
Heidi Kastner: Dummheit
Heidi Kastner:
Dummheit
Wien: Kremayr & Scheriau
2021
104 Seiten
ISBN 978-3-218-01288-1
Was macht ein Sachbuch über Dummheit in einer Literaturzeitschrift? Noch dazu, wo laut Autorin, ein Phänomen nur lückenhaft beschrieben wird und Lösungsansätze zu vermissen sind? Um über Sachverhalte und Emotionen reflektieren zu können, schreibt die Psychiaterin Heidi Kastner, braucht es Begrifflichkeiten.
Diese zu finden, sei umso schwieriger, als auch für das vermutete Gegenteil, die Intelligenz, es bis heute keine wissenschaftlich anerkannte eindeutige Definition gibt.
Was also ist Dummheit und wie kann man sie erkennen, wenn sie sich offensichtlich der Vermessung entzieht?
Dummheit, aus der wieder dumme Handlungen resultieren, ruhe auf mehreren, äußerst stabilen Säulen, konstatiert Kastner.
Vermutlich die unwesentlichste sei der Mangel an jenen Fähigkeiten, die mit einem Intelligenztest abgefragt werden. So war sie während ihrer Tätigkeit als Gerichtssachverständige immer wieder mit definitionsgemäß intelligenzgeminderten Straftätern konfrontiert. Bei keinem war mangelnde Intelligenz Ursache der Tat, sondern Beweggründe wie Gier, Wichtigtuerei oder die Unwilligkeit, Grenzen zu akzeptieren.
Ein weit größeres Problem stellten die „Lernverweigerer“ dar bzw. der Unwille, aus Erfahrungen zu lernen und analoge künftige Situationen so zu gestalten, dass die bestmögliche Entwicklung mit hoher Wahrscheinlichkeit eintritt. Teilweise beruhten dumme Handlungen auch auf unzureichendem Wissen, aber nur dann, wenn man den eigenen Wissensmangel als unproblematisch erkennt. Neben der Anstrengungsverweigerung, die die Urteilskraft unterminiert, können natürlich zahlreiche andere Ursachen für dumme Entscheidungen vorliegen.
Was Faktenverweigerer, Querulanten, Verschwörungstheoretiker oder Gefühlsdumme antreibt, analysiert Kastner in leicht verständlicher Sprache.
Leider wird das Buch vermutlich nur von jenen gelesen werden, die klug genug sind zu wissen, dass vor Dummheit niemand gefeit ist.