Hg Wolfgang Kühn: Neue Literatur aus Österreich: auf tau chen

Eva Riebler

Neue Literatur aus Österreich: auf tau chen
Hg Wolfg. Kühn, Foto Eva Kern

St. Pölten Literaturedition NÖ, 2019, 190 Seiten
ISBN 978-3-902717-47-4

Wolfgang Kühn, der Mitbegründer/Mitherausgeber des DUM (seit 1922), das ultimative Magazin, Sänger  der Gruppe „Zur Wachauerin“, HG von CDs „aufhorchen“, „Vesselsky/Kühn: wauns amoi so aufaungt“ und „wia waun“. Außerdem Hans-Weigel-Literaturstipendiat des Landes NÖ 2018/19 ist der engagierte Herausgeber dieser Anthologie. Seine Song-Titel und Texte wie z.B.:“woidviertel am meer“ oder „im kölla“ usw. aus der ersteren (übrigens wirklich sehr empfehlenswerten!) CD nehmen schon das Thema des vorliegenden Bandes vorweg: Sichtweisen zu „Stadt-Land“. Und das natürlich gesellschaftskritisch und die jungen AutorInnen fördernd, wie es ja auch die LitGes vor allem im nächsten „etcetera Heft LitArena“ verwirklicht.

Die Beiträge der 10 niederösterreichischen, mehr oder minder JungautorInnen lassen sich nicht einfach schnell durchblättern. Man/frau fällt richtig in die Geschichten hinein und kann nicht vor dem Ende aufhören zu lesen. So erging es jedenfalls mir, als ich Daniela Dangls „Seesternstunden“ oder Eva Lugbauers „Der Zwiebelgarten“ aufschlug. Philipp Nolz schreibt ein Interview mit einem alten Mann so geschickt, dass er die Atmosphäre rundherum einfing: „Als sich der alte Mann setzte, zitterten seine Knie kurz, ehe sie plangemäß einknickten. So auf der Bank sitzend, so die Handflächen auf dem Tisch ausbreitend, so seine von Adern und Falten durchzogenen Handrücken betrachtend, atmete er tief ein. Wozu ich hier sei?“

Genauso einfach und narrativ spannend ist die Erzählung Susanne Weigersdorfer über einen kleinen Maulwurf in ihrer Hand und ihre kargen Resümees sowie Statements und Antworten ihres Vaters: „… Sauviech, sagt mein Vater. Die Amsel singt noch immer. … Was soll ich schon mit ihm (Vater) reden. Was mit ihm anfangen, wo wir doch nie viel miteinander anfangen konnten. Ich kann nichts tun – außer dem, was ich zu tun habe. Wie zum Beispiel vor einem Erdhaufen knien und schaufeln.“

Richtig berührend ist die Erzählung einer Liebesbeziehung in Abwesenheit „Einen Wald geerbt“ von Martin Peichl. Er scheut nicht intime Details auch beim Tod des Vaters lebendig zu machen, befingert sogar die Ritzen und Kratzer im Parkettboden mit seinen Fingerspitzen und fragt sich immer öfter: Wo wirst du sein, wenn ich sterbe?

Das war meine persönliche Herzens-Liste! Ein erzählerisches Highlight nach dem anderen! Die Jüngste Susanne Sophie Schmalwieser, 2001 in Mödling geb., ist mit ihrer Erzählung „Kar“, die im Spannungsfeld zwischen Großbauern und Arbeitern angesiedelt ist, genauso packend. Es ist also eine Best-Of-Liste zu finden, gar nicht möglich! Die weiteren AutorInnen müssen Sie selber  einreihen. Die da sind: Eva Rossmann, Harald Jöllinger, Simon Doujak und die zweitjüngste Hannah Oppolzer aus Baden, die poetisch und gekonnt philosophisch über die Zeit, die Stadt und das Land reflektiert.

Eine berührende, tolle, spannende Sammlung! Die Literaten und Literatinnen wurden durch herausragende Fotos von Eva Kern repräsentiert! Gratulation an die Fotokünstlerin, die AutorInnen und an den HG Wolfgang Kühn!

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