Harald Darer: Blaumann

Eva Riebler

Harald Darer:
Blaumann

Wien: Picus 2021
200 Seiten
ISBN 978-3-7117-2075-7

Reise in die Vergangenheit. Der Protagonist löst sein Versprechen an einen kollegen seiner Lehrjahre ein und kehrt nach 25 Jahren an den Ort zurück, wo er einst tätig war. „Tätig war” ist schöngeredet, denn er hatte gemeinsam mit seinem Kollegen furchtbare Lehrjahre hinter sich. Der Juniorchef traktierte sie, wo er nur konnte und behandelte sie wild gestikulierend, finster dreinschauen, mit einfachsten Zurufen in seiner Sprüchesprache gezielt abfällig. Gemeinsam mit einem Einarmigen, untertänigen Mitarbeiter, der ihn auch körperlich drangsalierte, schleppte er Waschmaschinen und Fernseher ins nahe gelegene Sichenheim, sprich Landesaltersheim, wo sie vermietet wurden und nach jedem Todesfall wieder geholt wurden, um sie zu einem Versicherungsfall zu „reparieren”- sprich kapput zu machen. Das Schleppen zerschnitt ihm die Handballen und war der Startschuss für ein späteres, lebenslanges Unterleibsleiden.
All die Grausamkeiten laufen wie in Echtzeit ab, als er auf den Kollegen vergeblich wartet. Stattdessen befreundet er sich mit einem Trinker und erlebt einen Blick in dessen ehemalige Arbeitswelt als Dosendeckelstappler. Vielleicht ist diese gescheiterte Existenz ja der tief gefallene Genosse von früher. Jedenfalls ist zu Ende des Romans ein Brief der Ehefrau eingeblendet, in dem sie den ehem. Kollegen bittet, mit ihrem Mann zu sprechen, denn nur er kenne ihn und könne ihm Zuversicht geben, da er nun in seiner Elektrofirma den Arbeitsplatz verloren habe.
Der Roman ist spannend und sprachlich genial geschrieben. Der Autor zieht mit seinen Merksprüchen eine zweite weitläufige, philosophierende Ebene ein, die von der banalen Ebene des traurige-grotesken Arbeitslebens und seiner Abgründe sich kontrastierend abhebt! Harald Darer, geb. 1975 in Mürzzuschlag, lebt und schreibt in Wien, war selber Elektroinstallateur-Lehrling und weiß, wovon er spricht. Seine Romane bei Picus: Wer mit Hunden schläft, 2013; Herzkörper, 2015; Schnitzeltragödie, 2016.

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