Milena Michiko Flašar: Oben Erde, unten Himmel

Eva Riebler

Milena Michiko Flašar:
Oben Erde, unten Himmel

Verlag Klaus Wagenbach
Berlin 2023
286 Seiten
ISBN: 978-3-8031-4363-1

Die Protagonistin Suzu lebt mit Hamster in einer japanischen Großstadt, ist die Ich-Erzählerin und leitet durch den Roman. Sie braucht nicht viel Gesellschaft um sich, ist jedoch traurig, dass ihr Freund sie nicht mal mehr anspricht und sie von einem Tag auf den anderen als Kellnerin wegen „mangelndem Liebreiz” gekündigt wird. Sie braucht jedoch eine Arbeit und landet bei einer Reinigungsfirma, die hinter Verstorbenen (Kodokushi), die oft wochenlang in ihren Räumen lagen, bis der Geruch Nachbarn auf den Plan rief, respektvoll und hygienisch perfekt säubern. Es ist Schwerarbeit, die ganze Verlassenschaft muss geordnet und die Wohnung wieder in einen vermietbaren Zustand gebracht werden. Zum Schluss wird mit einer kleinen Zeremonie dem unbekannten Verstorbenen persönlich Respekt erwiesen. Flasar fügt die Lebensinhalte und Lebensphilosophie des Teams der Leichenfundortreiniger dazu, sie lässt die Hauptperson Suzu minitiös die Nachbarn Fuji oder die Eltern in ihrer kommunikativen Zurückgebliebenheit beobachten und führt als Kontrapunkt den herzensgebildeten, etwas groben und direkten Firmenchef Sakai ein. Seine Sprüche sind die reine Wahrheit und durch ihn bildet sich eine enge Gemeinschaft des Arbeitsteams heraus.
Die Leser werden selbst im Sterbezimmer Sakais noch mit psychologischen Einblicken belohnt. Der eigene Tod wie der eines anderen ist nicht wirklich vorstellbar und trotzdem tut sich die Frage nach ihm und den moralischen Standards auf. Das Werk hält einen Fuß in die Tür des Verabschiedens und legt einen neuen Schwerpunkt auf moralisches Miteinander und auf gegenseitige Achtung.
Ein großartiges Buch, voll von japanisch getönter Philosophie! Wie bei den vorangehenden, mehrfach ausgezeichneten Romanen „Herr Kató spielt Familie”und „Ich nannte ihn Krawatte” sinkt der Leser in die Personen ein und nimmt Einfachheit und Klarheit mit!

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