Multiple Portraits: Chuck Close. Rez.: Ingrid Reichel

Ingrid Reichel
Meister der Verpixelung

 
Chuck Close: Self-Portrait, 2000
Siebdruck: 163,8 x 137,1 cm
Brand X Editions, Drucker: Robert Blanton und Thomas Little
Pace Editions, Inc., New York, publisher
© Chuck Close, courtesy Pace Prints
 

Multiple Portraits
Chuck Close

Museum der Moderne (MdM) Mönchsberg, Salzburg
Ausstellungdauer: 27.10.12 - 17.02.13
KuratorInnen: Toni Stooss, Tina Teufel, Veit Ziegelmaier
Ausstellungsorganisation: Parrish Art Museum, Southampton/ New York
Konzept: Terrie Sultan

Das MdM am Mönchsberg erweist sich nach Rotterdam als zweite europäische Station dieser sehr gelungenen Überblicksausstellung der Werke von 1972-2012 des bekannten US-Künstlers Chuck Close.
Close, der 1940 in Monroe/ Washington (USA) geboren wurde, erhielt sein Diplom als Master of Fine Arts 1964. Seit den 70ern ist er für seinen Fotorealismus bekannt. Close arbeitet mit guten Fotografien seiner Bildobjekte. Doch er projiziert nicht wie z.B. Helnwein das Foto auf die Leinwand, sondern bedient sich der altbewährten Rastermethode, die jedes Kind in der Schule im Zeichenunterricht lernt. Dennoch blieb Close nicht beim "einfachen" Fotorealismus, sondern bediente sich dieses Rasters zur Verpixelung der Bilder zu einem Zeitpunkt als es noch keinen Personalcomputer mit diesen hervorragenden Fotobearbeitungsprogrammen gab. Close ist ein Genie der Moderne, der die PC-Pixels sichtbar machte, sie für die Kunstwelt vorwegnahm und integrierte. Heute ist es für die breite Bevölkerungsmasse keine Hexerei mehr, man geht in das Menü des Fotoprogramms, klickt auf Filter und hat Effekte à la Close zur Verfügung. Doch den Rang als Erster seine Vorstellungsgabe genützt zu haben, die ihm zum Erfinder dieser Kunstrichtung der Bild-Verpixelungen machten, wird ihm keiner mehr streitig machen können, auch wenn Close als Nachfolger der OP Art gedeutet werden kann.
In dieser Schau sind ausnahmslos, wie es der Titel schon verspricht, an die 150 Portraitarbeiten von Freunden, Künstlerkollegen (wie z.B. Roy Lichtenstein und Alex Katz (*1927) und vor allem Selbstportaraits zu sehen. Obwohl Close seit 1988, wegen eines geplatzten Blutgefäßes in der Wirbelsäule rechtsseitig querschnittgelähmt an den Rollstuhl gefesselt ist, arbeitet er unermüdlich und souverän an großformatigen Bildern weiter.
Die Technik mag wohl Chuck Closes damalige künstlerische Intention längst überholt haben, es bleibt dennoch die Tatsache seiner manuellen Fertigkeit unbestritten. Sowie bei Künstlerfreund Alex Katz setzt sich auch in Closes Œuvre die hohe Kunst des Kunstdrucks durch. Wie in einem Lehrbuch zeigt diese Ausstellung die Vielfältigkeit der Druckmöglichkeiten und ihre Meisterschaft darin.

 
Chuck Close: Emma, 2002
113-farbiger japanischer Ukiyo-e Holzschnitt: 109,2 x 88,9 cm
Pace Editions Ink, New York,
Drucker: Yasu Shibata
© Chuck Close, courtesy Pace Prints
 

Highlight der Ausstellung ist Emma, die Nichte von Close als Baby. Der 113-farbige japanische Ukiyo-e Holzschnitt "Emma" (2002) - angefertigt vom japanischen Künstler und Druckexperten Yasu Shibata (Druck: Pace Editions, Inc., New York) - ist dem Originalölbild "Emma" (2000) gegenübergestellt. Zudem werden acht Holzdruckstöcke zur Veranschaulichung ausgestellt. So kann man eine Ahnung von dem gigantischem Aufwand und der hohen Qualität der Drucke in dieser Schau bekommen.
Auch am Bsp. von "Roy" (2002), dass das Portrait des US-Künstlers Roy Lichtenstein (1923-1997) darstellt, zeigt man beginnend vom Messinggitter, die vielen Mylar-Schablonen (Polyester-Folie) und die jeweiligen Druckzwischenergebnisse nach jeder Folie, die zum Endprodukt benötigt wurden.
Ein Video von Eli Obus "Making of Chuck Close's Roy Lichtenstein Paper Edition" zeigt im Zeitraffer das mühsame Verfahren. Eine Kurzversion des Films gibt es auf YouTube zu sehen. Ein weiterer interessanter Film (120 min.) in der Ausstellung zeigt Close beim Malen.
Von Zustandsdrucken bis zu dem signierten Enddruck, von Weichgrundradierungen, Holzdrucken mit Druckstöcken oder in Schablonentechnik, Reliefdrucke, Siebdrucke, Linoleumdrucke im Eliminationsverfahren, Mezzotinti, Fingerprints, Lithografien, Aquatinta, Teppiche und Jacquard Tapisserien kann man sich vom reichhaltigen Œuvre des amerikanischen Superstars überzeugen.
Für die jüngsten der Besucher wurde mit einer netten und aufschlussreichen Kinderecke gesorgt.
Eine Ausstellung, die man sich nicht entgehen lassen sollte!

Einziger negativer Kritikpunkt: Aus finanziellen Gründen konnte das MdM keinen Katalog publizieren. Auch konnte der Museumsshop keinen einzigen Katalog zum ausgestellten Künstler vorweisen, da diese offensichtlich vergriffen sind. Ebenfalls wurde der gezeigte Film nicht als DVD zum Kauf angeboten.

LitGes, Dez. 2012

 

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