Rumaan Alam: Inmitten der Nacht

Cornelia Stahl

Rumaan Alam:
Inmitten der Nacht.

München: Penguin Random House.
2021, 314 Seiten.
ISBN: 978-3-442759286

Fremdheit – Wo beginnt und wo endet Privatheit?
Der perfekte Urlaub sollte es werden, der gemeinsame Urlaub von Amanda und Clay samt pubertierender Kinder. Eine erholsame Woche auf Long Island, außerhalb New Yorks, im wunderschönen Haus am Ende der Welt (S.19). Dort, wo dem man den eigenen Ängsten am besten entfliehen kann. Doch plötzlich bringt ein Stromausfall in Manhatten den perfekt gezimmerten Urlaubsplan durcheinander. Die Familie, bereits im Ferienhaus eingenistet, wird inmitten der Nacht von den Besitzern des Anwesens überrascht. Sie sind da, unangekündigt, beanspruchen Platz und Gehör. „Die Fremden saßen dort (in der Küche), als wären sie hier zu Hause, was vielleicht auch stimmte“ (S.77).
Alams Dramaturgie erzählt vom Aufeinandertreffen zweier Familien in einer Notsituation und konfrontiert mit verdrängten Ängsten, Vorurteilen und Rassismen.
Die bildhafte Sprache erinnert an die in Theaterszenen dargestellte Kleinbürgerlichkeit.
Dem Autor gelingt eine feine Figurenzeichnung sowie die allmähliche Annäherung der Personen: „Wahrscheinlich hatten diese Leute sich bloß verfahren“, (S.53). Und an anderer Stelle: „Ich bin G.H..... Die Abkürzung sagte Amanda nichts“ (S.55).
Sarkastisch und direkt erzählt Alam von den Schwächen der Menschen, vom Versuch, die Fassade zu wahren.
„Was die Fähigkeit zum Selbstbetrug anging, war der Mensch unschlagbar“, (S.131).
Eine unterhaltsamer Roman, der dem Eigenen und dem Fremden sowie dem Grenzverlauf dazwischen intensiv nachspürt.
Rumaan Alam stammt aus Bangladesh und gilt als Nachwuchsstar in der amerikanischen Literaturszene. Sein Roman kam auf die Shortlist des National Book Award 2020. Alam schreibt für The New York Times, lebt in Brooklyn und unterrichtet an der Columbia University.

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