklären.

Danach musste ich natürlich versuchen, die Chronologie des Leopold Wallisch (die Figur des "Lemming", Anm.) zu wahren, andererseits habe ich auch immer darauf geschaut, dass die Handlung zu einem Zeitpunkt spielt, an den ich mich noch gut erinnern kann. Ich nehme nämlich manchmal einfach auch Bezug auf real passierte Dinge. Das Erdbeben beispielsweise, das am Anfang des zweiten Romans – "Lemmings Himmelfahrt" – steht: Ich habe dazu recherchiert, zu welchem Tag und zu welcher Uhrzeit es im Wiener Becken ein Erdbeben gab – solche Dinge zu recherchieren, daran habe ich eine fast neurotische Freude. Im aktuellen Buch spielt der Tsunami in Südostasien im Dezember 2004 eine wichtige Rolle.

Beim Recherchieren ergibt sich oft aber auch so eine Art Wechselwirkung: Man hofft, dass dieses oder jenes vielleicht tatsächlich passiert ist, und recherchiert. Dabei kommt man aber auf ganz etwas anderes drauf, was die Handlung wiederum in eine bestimmte Richtung vorantreibt.

 

Wann schreiben Sie eigentlich? Gibt es eine bevorzugte Tageszeit?

 

Wenn ich wirklich mittendrin in einem Roman stecke, schreibe ich sieben Tage die Woche. Das heißt: Aufstehen, Kaffee kochen, Computer einschalten, los geht's. Mein Plansoll ist eine Seite am Tag. Das ist nicht gar so viel, aber ich bin da wahnsinnig penibel. Solange ich die eine Seite nicht erreicht habe, will ich nicht aufhören. Manchmal schaffe ich's trotzdem nicht, und das ist dann sehr unbefriedigend. Da sitze ich dann oft bis fünf oder sechs Uhr am Abend und quäle mich.

 

Werfen Sie dann am nächsten Tag üblicherweise auch wieder einiges weg?

 

Nein, das kommt eigentlich überhaupt nicht vor. Ich gehöre zu denen, die der Meinung sind, dass alles, was sie schreiben, perfekt sein muss. Ich gehe die Sachen auch danach nicht mehr durch. Es wird nichts mehr korrigiert oder verändert, wenn ich fertig bin. Trotzdem sagt mein Lektor: Wenn es lauter so Schriftsteller wie mich gäbe, wäre er arbeitslos.

 

Neben dem Lärm ist das Rauchen ein weiteres Thema im Buch. Auch hier fühlen sich Mitmenschen oft beeinträchtigt. Sie selbst sind Raucher, Sie rauchen auch beim Schreiben, und es scheint ganz so, als würde in einer bestimmten Szene, wo die Nichtraucher-Hysterie verteufelt wird, der Autor zu uns sprechen.

 

Ich finde den Vergleich zwischen Lärm und Rauch wunderbar, weil man daran gut erkennen kann, wie absurd und menschenverachtend sich diese Hysterie auswirkt. Ich bin kein Freund des Lärms und ich bin auch kein Freund lauter Musik; ich würde beispielsweise nie im Leben auf die Idee kommen, in eine Diskothek zu gehen. Ich würde deshalb aber auch nie auf die Idee kommen, Diskotheken verbieten zu wollen. Ich gehe nur einfach nicht hinein. Genau dieses Recht gesteht man den Rauchern derzeit zwar schon noch, bald möglicherweise aber nicht mehr zu. Nämlich jenes, dass sie sich unter ihresgleichen treffen und ohne auf der Straße oder im Regen frieren zu müssen miteinander ihrer Lust des Rauchens nachgehen können. Und das finde ich schon sehr hässlich. Es geht dabei nämlich nicht um den Schutz der Nichtraucher, sondern einfach um eine didaktische Maßnahme, die dem Volk verordnet wird.

Ich bin nun einmal Raucher, und ich bin keiner von denen, die sagen: Das ist so dumm, ich will's mir so gerne abgewöhnen, kann aber nicht. Nein, ich rauche gern! Und wenn ich im Konzentrationsprozess des Schreibens bin, dann stört das schlichtweg meine Konzentration, wenn ich zwischendurch nicht zur Zigarettenschachtel greifen darf.

Ich habe, wie schon erwähnt, neben meiner 20-jährigen Tochter auch einen zweijährigen Sohn, und ich weiß deshalb, wie wahnsinnig schwierig es ist, im Winter mit ihm irgendwo hineinzugehen. Deshalb bin ich auch damit einverstanden, dass es eine Ausweitung der Nichtraucherzonen gibt. Aber die Rigorosität, mit der das betrieben wird, ruft notgedrungen in mir einen Justament-Gegenstandpunkt hervor. mir scheint, es geht nicht um ein Miteinander und um Rücksichtnahme, sondern es geht echt um andere Dinge. Nämlich darum, zu sehen, wie weit man als Herrschender mit einem Volk gehen kann, wie viel sich die Leute gefallen lassen. Und sie lassen sich viel gefallen, sehr viel.

 

Glauben Sie, dass Sie als Schriftsteller was verändern können, die Leute in Ihrem Denken beeinflussen?

 

Ich glaube, dass es dem einen oder anderen, der dieses Problem auch hat, ganz gut tut, zu lesen, dass er nicht der einzige ist. Das stärkt einen ein bisschen, glaube ich. Hoffe ich. Man hat dann nicht das Gefühl, man sei krankhaft neurotisch oder überempfindlich, sondern man sieht, dass es sehr viele Leute gibt, die genauso denken. Oft genug werde ich ja auch wegen dieses Buches darauf angesprochen: "Ja, genau so ist es, genau das ist mir auch passiert!" Und das bestärkt dann natürlich auch mich in meiner Meinung.

 

Sie sind außerdem Kinderbuchautor und Illustrator. Fühlen Sie sich nach Ihrem Erfolg mit den Lemming-Krimis jetzt in der öffentlichen Wahrnehmung nicht ein bisschen reduziert auf den Krimi-Autor?

 

Das Etikett des Kinderbuchautors hat man gleich einmal auf sich draufpicken, und danach traut einem kaum noch jemand zu, auch Literatur für Erwachsene schreiben zu können. Weil das unausgesprochenerweise als weniger anspruchsvoll gilt. Ich hab's also geschafft, dieser Schublade zu entkommen, allerdings nur, um gleich in die nächste reinzurutschen. Ich habe ja auch schon Reisebücher gemacht, aber wahrgenommen werde ich als Krimiautor. Und ich find das auch irgendwie lustig, weil es Licht auf die Art wirft, wie unsere Gesellschaft mit Realität umgeht: Es muss alles einsortiert, eingekastelt und etikettiert werden.

 

Der erste "Lemming"-Roman, "Der Fall des Lemming", ist seit wenigen Wochen in den Kinos, mit Fritz Karl als "Lemming" und Roland Düringer als Bezirksinspektor Adolf Krotznig. Diesen gibt es im neuen Buch gar nicht mehr, weil Sie ihn schon davor "eliminierten". Haben Sie das beim Schreiben am vierten Roman bedauert?

 

Literarisch habe ich das überhaupt nicht bedauert, weil Krotznig für mich eine sehr eindimensionale Figur war. Er hatte wenig Facetten, war einfach nur grauslich. Und dementsprechend hat die Figur literarisch wenig hergegeben. Im Zuge der Drehbuch-Arbeiten hab ich das natürlich schon bedauert, weil doch die Hoffnung besteht, dass vielleicht auch der zweite "Lemming"-Roman verfilmt wird und eventuell auch der dritte. Und danach haben wir dann ein Problem, weil der Krotznig im Film natürlich sehr prominent ist.

 

Aus Lemming ist am Ende des neuen Buches ein Zornbinkel geworden. Wie geht es jetzt weiter? Sie haben bereits anklingen lassen, dass jetzt zunächst einmal Schluss ist mit dem Lemming …

 

Ich plane vorerst einmal nur, wieder einen Roman zu schreiben. Ob das Wort "Kriminal-" davor stehen wird oder nicht, das überlasse ich der Entwicklung der Geschichte, die ich ja noch nicht so genau kenne.

 

Aber jedenfalls ohne Lemming?

 

Ja. Ich denke mir nämlich, dass es einmal schon noch gehen muss, aus einer Schublade herauszukommen. Ich werde es zumindest probieren. Wenn es nicht klappt, werde ich vielleicht in ein paar Jahren reumütig beim Lemming anklopfen und ihn fragen, ob er bereit wäre, für einen weiteren Roman zur Verfügung zu stehen (lacht).

Wessen Lebensziel es ist, auf Altbewährtem herumzureiten und möglichst sichere Treffer zu landen, der sollte sich sowieso einen anderen Beruf suchen als den des Schriftstellers. Dass man Risiken eingeht, die Welt erforscht und Themen behandelt, die einen persönlich und menschlich gerade sehr interessieren, das ist ja der Reiz dieses Berufs. So in Serie ein Buch nach dem anderen im selben Schema herunterzuklopfen – da hätte ich ja gleich Buchhalter werden können.

 

Können Sie schon verraten, worum's in Ihrem nächsten Buch gehen wird?

 

Ich habe einen ganz groben Plot, oder vielmehr eine Grundidee, im Kopf. Da gibt's zwar Tote, und es geht auch um Investigation, aber es steht kein Verbrechen im Vordergrund. Mich interessiert etwas völlig anderes; nämlich ein Phänomen, das ich zunächst bei mir und dann in weiterer Folge bei einer ganzen Reihe meiner Freunde festgestellt habe, deren Väter verstorben sind: Dass es immer wieder Momente gibt, in denen die Fantasie einem vorgaukelt, der Vater hätte sein Ableben vielleicht nur vorgetäuscht. Einfach deshalb, weil man es nicht ertragen kann, dass dieser Mensch nicht mehr existiert. Und dann schlägt einem die Fantasie wirklich unglaubliche Kapriolen: Wie hätte er das bewerkstelligen können? Lebt er jetzt vielleicht in Chile als Schuster? Dieses Thema interessiert mich. Diese Unerträglichkeit, einen wichtigen, vielleicht den wichtigsten Menschen verloren zu haben, für immer. Und das hinzunehmen scheint den meisten Leuten nicht möglich zu sein.

 

Fürchten Sie eigentlich, dass Sie viele Leser wieder verprellen könnten, wenn Sie jetzt keinen "Lemming" mehr schreiben?

 

Nein, das fürchte ich nicht. Ohne jetzt überheblich sein zu wollen: Aber ich glaube, dass viele Leute, die die Lemming-Romane schätzen, das nicht nur deshalb tun, weil hier Leichen, Morde und Aufklärungen stattfinden, sondern auch aufgrund des Stils, der Denkweise etc. Und den Stil und die Denkweise würde ich ja nicht ablegen.

 

Stefan Slupetzky: Geb. 1962 in Wien, studierte an der Akademie der bildenden Künste, unterrichtete danach ein Jahr lang Kunst- und Werkerziehung an einem Wiener Gymnasium und lebt heute als freischaffender Autor und Illustrator in Wien. Zuletzt erschienen: "Lemmings Zorn", rororo 2009 ( Zur Rezension). mehr...

Stefan Slupetzky: Den Lemming im Nacken. Martin Putschögl

Didier Goupil: La fin d'une révolution. Ingrid Reichel

 

 

 

 

Didier Goupil
LA FIN D’UNE RÉVOLUTION

 

Pour la traduction allemande de son livre «Castro est mort!» (éditions du Rocher, 2007) l’auteur Didier Goupil a fait une tournée en Allemagne et en Autriche. Elle a pris sa fin à Vienne dans la librairie tempo nuevo, Taborstraße avec une lecture franco-allemande avec l’écrivain et Ines Schütz, la traductrice de son roman. Ingrid Reichel a parlé avec ce français sympathique avant que la soirée ait commencé. Ils ont discuté de critiques, de clichés, du fait d’être emprisonné et de sa théorie que les livres devraient être plus minces que leur contenu. La critique du livre a été publié dans la magazine littéraire etcetera nr. 36/ Sprung.
A lire
içi: L'interview en allemand.

 

 

 

 

 

 

 

 

Vous avez eu de bonnes critiques françaises?

Françaises? Oui.

Vous connaissez les allemandes?

Un petit peu …

Elles étaient bonnes?

Elles viennent juste de sortir. J’ai lu essentiellement les critiques sur Amazon en particulier et il y a des choses intéressantes.

Moi, j’ai fait mes petits devoirs, en cherchant sur Internet et j’y ai trouvé surtout des critiques peu favorables.

Ah, c’est possible. Moi j’ai lu de bonnes critiques. Le petit reproche qu’il y avait c’est qu’il n’y a pas de lexique espagnol. C’est vrai, qu’on n’y avait pas pensé, aussi, parce que les mots espagnols sont intégrés dans la langue française.

Les critiques allemandes vous reprochent un manque de politique en face d’un trop en histoire.

(Il rit) … Mais, qu’est ce qu’il leur faut?

Trop superficiel, ils disent.

Chacun est libre de penser. Moi, je ne trouve pas. Le principe du livre est un récit roman.

Je suis allé trois fois à Cuba dans des conditions très particulières, c’est à dire en étant hébergé par des cubains et par des français qui vivent à Cuba depuis extrêmement longtemps, en même temps j’ai découvert une grande partie tout seul et que le but du jeu était de présenter un livre qui au fur et à mesure gratte un peu la façade, pour voir un peu ce qu’il y a derrière.

Votre opinion envers Cuba a-t-elle changé après vos voyages?

Jamais j’avais pensé aller à Cuba, donc ce n’était pas un désir, ce n’était pas un souhait, ce n’était pas un rêve. J’étais invité. J’y suis allé un peu par hasard. Je n’avais pas d’opinion précise avant de partir.

Il y a un Cuba extrêmement enchanteur, dans la beauté des ruines, dans la beauté tropical du pays, les gens, la musique, dans la beauté de tout ce qui fait tropique … les perroquets, les fruits, les couleurs, l’architecture espagnole mélangée avec l’architecture déjà un peu jungle. Cela est extrêmement saisissant. Et puis il y a un Cuba dégradé, un Cuba où les gens sont quand même un peu interdits de penser, de parler, de s’exprimer et d’entreprendre individuellement des choses. Donc c’est un mélange de ces deux Cubas là.

Mais en fait, ce sont des clichés …

Non! C’est la réalité. Le cliché n’est pas forcément la non-réalité. Le cliché est la simplification d’une réalité. Quand ont dit par exemple les français avec leurs baguettes de pains, c’est un cliché, mais c’est vrai! Les français mangent dix fois plus de pain que n’importe qui. J’ai mangé au restaurant hier soir à Vienne, il n’y avait pas de pain. En France ce serait impossible. Alors si vous dites en France on mange du pain, vous dites c’est un cliché, mais en même temps c’est la réalité. Donc la réalité à Cuba est que les gens effectivement aiment la musique, font de la musique … tout le temps, partout, nuit et jour, tout le monde, tout le monde, pas simplement dans les trois rues touristiques. Quand vous habitez dix kilomètres de la Havane le soir les gens du quartier font de la musique, le matin les gens font de la musique, à midi ils chantent, à 15 heures il y a une fanfare qui répète dans un parvis, quand les gens jouent au domino il y a toujours un qui chante à côté. Donc, c’est peut-être un cliché, mais c’est Cuba.

Il y a deux chapitres dans votre livre. Le contenu du premier, où vous même jouez le rôle du protagoniste, est que vous êtes invité à tenir un récit dans un centre de culture, et il y a un étudiant qui vous demande si vous allez faire un livre de Cuba pour raconter la vérité. Finalement vous restez un peu plus long et c’est qu’en rentrant en France que vous décidez d’écrire ce livre. Quelle était votre motivation?

Il n’y a rien de particulier. Ma première invitation à La Havane s’est réalisée à cause d’un ami qui s’y est installé. On en a parlé régulièrement cinq, six, sept, huit ans avant. Et puis un jour il est parti travailler à Cuba. Il m’a appelé. J’étais le voir. Il vit chez des habitants cubains depuis 15 ou 20 ans. Moi j’y ai passé un bon moment. Je suis revenu l’année suivante, j’ai été invité par l’ambassade de France à y présenter un livre que j’avais écrit sur le 11 septembre qui s’appelle „Le jour de mon retour sur terre“ (2003) Donc là, j’ai fait une conférence à la Havane pour faire station à Santiago, où bien j’avais passé dix jours à La Havane et dix jours à Santiago seul. A Santiago il y a quelques touristes, mais à part de cela il n’y a personne. J’y suis revenu en 2005 d’une manière plus touristique, en prenant une voiture et en faisant une tour de ville, tout en discutant avec les gens, en allant voir les villes, les lieux, les endroits, les concerts du soir, etc. Donc, il n’y avait pas de précautions, le livre s’est écrit au fur et à mesure. Et comme mon deuxième séjour a coïncidé avec une vague de répression dans l’île, et une vague de durcissement et que le hasard a fait que je suis arrivé au jour de l’arrestation, la durée de mon séjour a correspondu à la durée du procès. Quand je suis parti, les condamnations ont été annoncées. Voilà que je me suis attaché à un personnage qui est Raúl Rivero dans la réalité, donc je retrace sa vie en grande partie.

Mais vous, vous le laissez mourir ce personnage, ce poète à qui vous avez donné le nom Juan Valero …

Oui, parce qu’il a été forcé en exil. C’est une forme de mort quand même. Parce que maintenant il vit en Espagne. On lui a laissé le choix un moment donné soit de rester en prison, soit effectivement d’exiler. Vu son âge, sa famille, ses enfants, il a préféré partir en Espagne, ce que je comprends tout à fait.

Pour vous l’exil est une forme de mort?

Ah oui. Pour le livre c’était important que le personnage ne cède pas. Parce que certains personnages n’ont pas cédé. Par exemple Huber Matos, qui était un des premiers guérilléros avec Che Guevara et Castro. En 1959, devenu dissident il a été condamné à 35 ans de prison et il a fait 35 ans de prison. Il vit maintenant en Espagne, mais il a fait 35 ans. C’était un des premiers guérilléros, il était un des plus fidèles. Donc dans le livre c’était important, c’est un roman justement. C’est à la fois un récit, tout y est vrai, mais en même temps je me permets de tirer la vérité vers l’allégorie, vers la métaphore.

Il y a une critique, qui dit que ce ne sont pas quatre ans de service militaire à Cuba, comme il apparaît dans votre livre. Ce sont trois ans qui ont été réduits à deux ans maintenant.

Moi, je pense que ce sont quatre ans ...

Aujourd’hui en effet c’est deux ans… Au début de la révolution il durait quatre ans…

Vous avez recherché?

Oui, bien sûr. Tout est vrai.

Une autre critique se demande d’où vous avez toutes les informations, par exemples l’affaire d’échange de 20 000 médecins, dentistes et entraîneurs sportifs contre du pétrole avec le Venezuela? (Page 43)

AH, mais cela c’est Cuba. Ce sont des chiffres vérifiés de l’ambassade de France, vous les trouvez aussi dans tous les guides. Tout est vrai dans le livre. J’ai fait extrêmement attention à vérifier. Et puis surtout il se trouve que de Cuba il y a assez peu d’articles dans la presse internationale. En France pendant deux, trois ans, le service politique du monde a été extrêmement présent sur les terrains. Pour pleines de raisons les relations entre Cuba et l’Union européenne ce sont beaucoup arrangées en ce moment là. Quand les événements de 2003 se sont passés, cela a beaucoup choqué. Alors Raúl Rivero comme je le raconte, la plus grande partie de ses articles étaient publiés et repris en France ou en Espagne dans les années qui ont suivi, donc 2004-2005 au moment que j’ai écrit le livre et tout ce que Juan Valero dit est vrai, attesté par la presse française, attesté par reporteurs sans frontière, ce sont des infos de première main, tout est juste là.

Mais cette critique est venue d’une journaliste, qui se nomme experte de l’Amérique du Sud …

Oui, j’ai lu dans vos papiers, mais je ne la connais pas. Et sur Internet les gens mettent ce qu’ils veulent.

Ces, critiques, ça va m’énerver ces critiques, parce que les chiffres sont données de Cuba, ce n’est pas moi qui les donne. C’est à dire que Cuba depuis très longtemps a fait un effort très important d’échange de collaboration avec le Venezuela et avec la Colombie en particulier. Alors quand je dis que 20 000 médecins vont régulièrement annuellement travailler au Venezuela c’est le chiffre cubain. C’est vrai.

Le conflit élucidé avec l’exposé annoncé contre l’impérialisme américain qui apparaît un peu comme un service involontaire donné au régime cubain se vaporise finalement sous la pression du besoin de culture. La réponse envers ces problèmes difficiles avec le besoin de culture, n’est-elle pas un peu facile?

Oui, mais cela n’empêche pas … moi je ne suis pas quelqu’un d’idéologique. Je n’ai pas d’idéologie. Quand je vais à Cuba je ne suis pas pour ou contre la révolution. Je ne suis pas communiste ou anticommuniste.

Je suis un citoyen, quand je me promène quelque part, je fais attention à ce qui se passe autour de moi. Là, à Vienne, j’ai passé deux heures dans le quartier. Je ne suis pas allé visiter le pavé. Je suis resté dans le quartier, qui est le juif, qui est le polonais, le tzigane. Je peux vous dire le type de gens que j’ai vu. Ce n’est pas le Vienne qui est derrière le fleuve. C’est un autre Vienne. Donc, si je suis là et que je dis que par exemple qu’il y a des communautés de tziganes extrêmement importantes dans ce quartier qui ont sans doute un niveau de vie extrêmement faible et qui je pense ont toutes sortes de déshérence des pays de l’est, et qui sont au bord des capitales comme Vienne et Budapest ou autre, ce n’est pas ce que j’imagine, c’est ce que je vois.

Alors quand je me suis retrouvé à Santiago devant des étudiants extrêmement attentifs, heureux de voir quelqu’un qui vient de si loin, content de parler culture, payé par l’ambassade de France, sous la protection du régime cubain, moi autant que citoyen je me dit: „Didier, c’est un petit peu facile.“ Tout est simple.

Mais la question de conscience est beaucoup plus longue que sa réponse.

Mais il n’y a pas de réponse. Quand je suis revenu il m’a semblé important de faire un récit, je raconte à la manière banale. Je n’ai pas inventé un Cuba que je ne connais pas. Donc Cuba vous apparaît quand vous marchez. Je suis un grand marcheur […]

J’ai des amis communistes en France qui pratiquent une librairie communiste et effectivement il y a des gens qui trouvent le livre et le titre insupportable. Mais ce n’est pas le livre qui est insupportable, c’est le fait que je ne partage pas l’idéologie.

Tout le monde parle d’un titre provocateur. Moi, je trouve le titre plutôt amusant.

C’est un titre percutant „Castro est mort!“. Et puis c’est la réalité. La révolution, elle est morte.

Vous aimez les livres. Mais vous n’aimez pas les livres épais. Vous dites qu’il y a trop de mots dedans. Êtes-vous un minimaliste?

Oui, j’aime bien les choses déliées et percutantes. Je n’aime pas les choses trop descriptives, surtout dans notre époque. Je comprends que le roman du 19ème siècle, le roman russe, par exemple, et le roman français étaient extrêmement épais, parce qu’ils avaient une valeur encyclopédique. Il se trouve qu’aujourd’hui avec l’Internet, avec ces images, avec la photographie et la télévision je pense que - ce n’est pas la vérité, il y a d’autre vérités qui sont aussi valables, il y a des gros livres très bons - mais pour ma part je trouve que c’est bien si un livre est vraiment allégorique. C’est un peu comme l’écume, comme le pic de l’iceberg. Que la partie apparente, la partie du texte soit bien plus petite que la partie à comprendre. C’est ça ma théorie.

Vous écrivez aussi des pièces de théâtre. L’affaire Natascha Kampusch vous a inspiré. La pièce est-elle terminée?

Oui, la pièce est terminée, elle est traduite en allemand et je cherche un endroit pour la faire jouer.

En Autriche?

J’essaye, j’essaye.

Le titre?

Ça s’appelle „Moi, Léa, 13 ans.“

Quelle était votre motivation?

J’aime bien les gens qui sont enfermés. Je crois que nous vivons dans un monde pédophagique.

?

Pédophage. Pédo comme enfant, phage comme manger. C’est à dire un monde qui mange ses enfants et qui se nourrit de la chair fraîche, de la chair jeune.

Ce qui m’a intéressé c’était de montrer qu’une personne comme Natascha Kampusch était autant mangé par son bourreau que par immédiat …. En fait c’était le monde qui était pédophagique. Et pas simplement quelques pervers perdus à droite ou à gauche en amour sordide. La pièce travaille sur deux parties. La première montre Natascha Kampusch petite, c’est à dire Léa, une victime qui domine intellectuellement son bourreau. Dans la deuxième partie elle croit qu’elle domine les caméras mais qu’évidemment ce sont les caméras qui la dominent. Donc ce n’est pas seulement une description de l’affaire Kampusch. C’est l’ambivalence.

Alors j’espère de la voir bientôt en Autriche et je vous remercie beaucoup.

Didier Goupil: Né 1963 à Paris, vit à Toulouse. Écrivain, scénariste, conseiller dramatique et enseignant. Publication de la prose depuis 1995. Pour son premier œuvre le volume de récits «Malterre» il a obtenu le Prix Thyde Monnier de la Société des Gens de Lettres et le Prix Cino del Duca. «Femme du monde» (Éditions Balland 2001, nouvelle édition Le Serpent à Plumes 2003) a été son premier roman traduit en allemand «Endstation Ritz» (Haymon Verlag). mehr...

Didier Goupil: La fin d'une révolution. Ingrid Reichel