Roswitha Klaushofer: Wild Rosen Gold

Eva Riebler

Roswitha Klaushofer:
Wild Rosen Gold.

Anagramme
Bilder d. Autorin
Szb/Wien Edition Tandem,
2022, 112 Seiten
ISBN 978-3-904068-61-1

Klanguniversum - Schaut man Roswitha Klaushofer zuhause in ihrem Wohnzimmer über die Schulter, blickt man auf einen Buchstabenkasten für Vorschulkinder.
Leise murmelnd werden Buchstaben hin und hergeschoben, bis die Zeile passt. Ein Anagramm ist fertig! Diesmal zu einem rudimentären Satz Thomas Bernhards aus „Der Keller”. Klaushofer liebt diesen originellen wie harschen Dichter und bemüht sich aus Satzteilen ein oft 6-zeiliges Gedicht, das dem Autor entspricht, zu verfertigen.
Lautmalend versteht man den Inhalt und die Stimmung, fast eine Kurzbio Thomas Bernhards, meint sie im Gespräch mit Volker Toth vom Verlag Tandem, ist entstanden. Weitere Sätze von AutorInnen wie Marlene Haushofer, Nikolaus Lenau, Clemens Bretano, Christine Lavant oder Elisabeth Schmeidel und Georg Trakl finden Eingang in Klaushofers Universum. Aus ihren Zeilen werden Klangkörper, wunderschön komponierte Sinngedichte, die doch der strengen Anagramm-Regel unterliegen: Kein Buchstabe des Ausgangssatzes darf zu oft vorkommen oder gar fehlen. Diese strukturierte Form verlangt viel Aufbauzeit und ergibt überraschende Wortzusammensetzungen und wunderbare Bilder.
Um eine kurze Vorstellung zu bekommen eine Miniatur nach dem Gedicht E. Schmeidel: Rote Raben.
Erraten ob / Rabentore / an Rebe Ort / rabenrote /Oberarten / ro beraten. // Aber Toren / Aberorten / orten aber / rare boten. /Rote Narbe / narre – tobe.
So beeindruckend wie ihre sprachlichen Bilder gesellen sich ihre Tusche-Aquarelle dazu. In feinen Grautönen und Schattierungen bieten sie in ihrer Abstraktheit Raum zum Weiterdenken und Assoziieren. Eine wunderbare Ergänzung, die nicht bebildert, sondern gedanklich öffnet.
Auch hier ist die Autorin Althergebrachtem zugeneigt und verwendet 25 uralte Rezeptblöcke, die noch die laufende Nummer tragen, für ihre zarten Tuscheaquarelle.
Ein feines, artifizielles Werk!

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