Frída Ísberg: Lederjackenwetter

Cornelia Stahl

Frída Ísberg:
Lederjackenwetter

Gedichte.
Nettetal: Eli Verlag
Aus dem Isländischen
2021, 92 Seiten
ISBN: 978-3-946989-46-2

Eine zweite Haut braucht der Mensch, um sich gegen die Unwägbarkeiten der äußeren Welt zu wappnen. Ein Schutzschild sozusagen, das Gefahren, die im Außen lauern, abwendet und Schutz nach innen bildet, um die eigene Verletzlichkeit zu hüten wie einen wertvollen Schatz. Denn Empfindsamkeit, Mitgefühl und Empathie für uns selbst und ein Gegenüber, sowie für die Schönheit der Welt sind letztlich Indikatoren, die unser Menschsein auszeichnen. Den Gedichtband unterteilt die Autorin in drei Abschnitte: von der 1. Person zur 2. Person, mündet er im dritten Teil in ein WIR.
„Empfindsamkeit“ ist eine Gemeinsamkeit von Vater und Tochter, die im namensgleichen Gedicht zum Ausdruck gebracht wird (S.11):
meine erste lederjacke
er hat es am eigenen leib erfahren
dass die empfindsamen
schutz bedürfen
Isberg greift das Wechselverhältnis zwischen innerer und äußerer Welt sowie zwischen Mensch und Umwelt auf. Das lyrische Ich sucht seinen Platz in der Welt, pendelt zwischen Selbstvertrauen und Verzweiflung (S.13), erkennt das eigene Ich im Spiegel, ein Sujet, das wiederholt in Erscheinung tritt. Im zweiten Teil des Gedichtbandes nimmt die Autorin ein „Du“ in den Fokus und erinnert indirekt an Martin Buber, den jüdischen Philosophen, der den Menschen in seinem Zitat „Der Mensch wird am du zum ich“ markiert. Das lyrische Ich wendet
sich an ein Gegenüber, beispielsweise im Gedicht: DU BIST EIN ATOM (S.35):
du bist mit diesem lachen geboren
mit diesem humor
diesem stolz
Frída Ísberg, 1992 auf Island geboren, studierte Philosophie und Kreatives Schreiben an der Universität von Island. Ísbergs Lyrik liest sich leichtfüßig, schafft Oberflächenspannung und Tiefe zugleich. Lyrikgenuss pur!

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