Wolfgang Kühn: (Hg.): Grenzenlos?

Cornelia Stahl

Anthologie: 2020. 241 Seiten.

St.Pölten: Literaturedition Niederösterreich.

ISBN: 98-3-902717-54-2

 

Grenzen – imaginierte und reale

Niederösterreichs Grenzen zu Tschechien prägen seit vielen Jahren das Zusammenleben beider Staaten. 1989 wurden die Grenzbalken endlich durchtrennt. 1995 trat Österreich der Europäischen Union bei, doch im März 2020 wurden Europas Landesgrenzen erneut geschlossen, persönliche Ausgangsbeschränkungen aufgrund der COVID 19-Pandemie angeordnet. Die aktuelle Anthologie der Literaturedition Niederösterreich setzt sich mit den unterschiedlichen Formen von Grenzen auseinander. Autoren/Autorinnen sowie der Objektkünstler Matthias Mollner lieferten facettenreiche Beiträge. Milena Michiko Flasar simulierte mithilfe der Tagebücher Klaus Manns die Vorstellung, nicht mehr in die Heimat zurückkehren zu können. Ilse Tielsch versetzt sich in die Kindheit zurück, als plötzlich während des Fahrradfahrens Erinnerungen an die Eltern auftauchen. Xaver Bayer nimmt uns mit auf eine Grenzfahrt. Die Doppelseite in ultramarin und folgende Fotos lassen uns hinabtauchen, in einen Fluss und eine Nacht durchqueren. Atmosphärisch folgen die Bilder einem eigenen Erzählfluss, bewirken ein Innenhalten. In David Bröderbauer s´Beitrag spürt der Lesende die Distanz zwischen zwei Ländern: Unausgesprochene Worte erschweren den Blick nach Tschechien. Die jahrelange Entfremdung löst sich im Gespräch zwischen Vater und Sohn auf. Annäherung wird ermöglicht. Julian Schutting konstatiert: „Grenzüberschreitungen, das sind Horizonterweiterungen“ (S.33), Kindheit und Kirchenstraße. Ana Marwan reflektiert paradiesische Grenzen.

Weitere Beiträge von: Zdenka Becker, Harald Friedl, Sandra Gugić, Barbara Neuwirth, Verena Mermer, Thomas Sautner, Michael Stavarič, Peter Steiner. Dem Herausgeber Wolfgang Kühn ist eine sorgfältige Auswahl an vielfältigen Bild- und Textbeiträgen gelungen. Ein facettenreicher und grenzenloser Lese- Genuss!

Cornelia Stahl


 

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