Maria Seisenbacher: Zwei verschraubte Plastikstühle

Cornelia Stahl

Maria Seisenbacher: Zwei verschraubte Plastikstühle
Gedichte. Wien: Edition Atelier.
2018, 56 Seiten.
ISBN: 978-3-903005-40-2

Kindheit – Schatten und Spuren der Gegenwart. Das Thema Kindheit wurde und wird in zeitgenössischer Literatur immer wieder aufgegeriffen. Auf Kindheitserlebnisse auf dem Land blickt Maria Seisenbacher zurück, auf Erfahrungen zwischen Unbeschwertheit und Umbruch. Sie unterteilt ihren Lyrikband in drei Akte. Jeder Abschnitt steht für sich, beginnt und endet mit dem „Nach Hause-kommen“: die Sterne nie gezählt/nur die Wochentage eingeteilt/in Abwesenheit der Eltern. Mit wenigen Worten entwirft Seisenbacher Bilder, die an die eigene Kindheit erinnern. Vom Schaukeln (im Garten) ist da die Rede, vom Radfahren und von zu kurz geratenen Sommerkleidern, Wachstumsschüben inbegriffen. Kummer bleibt nicht ausgespart: ein kleiner schatten/ bleibt inseitig/ein kleiner schatten, der mehr und mehr dich ausbrennt (S.42). Ebenso sind Tod, Abschied und Umbrüche gegenwärtig, mit denen sich die Autorin schon in vorangegangenen Gedichtbänden auseinandersetzte: lange bevor/dein Lachen meinen größten Kummer/ zum Ausdruck bachte/veränderte der Schmerz seine Oberfläche (S.54). „Von der Bestimmung“ lesen wir: sterben ist: Gegenwart/ gestorben ist: Ewigkeit. Die präzise, reduzierte Wortwahl erzeugt Spannung und eröffnet dem Leser ausreichend Möglichkeiten für eigene Assoziationen und Interpretationen. Anfang und Ende bilden eine Klammer. Den Schluss eröffnet das Gedicht „Vom Ende“: die Oberfläche nimmt uns/nur spürbar/... den Grund der Endlichkeit an Luft/in ihrer Mitte. Maria Seisenbacher, 1978 geboren, selbst Mutter von zwei Kindern, lebt und arbeitet in Wien. Nach dem erfolgreichen, 2015 erschienenen Gedichtband „Ruhig sitzen und mit festen Schuhen“, der sich existenziellen Themen widmet, sei auch der vorliegende Band insbesondere Lyrikfreunden empfohlen.

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