Jarka Kubsova: Bergland

Cornelia Stahl

Jarka Kubsova:
Bergland

München: Wunderraum bei
Goldmann
2021, 283 Seiten
ISBN: 978-3-442-31618-2

Weibliche Figuren sichern das Überleben von Familien. Obwohl der „Girlsday“ zur jährlich wiederkehrenden Veranstaltung zählt und propagiert, „Mädchen können alles werden“, wird ihnen bis heute wenig zugetraut. Doch in entscheidenden Situationen haben Frauen und Mädchen das Überleben von Familien gesichert. So auch in Kubsovas Roman. Als die Mutter stirbt, kümmert sich Rosa um die Kleinkinder in der Familie und strukturiert den Tagesablauf. Atmosphärisch verdichtet, erzählt Kubsova von den Mühen, der Trauer und dem Verlust in einem Südtiroler Bergdorf. Als nach vielen Generation harter Arbeit ein anderer Wind durchs Dorf weht und die Enkelin „Urlaub auf dem Bauernhof“ anbieten möchte statt Felder zu bestellen, stemmt sich Rosas Sohn, heute Großvater, gegen die Idee der Enkelin, misstraut ihrem Vorhaben und wehrt sich gegen den voranschreitenden modernen Lebenswandel. Doch Enkelin Franziska unterwirft sich der Moderne und dem Diktat der „Instagrammer“, die pausenlos Bilder auf Plattformen posten und Bauerhöfe gnadenlos bewerten oder eben weiterempfehlen. Der Zusammenhalt der Bergmenschen bröckelt nach und nach. Die Autorin vermittelt in ihrem Debüt ein Panorama unterschiedlicher Lebenswelten, erzählt im Subtext die wechselvolle Geschichte Südtirols, verbindet im Roman Tradition und Moderne. Eindrucksvolles Kino in langsamen Bildern, die uns am Wandel Südtirols teilhaben lassen. Feine Figurenzeichnung und nah dran am Zeitgeist. Eine leicht lesbare Lektüre, die dennoch nicht an Tiefe eingebüßt hat.
Jarka Kubsova, geboren 1977 in Tschechien, floh mit ihren Eltern 1987 nach Deutschland. Sie studierte in Hamburg und volontierte anschließend bei der »Financial Times Deutschland«, war dort als Reporterin tätig. Ebenso für „Stern“ und die Wochenzeitung „Die Zeit“. Für ihr Romandebüt „Bergland“ zog sie sieben Monate auf einen Südtiroler Bergbauerhof.

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