Für alt und jung: Robert Klement. Alois Eder

FÜR ALT UND JUNG

 

 

Alois Eder führte im Juni 2007 mit ihm das folgende Interview.

 

Wie lange hast du neben dem Schreiben auch unterrichtet oder umgekehrt, neben den Unterrichten geschrieben?

Schule und Schreiben waren für mich immer eine Einheit. Als Lehrer hatte ich den Leser buchstäblich „vor mir“. Vor 20 Jahren ist mein erstes Buch erschienen, da habe ich noch unterrichtet. Sieben Jahre später begann der schrittweise Ausstieg.
Ich kann seither vom Bücherschreiben ganz gut leben.

Wenn ich mich recht erinnere, hast du in den frühen 70erjahren zur Gruppe rund um das "pult" gehört. Was könnte man im neuen Jahrtausend zur Würdigung der damaligen St. Pöltner Literaturszene tun?

Damals herrschte Aufbruchsstimmung. Es war ein wenig „Forum Stadtpark“ an der Traisen. Klaus Sandler hätte heute in der österreichischen Literaturszene seinen fixen Platz. Leider ist er früh verstorben, natürlich sollte man auch heute noch an ihn erinnern.

Waren dir von allem Anfang an Kinder- und Jugendbücher ein Anliegen, bzw. gibt’s auch Literatur anderer Art in deinen Schubladen?

Ich bemühe mich, meine Bücher so zu schreiben, dass sie für alle Altersgruppen interessant sind. Die Schubladisierung von Kinder- und Jugendliteratur halten Experten für falsch. „7 Tage im Februar“, der Roman über das Attentat von Oberwart, wurde aufgrund von Medienberichten von mehr Erwachsenen als Jugendlichen gelesen. „Die Kinder von Leninakan“ gilt in Armenien als Literatur für alle.

Wie groß war der Einfluss deines Vaters, des Ehrenobmanns der LitGes, bei deiner Option für eine literarische Karriere?

Er hat mich zum Schreiben ermutigt, war ein Vorbild. Mit seiner Begabung hätte er ein österreichischer Heinrich Böll werden können, ihm fehlte jedoch der Ehrgeiz.
Einige seiner Kurzgeschichten, die vor 50 Jahren im Feuilleton der Arbeiter Zeitung unter Oscar Pollack veröffentlicht wurden, beeindrucken mich heute noch.

Da du bei deinen Projekten auch umfangreiche Reisen oder Recherchen einplanst, sind die Themen deiner Bücher wohl schon langfristig mit den Verlagen abgesprochen. Von welchen Zeiträumen muss man da ausgehen?

Bei aufwändigen Projekten gibt es tatsächlich Absprachen (und Vorauszahlungen) mit Verlagen. Ich schlage einfach ein Thema vor und der Verlag sagt ja oder nein.
Zumeist geht es um echte Menschen und wirkliche Schicksale. Ich mag keine Bücher, in denen das leidende Selbst in den Mittelpunkt rückt und literarische Nabelschau betrieben wird.

Welche deiner Recherchen kommt dir im Nachhinein am lehrreichsten vor?

Ich habe das Credo des rasenden Reporters Egon Erwin Kisch übernommen:
„Nichts ist erregender als die Wahrheit“. Das Leben schreibt tatsächlich die packendsten Geschichten. Geprägt haben mich Recherchen in Brasilien, wo ich zum Thema Straßenkinder und Todesschwadronen recherchiert habe. In Nepal („Die Spur des Schneeleoparden“) hat mich die Gläubigkeit der Menschen sehr beeindruckt.

Und wie schauen deine Pläne nach dem Buch über die Bootsflüchtlinge aus? Gibt es da schon konkrete, über die du sprechen magst bzw. Bücher, auf die wir uns schon freuen dürfen, und woher nimmst du dafür deine Eingebungen?

Im Jänner erscheint bei Sauerländer „Das Todesriff“, ein Roman über ein historisches Schiff, das 1855 vor Korsika gesunken ist. Die „Eingebungen“ haben ihren Ursprung in der Neugierde. Der „rasende Reporter“ Kisch meinte, Neugierde sei Wissensbegierde.

Was hältst du von der Konkurrenz auf dem Buchmarkt, vor allem dem Großangebot an Phantastik zwischen Harry Potter und dem Herrn der Ringe?

Ich respektiere, dass viele Leser diese Bücher mögen. Es sollte jedoch nicht ausschließlich Fantasy und Mistery geben. Die Leser sollten auch etwas von der Welt erfahren, in der sie leben. Ich halte es für bedenklich, wenn die Wirklichkeit ausgeblendet wird. Das Thema Bootsflüchtlinge („70 Meilen zum Paradies“) betrifft Europa, da können wir uns nicht abkoppeln.

Wie zufrieden bist du mit dem Echo, das du erzielst, und hättest du auf diesem Gebiet noch konkrete Wünsche oder Anregungen?

Wenn man 17 Bücher geschrieben und annähernd 100.000 Exemplare verkauft hat, sollte man zufrieden sein. Natürlich will man aber immer mehr. Es gilt das Wort Thomas Bernhards: „Was immer wir Künstler erreichen, es ist nichts.“

Gibt’s literarische Vorbilder, die dir den Weg gewiesen oder stilbildend gewirkt haben?

In meiner Jugend hat mich Karl Bruckner beeindruckt. Gerne lese ich Ion Krakauer, der ebenfalls viel recherchiert und wahre Begebenheiten („In eisige Höhen“) aufgreift. Hans Weigel hat gemeint, man sollte alle wichtigen Bücher alle 20 Jahre wieder lesen. Und so habe ich mir Truman Capotes „Kaltblütig“ wieder einmal vorgenommen. Alles, was heute als trendige Krimiliteratur die Regale der Buchhandlungen und Bestsellerlisten füllt, kann man getrost vergessen.

Und zuletzt: welchen Anteil nimmst du am gegenwärtigen literarischen Leben, welche Zeitschriften liest du, in welchen Kaffeehäusern verkehrst du?

Da ich fast ständig auf Lesereisen bin, kann ich am literarischen Leben nur beschränkt Anteil nehmen. Neben Büchern lese ich hauptsächlich Nachrichtenmagazine. Man findet mich in jenen Kaffeehäusern, die am meisten Zeitungen und Magazine aufliegen haben.

Robert Klement
1949 in St. Pölten als Sohn des nachmaligen Ehrenobmanns der Literarischen Gesellschaft Karl Klement geboren, ausgebildeter Hauptschullehrer für Deutsch und Geschichte, hat seit 1986 zwölf Jugendbücher veröffentlicht, darunter:
„Die Kinder von Leninakan“. Esslingen: Esslinger 1991.
„Die Panther von Rio“. Esslingen: Esslinger 1994.
„Durch den Fluß“. Wien: Jungbrunnen 1997.
„7 Tage im Februar“. Wien: Jungbrunnen 1998.
„Rette die TITANIC“. St. Pölten: Residenz 1998.
„Ein Schloss in Schottland“. St. Pölten: Residenz 2001.
„Die Spur des Schneeleoparden“. Düsseldorf: Sauerländer 2003.
Für den Band „70 Meilen zum Paradies“. Wien: Jungbrunnen 2006, wurde er am 10. Mai diese Jahres mit dem Österreichischer Kinder- und Jugendbuchpreis 2007 (dotiert mit Euro 6000,–) ausgezeichnet.
http://www.buchklub.at/Buchklub/Service/Oesterreichischer-Kinder-und-Jugendbuchpreis/Preisbuecher-2007.html

  mehr...

Für alt und jung: Robert Klement. Alois Eder

Glücklich bin ich sicher!: Renate Minarz. Eva Riebler

GLÜCKLICH BIN ICH SICHER!

Renate Minarz ist nicht nur die bildende Künstlerin dieser etcetera-Ausgabe und aktive Protagonistin beim diesjährigen „Blätterwirbel“, sie ist auch die Seele der Schupfengalerie Herzogenburg. Davon legt sie auch sehr viel in ihre Malerei. Eva Riebler frischt – nicht nur gemeinsame – Erinnerungen auf.
etcetera 29/Blätterwirbel/Oktober 2007

Eva Riebler: Liebe Renate, ich kenne dich und deine Bilder nun schon seit mehr als 10 Jahren, du transportierst dich in deinen Arbeiten. Bist du ein Medium oder ist die Malerei dein Medium?

Renate Minarz: Ich fühle mich als Medium: Wenn ich in meine Arbeit eintauche, bin ich mit einer Thematik beschäftigt, wobei im Arbeitsprozess ich zum Medium werde. Ich verstehe mich insofern als Medium, da ich beim Malen so gefesselt bin, dass meine Gedanken nicht mehr existieren. Für den Gedankengang wird die Malerei zum Medium, um mich ausdrücken zu können.
Kunst ist als Enthüllung einer tieferen Realität eine Form der Erkenntnis.
Sie ist Nachahmung, aber nicht der äußeren Natur, sondern der inneren Realität.

Eva Riebler: Was willst du mit ihr ausdrücken?

Renate Minarz: Meditation vor Beginn des Prozesses schafft Klarheit in mir und öffnen den Kanal. Die Eruptionen der Gefühle und die zu erfüllende Aufgabe finden dadurch ihren Weg auf das Bild und zu den Betrachtern. Begegnungen der verschiedensten Art werden dadurch möglich. Ich möchte etwas bewegen, da auch mich etwas bewegt, wenn ich arbeite. Die Schwingungen, die schon während des Mal- oder Arbeitsprozesses ausstrahlen, ziehen ihre Kreise in meinem Umfeld, sie verändern, wie ein Stein im Wasser.

Ein kleines Erlebnis aus dem Tanztheater Maestro in Linz, wo ich nach 2 Jahren meine Bilder abhängte und andere zu einem neuen Thema aufhängte:  Die Tänzer/Innen, die zur Probe kamen, spürten die Veränderung  beim Betreten des Raumes, die Atmosphäre hatte sich geändert. Sie gaben mir die Rückmeldung, dass die Energie auf Grund meiner Bilder im Raum anders geworden sei.

Eva Riebler: Wozu möchtest du animieren?

Renate Minarz: Der Ursprung der Kunst liegt für mich in der Seele des Menschen, tiefer als alle Gefühle, Wille oder Intellekt.
Das Gefühl für das Unendliche ist Grundlage für meine Malerei, darum bevorzuge ich vor allem abstrakte Bilder, die meist eine Herausforderung für die Betrachter sind, da nicht auf dem ersten Blick zu erkennen ist – was wird hier ausgesagt, was oder wer wird bewegt - oder was wird bezweckt. Ich möchte Menschen animieren, ihre Seele zu erfühlen und zu genießen.

Eva Riebler: Welche Bewegung willst du bei den Betrachtern hervorrufen?

Renate Minarz: Es ist für mich sehr wichtig, dass jeder der ein Bild von mir erwirbt, es zu Hause aufhängt, um es im eigenem Raum zu spüren, denn Sehen alleine ist zuwenig. Bilder sind immer dazu da, etwas in Bewegung zu setzen. Seien es Gedanken, Gefühle, Liebe, Hass, denn all diese „Bewegungen“ – „Berührungen“ kommen aus dem Innersten des Betrachters und dort möchte ich ihn auch erreichen. Es kann immer nur in Resonanz mit mir gehen, was auch in mir ist.

Eva Riebler: Du malst nicht nur in Acryl, sondern beschäftigst dich seit 10 Jahren mit Druck und verschiedenen Arten von Monoprints. Bei diesem Genre kann ja viel weniger impulsiv aus dem Bauch heraus agiert werden; wie direkt und ursprünglich ist da deine Um- und Zielsetzung?

Renate Minarz: Die Druckgrafik ist ein Medium, das zur Fokussierung meiner Ausbrüche sehr dienlich sein kann, da ich schematisch vorgehen muss, um die Aussage zu erzielen, die ich mir wünsche. Obwohl bei der Drucktechnik ist es wie beim Autofahren – beherrscht man die Vorgänge, dann kann man mühelos damit arbeiten, ohne zuviel Aufmerksamkeit auf die einzelnen Schritte zu legen. Monoprints kommen mir da sehr entgegen, denn jeder Druck ist ein Unikat – eine Schöpfung.
Bei der traditionellen Druckgrafik, wie Radierung und Lithografie, lege ich großen Wert auf saubere Technik und Ausführung, doch auch sie kann man wunderbar in die Spontaneität integrieren. Außerdem war meine erste abstrakte Arbeit eine Radierung mit Aquatinta, Strichätzung...

Eva Riebler: Seit 4 Jahren führst du die Schupfengalerie Herzogenburg und organisierst Begegnungen bei 30 Events von Jazz bis Lesung, Tanz oder … Jeder Künstler ist ja insofern ein glücklicher Mensch, da er ein Ventil hat und etwas bewirken kann/könnte. Willst du den Menschen die Kultur in kleinen Dosen/Portionen vorsetzten, sie beglücken, ihnen etwas mitteilen und sie erziehen?

(Gretchenfrage: Wozu Kunst? Kann Kunst/Kultur die Menschen läutern, bessern.)

Renate Minarz: Nach der Eröffnung meines Ateliers und der Schupfengalerie hatte ich das Gefühl, diese Räume, in denen ich mich so wohl fühle, auch anderen öffnen zu wollen. Die Verschiedenartigkeit der Events soll zeigen, dass die Schupfengalerie ein offenes Ohr für kreative Menschen hat. Begegnungen in guter Atmosphäre, Austausch mit Gleichgesinnten, Abschalten des Alltags, sich seinen Neigungen hingeben, sich wohlfühlen, genießen können, das sind meine Beweggründe Events und Seminare zu organisieren. Ich glaube, dass man in kleineren Locations mehr persönlichen Kontakt bekommt, dass ist für das Publikum so und auch die Künstler sind hautnah bei ihrem Publikum und so kommt es zu einer andere Kommunikation als in Räumlichkeiten, wo man anonym ist und meist an die Künstler gar nicht so nah herankommt.
Kunst und Kultur kann man nicht erzwingen, doch man kann den Weg dorthin zeigen. Die Beschäftigung mit meiner Kunst und mit Künstlern ist für mich ein Lebenselixier. An all diesen wunderbaren Gefühlen und Empfindungen möchte ich die anderen teilhaben lassen.
Dass man jemanden mit Kunst beglücken oder erziehen kann, glaube ich nicht und will es nicht, doch man kann die Möglichkeit bieten, andere Werte unserer Gesellschaft zu zeigen und näher zu bringen.
Glücklich bin ich sicher, denn die Auseinandersetzung mit Kunst und kreativen Menschen bereichern mein Leben sehr. Ein Gespräch mit jenen, die ihre Kunst zum Besten geben, hilft mir immer wieder meinen Horizont zu erweitern.
Meine Studienaufenthalte in Houston und Providence haben mir gezeigt, wie wichtig es ist im Austausch zu leben, anderes kennenzulernen. Für mich als Künstlerin war die intensive Auseinandersetzung mit Druckgrafik, ohne daneben Verpflichtungen zu haben, ein tolles und bewegendes Erlebnis.

Eva Riebler: Du freust dich über die gute Auslastung deiner Events ... Jeder Künstler und Besucher freut sich auch bei dir in der Schupfengalerie die angenehme, inspirierende Atmosphäre genießen zu können.

Renate Minarz: Sicher freue ich mich über eine gute Auslastung meiner Events, da es doch viel Engagement bedeutet, überhaupt die ersten fünf, sechs Jahre, diese Abende oder Vorstellungen auf die Beine zu stellen. Eigentlich habe ich mit der Kulturinitiative aus dem Nichts begonnen. Vorerst war es meine Idee, diese Veranstaltungen zu machen, doch als Einzelperson, sozusagen aus Privatvergnügen, wurde ich nicht sehr ernst genommen. Künstler haben sofort gespürt, dass da eine Idee und auch der Wille dazu da ist, etwas auf die Beine zu stellen; doch die Öffentlichkeit, sprich Land und Gemeinde, haben diese Räumlichkeiten und die Möglichkeit hier mit Kultur im kleineren, „feineren“ Rahmen, mit sehr enger  Publikumsberührung etwas zu veranstalten, erst entdeckt, als das Ganze einen professionellen Touch durch die Gründung der Kulturinitiative, bei der fünf Künstler aus der Umgebung im Vorstand mitarbeiten, bekam.
Für mich ist es heute noch Inspiration und wichtiger Austausch mittels Gespräche, Freundschaft oder Weiterempfehlung an die Künstler zu kommen. Inzwischen wurde unser Ruf und unser Flair bekannt, sodass viele Künstler auf uns zukommen, um hier in der Schupfengalerie aufzutreten.
Ihr Feedback über Atmosphäre, Publikum und Räumlichkeiten animiert mich hier weiterzumachen, ebenso ist das Echo vom Publikum so anregend, dass – wenn ich manchmal zweifle – die positiven Rückmeldungen und das Feeling mich  beflügeln dabei zu bleiben. Was mich natürlich stärkt, ist zusätzlich die Einstellung meiner Familie dazu, sie stehen voll und ganz hinter mir, das macht natürlich alles leichter.

Eva Riebler: Direkte Frage: Wie sieht es mit der Finanzierung aus? Bist du über die Zuschüsse von Gemeinde und Land ausreichend abgedeckt?

Renate Minarz: Ja, das mit der finanziellen Unterstützung von Gemeinde und Land ist eine eigene Sache. Vielleicht bin ich auch zu wenig hartnäckig und ich möchte nicht als Bittsteller behandelt werden. Es ist mir vollkommen klar, dass ich nicht die Einzige bin, die sich mit  Kunst und Kultur beschäftigt, doch ich möchte das Gefühl haben, wenn ich mich an eine Förderstelle wende, die nötige Aufmerksamkeit zu bekommen.
Für das Projekt 13, welches wir mit Behinderten über einen längeren Zeitraum führten und das den Abschluss durch diese mit einem wunderschön gestalteten Abend fand, bekam ich Unterstützung vom Land durch Menschen, die finden, dass es wichtig ist, Personen, die anders sind, in unser Leben zu integrieren. Ich selbst kann nur sagen, dass ich bei der Arbeit mit diesen wunderbaren Menschen reichlich beschenkt wurde.
Für 2008 planen wir das Projekt „Begegnung“ mit dem wir uns (die fünf Künstler der Kulturinitiative Schupfengalerie) bei dem niederösterreichischen Vier Viertelfestival beteiligen möchten. Da wir dabei auch in den öffentlichen Raum gehen, bin ich überzeugt, bei unserer Gemeinde Herzogenburg ein offenes Ohr zu finden.
mehr...

Freude am Wort!: Isabella Suppanz. Thomas Fröhlich

FREUDE AM WORT!

Seit 2005 ist Isabella Suppanz erfolgreiche Intendantin des Landestheaters Niederösterreich in St. Pölten. 2006 fand unter ihrer Ägide erstmals der St. Pöltner „Blätterwirbel“ statt. Zudem ist Isabella Suppanz eine überaus liebenswürdige wie schlagfertige Gesprächspartnerin. Einige von vielen Gründen für Thomas Fröhlich, dieses Interview zu führen.
etcetera 29/Blätterwirbel/Oktober 2007

T. Fröhlich: Liebe Isabella, wenn ich mir deine Biografie, nicht nur als „Theatermacherin“, ansehe, da warst du ja nicht nur in Österreich sondern auch international mehr als umtriebig. Wie geht’s dir in St. Pölten?

Isabella Suppanz: Sehr gut. Ich mag die Stadt und jene Menschen, die sich im Lauf der Zeit als Freunde herauskristallisiert haben – und das sind schon einige. Ich hänge an unserem sehr schönen Theater und an meinem  Team und nicht zuletzt schätze ich das erstaunlich aufgeschlossene und engagierte St. Pöltener Publikum.

T. Fröhlich: Vergleiche hinken ja immer – aber: Wie siehst du das St. Pöltner Theater- und im weiteren Sinne Kulturleben, verglichen mit, na ja, Wien oder Graz?

Isabella Suppanz: Es wäre Besorgnis erregend, wenn sich Städte, deren Kulturleben sich so verschieden entwickelt hat, miteinander ohne Hinken vergleichen ließen. Da wäre etwas schief gelaufen – man hätte importiert und kopiert und das eigene kreative Potenzial vernachlässigt. St. Pölten ist die jüngste Hauptstadt unseres Landes und dieser Tatbestand prägt die Stadt am stärksten. Die Szene ist neu und dadurch frisch, die Institutionen sind noch nicht verknöchert, neue Initiativen sind möglich, ohne von zu vielen alten belastet zu sein, und vor allem gibt es jede Menge neugieriger Menschen, die sich für die Stadt  und ihre Entwicklung lustvoll ins Zeug legen.

T. Fröhlich: Du öffnest das Landestheater ja auch für Nicht-Theatralisches, zum Beispiel für die „NÖ AutorInnen-Revue“, für Poetry Slams oder auch DJ-Lines. Wie sind da die Reaktionen, sowohl seitens des Publikums, seitens des Landes Niederösterreich als auch anderer Theatermenschen?
Akzeptanz, gar Freude? Oder: „Fria hätt’s des ned geb’m!“?

Isabella Suppanz: Texte sind die Grundlage jeder Theaterarbeit und die ist ohne Interesse an Literatur gar nicht vorstellbar. Das weiß auch unser Publikum und teilt unsere Freude an dieser „Basisarbeit“, die ja nicht zuletzt für uns alle die Riesenchance birgt mit zeitgenössischer Literatur in nähere Bekanntschaft zu treten.

T. Fröhlich: Wie kam’s eigentlich zum Blätterwirbel – so aus deiner Sicht? Was ist die Intention? Deine ganz persönliche Intention?

Isabella Suppanz: Die Möglichkeit ein Literaturfestival in der Stadt St. Pölten zu veranstalten wurde von Seiten des Landes Niederösterreich, ausgehend von Landesrat Sobotka, von Paul Gessl, dem Eigentümervertreter des Landestheaters Niederösterreich, an uns herangetragen und von meiner und der Seite meiner KollegInnen in der Dramaturgie mit höchster Begeisterung aufgegriffen. Ich habe einen Arbeitskreis bestehend aus Hugo Schöffer, Renate Kienzl, Herwig Bitsche, Gerald Knell, Peter Kaiser, Fritz Humer, Thomas Fröhlich und Thomas Pulle und anderen manchmal aus Zeitgründen fluktuierenden Mitgliedern zusammengestellt, die „Egon-Runde“, und dann haben wir einfach begonnen uns Veranstaltungen zu überlegen. Die Zusammenarbeit auch mit den Vertretern der Stadt St. Pölten ist erfrischend unkompliziert, hochprofessionell und von großer gegenseitiger Achtung getragen. Ich freue mich immer auf unsere Treffen.
Die Intention des Festivals ist die Förderung zeitgenössischer regionaler und überregionaler Literatur auf der Basis  diverser Vermittlungsweisen, vom Poetry Slam über AutorInnenlesungen, Literaturverfilmungen, dramatisierter Prosa, bis hin zu Workshops mit Jugendlichen und Kindern.
Meine ganz persönliche Intention ist eine sehr egoistische: Ich liebe Bücher und halte Autorinnen und Autoren zum Großteil für besondere und liebenwerte Menschen, mit denen ich gerne zusammen bin.

T. Fröhlich: Der „Blätterwirbel“ ist ja ein schönes Beispiel für Literatur- bzw. Lesekompetenz-Vermittlung, sei es auf der Theaterbühne, sei es auf der Kinoleinwand, sei es bei einer Lesung. Wie wichtig/unwichtig schätzt du Literaturzeitschriften als Vermittler all dessen ein?

Isabella Suppanz: Ich glaube, dass Literaturzeitschriften innerhalb einer immer größeren und schwerer zu durchblickenden Bücherlandschaft ein wichtiges Orientierungsmedium sind. Weiters können sie ein Austragungsort für wichtige Diskurse außerhalb des marktorientierten Mainstreams sein – zudem leisten sie Starthilfe für junge Autorinnen.

T. Fröhlich: Wird’s weitere „Blätterwirbel“ geben?

Isabella Suppanz: Ja. Wir wussten zwar alle nicht, dass uns der Start so gut gelingen wird und das Publikum sich so zahlreich mit uns freut, aber der Blätterwirbel war nie als Eintagsfliege geplant.

T. Fröhlich: Wie und wo siehst du dich in näherer Zukunft?

Isabella Suppanz: Noch ein paar Jährchen am Theater, dann vielleicht bei den Büchern. Aber „Prognosen sind immer schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen“, sagt schon der umsichtige Karl Valentin.

T. Fröhlich: Danke für das Gespräch!

Isabella Suppanz: Ich danke Dir auch und wünsche uns allen viel Spaß beim Blätterwirbel 2007. mehr...