Maximilian Melcher. Rez.: I. Reichel

Ingrid Reichel
EINE LEISE ABER FULMINANTE RETROSPEKTIVE

 

 
MAXIMILIAN MELCHER
1922-2002.
NÖ Dokumentationszentrum für moderne Kunst
Eröffnung: 06.11.09
Ausstellungsdauer: 07.11.09 – 04.12.09.
Kurator: Erich Steininger

 

Am 31.10.2002 verstarb Max Melcher im 80. Lebensjahr, der Künstler, ehemalige Professor und Rektor der Akademie der bildenden Künste in Wien. An seinem 7. Todestag erinnert man an ihn mit einer Retrospektive im NÖ Dokumentationszentrum für Moderne Kunst (DOK) in St. Pölten.

Seit April 1995 leitet Erich Steininger als Präsident der NÖ Kunstvereine das DOK. Mit Jahresende scheidet er aus diesem Amt und verabschiedet sich vom DOK mit dieser großartigen Schau des Professors dessen Schüler er selbst war. Seine Nachfolge wurde viel diskutiert. Knapp vor Ernest Kienzl hat nun Leopold Kogler die Runde für sich entschieden. In drei Jahren wird man mehr wissen, ob diese Wahl ihre Berechtigung hatte oder nur durch politischen Druck und nicht aus künstlerischer Perspektive entschieden wurde.

 

Max Melcher wurde 1922 in der Steiermark geboren. 1938 besuchte er die Graphische Lehr- und Versuchsanstalt in Wien, 1940 wechselte er an die Akademie der bildenden Künste und wurde in die Meisterklasse für Graphik bei Christian Ludwig Martin aufgenommen. Doch bereits nach einem Jahr unterbrach der 2. Weltkrieg sein Studium. Nach der russischen Kriegsgefangenschaft konnte er 1948 sein Studium wieder aufnehmen, welches er 1952 absolvierte. Doch die Akademie ließ ihn nicht mehr los. Vom Lehrbeauftragten 1955 zum Professor der Meisterschule für Graphik 1967 bis zum Rektor (1972-76; 1984-87) ging seine Karriere steil bergauf. Melcher war nicht nur ein hervorragender Künstler, sondern auch ein Meister des Understatements: "Je weniger ich für mich gearbeitet habe, umso besser sind die Studenten geworden. Das Um und Auf in diesem Geschäft ist: Derjenige, der rauskommt, muss besser sein als ich, und die guten Leute sind besser geworden." (Melcher: Zitat aus dem Standard Nachruf 08.11.02).

Und so gingen aus seiner Klasse viele Berühmtheiten hervor. Siegfried Anzinger, Günther Damisch, Tone Fink, Wolfgang Herzig, Edelbert Köb, Peter Pongratz, Gottfried Salzmann, Hubert Schmalix, Linde Waber und eben Erich Steininger, nur um ein paar beim Namen zu nennen.

Ob die genannten Künstler tatsächlich besser wurden als ihr Lehrer, mag dahingestellt sein. Jedenfalls ist es eine Seltenheit, dass unter einem Professor soviele Schüler es zur Reputation brachten. Hier kann es sich nicht mehr um Zufall handeln, sondern um ein Verdienst. Ein Verdienst, das vom Land und dem Staat, wie so oft, viel zu wenig beachtet wurde. Es sei Erich Steininger nochmals gedankt endlich eine würdige Retrospektive dieses vom Kunstmarkt unterschätzten österreichischen Künstlers, hier im DOK in St. Pölten zu zeigen.

 

„Die sinnloseste und absurdeste aller Tätigkeiten ist die künstlerische. Um der scheinbaren Sinnlosigkeit der Existenz Sinn zu geben, um in bildnerischer Tätigkeit etwas festzuhalten, wo alles zwischen den Fingern zerrinnt und andere große Worte kann man dagegensetzen. Seine eigene Wirklichkeit schaffen, um darin geborgen zu sein, um die andere, schale abgegriffene Wirklichkeit angreifen zu können, um zu kämpfen, gegen sich, die anderen, gegen die Windmühlen, zu gewinnen, zu verlieren, stark und schwach zu sein in einem. Stärke bewundern aus eigener Schwäche, Schwäche verstehen aus eigener Stärke. Menschlich sein, allzumenschlich sein müssen, Flügel haben, doch mit beiden Füßen angenagelt sein, leben und überleben müssen.“ Maximilian Melchers eigene Worte sagen mehr als alle Beschreibungen.

 

 
Seine großformatigen Werke, vorwiegend Mischtechniken und Collagen auf Papier oder Karton, haben die Kraft von Ölbildern. Kontrastreich und farbenprächtig prägen sie sich in unser Gehirn. Auch die kleinformatigen Graphiken auf Transparentpapier, die vielen Radierungen, Lithographien und Holzschnitte verfehlen ihre Wirkungen nicht. Themen sind die Verarbeitung des Krieges, die Gesellschaft, die Sinne und vor allem die Selbstdarstellung.

Achtung: Zur Ausstellung erschien kein Katalog.

Diese sensationelle Ausstellung ist NUR bis zum 04.12.2009 zu sehen! Nicht versäumen!

 

LitGes, November 2009

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