Manichi Yoshimura: Kein schönerer Ort

Eva Riebler

Manichi Yoshimura: Kein schönerer Ort.
Roman
cass-verlag,
Löhne 2018,
158 Seiten
ISBN 978-3-944751-19-1

Katastrophe vorbei? Es ist eine Zwischenzeit, eine Zeit der Ängste, des Verschweigens, Verdeckens und Sterbens. Niemand wird angeklagt, kein Schuldiger genannt und doch weiß der Leser um den totalitären Staat und seine Unterdrückungsmechanismen. Jede Reaktor-Katastrophe mag gemeint sein, jedenfalls ist es anlässlich der Reaktorkatastrophe Fukushima vom 11.3.2011 in Japan geschrieben und 2018 ins Deutsche übersetzt worden.

Ganz langsam beginnt die Erzählung aus der Sicht einer 11-jährigen Japanerin, die mit ihrer Mutter in ärmlichen Verhältnissen lebt und sie wie den Schulbetrieb aufs Genaueste beobachtet. Da klare Fragen oder Antworten im autoritären Schulalltag nicht üblich sind, sind die kindlichen/pubertären Reflektionen sehr kenntnisreich. In dem der/die Leser/in sie durch den Alltag begleitet, hat er/sie die Möglichkeit peu a peu die Lebenssituation zu erkennen: Das siebte, das achte Kind stirbt in dieser Schule, später sind es elf, LehrerInnen werden ausgewechselt, ständig wird jeder beargwöhnt, überall streng zurechtgewiesen. Frische Lebensmittel, auf denen farbenfrohe Aufkleber prangen, wie „Sicherheitssiegel“, „Unbedenklichkeitssiegel“ – werden von der Mutter im Supermarkt gekauft, müssen hergeschenkt bzw. zuhause in den Müll wandern, obwohl man arm ist usw.

So erschließt sich im indirekten Schildern der Situation die Unmöglichkeit des selbstbestimmten Lebens, die Unfreiheit und der Unterdrückungsapparat, der mit Angst und verstärktem Gemeinschaftssinn nach dem Motto: Wer nicht mit uns ist, ist gegen uns! arbeitet.

Dieses Buch ist spannend zu lesen und der wertvollste Beitrag gegen Gleichschaltung und impft gegen verordnete Lügen – daher gehört es in jede Bibliothek und vor allem als Klassenlektüre in die Schulbibliothek ab der Unterstufe!

Gerade in Zeiten von/nach Corona ist dieses Buch der Zwischentöne ein wesentlicher Beitrag des Erlebens der Nicht-Verantwortung

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