H. und R. Langthaler: Kerbungen

Cornelia Stahl

H. und R. Langthaler:
Kerbungen

Schwarze Texte und Holzschnitte. Vw: S. Ayoub
Wien: Promedia. 2021,
88 Seiten
ISBN:978-3-85371-495-9

Ausbrechen aus der Angst. Als am 24.2.2022 russische Bomben ukrainische Städte zerstörten, erinnerten sich die Bewohner Sarajevos an den Horror, den sie 1993 erlebten. Nicht zufällig bildet das Gedicht ADRIA 1993 – Sarajevo den Auftakt des vorliegenden Lyrikbandes.
Hilde Langthaler erzählt darin von ihrer Angst: angst – wovor – und warum ich? bin ich ungehorsam …. die angst vor strafe sitzt mir im genick - und begreift sie als Verflechtung innerer und äußerer Zuschreibungen, fürs Anderssein! Das ist genug – hier in unserer welt!.
Ein melancholischer Grundton durchzieht den Gedichtband,nimmt Einsamkeit, Alleinsein, Verlassenheit in den Fokus, insbesondere im Gedicht allein über die brücke. Darin heißt es auf Seite 8: und so mutterseelenallein bleiben wir die verlassenen, wir die verlorenen, übrig hier auf dieser welt.
Im Poem „durch das labyrinth der zeit einen weg“ erkennen wir das Ringen um Möglichkeiten des Entkommens aus den zuvor beschriebenen Ängsten.
Hilde Langthaler war Berufstätige und Mutter. Carearbeit verknappte die Zeit für lyrisches Arbeiten. Im Gedicht „die brutpflege“ spricht sie explizit über diese Mühen: „die brutpflege“,– wie in der tierwelt, so viel kraft in die brutpflege... (S.20).
Ob auf Reisen, am Strand oder in den Bergen: die Autorin nutzte freie Minuten, um ihre literarische Arbeit voranzutreiben. 2019 widmete ihr das PODIUM mit Podium-Porträt 101 posthum eine Ausgabe.
Ehemann Richard Langthaler fertigte Holzschnitte zu den Gedichten an, die als eigenständige Kunstwerke gedeutet werden können.
Eine Hommage an die Autorin!

Hilde Langthaler (1939-2019) war Ärztin, Mitbegründerin des Wiener Frauenverlages. Richard Langthaler, 1942 in Kirchberg/Wechsel geboren, arbeitet mit Holz und Ton.

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