Petra Gabnglbauer: Gefeuerte Sätze

Cornelia Stahl

Petra Ganglbauer: Gefeuerte Sätze.
Limbus Lyrik. 94 Sätze.
Innsbruck-Wien. 2019.
ISBN: 978-3-99039-145-7

Wenn Narben nie verheilen

Die österreichische Autorin Petra Ganglbauer greift im aktuellen Lyrikband Themen wie  Heimat, Flucht und Sprache auf, die im Gedichtband „Wie eine Landschaft aus dem Jahre Schnee“ (2017) bereits im Focus standen. Das Cover ziert Schlauchboote, Ruderboote und Rettungsringe und verweist auf die Thematik, welche seit 2015 meist unter dem Wort „Flüchtlingskrise“ subsumiert wurde. Das Bild der Seenotretterin Carola Rakete taucht auf, die den Ertrinkenden Humanität entgegenzusetzen versuchte. -

Ganglbauer setzt sich mit sprachlichen Mitteln mit den oben genannten Themen auseinander. Sie unterteilt ihren Lyrikband in eine Trias: Gewalt Muster/ Revisited/ Blessuren. „Gefeuerte Sätze“ lässt an Kriegszustände denken, an Gewehre, Raketen und Pistolen, aus denen Schüsse abgefeuert werden. Aber auch Worte, Sätze, die  hinausgeschleudert oder gebrüllt werden, können mitunter als Schüsse empfunden werden. Das eingangs assoziierte Bild der Ertrinkenden korrespondiert an anderen Stellen mit Abbildungen, die aus Konzentrationslagern wie Mauthausen bekannt sind: „Massenhaft Rippen gezählt... Als hart verlassene namenlose Körper“ (S.8). Das Elend, medial aufbereitet, punktuell angereichert mit Fake News, verschmilzt zu einer klebrigen Masse, verstellt den Blick auf die Realität, lässt Individuen verblassen: „Das Schimmern der Namenlosen. Zu Erde verdichtet, zu Staub“ (S.9). - Ganglbauers Texte eröffenen Möglichkeiten einer tiefer gehenden Auseinandersetzung mit einem zeitgenössischen Thema. Empfehlenswert!

 

Petra Ganglbauer, geb, 1958 in Graz, lebt in Wien, ist Radiokünstlerin, Leiterin des Lehrgangs für Schreibpädagogik, Wien. Veröffentlichungen (Auswahl): Die Unbeugsame. Petra Ganglbauer über Jeannie Ebner. Mandelbaum, 2018. P.ROSA. mit Sophie Reyer, Klever, 2019. 

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