Livia Klingl: Lauter Fremde! Rez.: Eva Riebler-Übleis
Eva Riebler
Livia Klingl: Lauter Fremde!
Wie d. gesellschtl. Zusammenhalt zerbr.
Kremayr & Scheriau, Wien: 2017, 208 S.
978-3-218-01061-0
Chancen. Die Autoren, geb. 1956 in Wien beleuchtete bereits 2015 in „Wir können doch nicht alle nehmen! Europa zwischen „das Boot ist voll“ und „Wir sterben aus“ die Problematik der Einwanderung. Durch ein Zumauern in einem demografisch überalterten Europa würden sinnvolle Chancen vertan, so L. Klingl.
Sie fragt sich, warum Fremde stets zum Sündenbock gestempelt werden. Warum viele zurück wollen in die „gute, alte Zeit“, als es noch keine Globalisierung gab, keine Flüchtlinge und keine Angst vor sozialem Abstieg. Warum wir unseren Kindern einbläuen, Angst vor Fremden zu haben und warum es so viele Wut- und Hass-Postings gibt. Sie spricht über Ausgrenzung und Vorurteile und Verunsicherung und meint, dass wir dazu verdammt sind, „einigermaßen miteinander auszukommen. Denn die Alternative lautet: Jeder gegen jeden, und die kennt enorm viele Verlierer.“
Sie lässt 21 in Österreich lebende Menschen zu Wort kommen, was ihnen „fremd sein“ bedeutet und wie man damit umgehen kann. Diese Portraits sind z.B. von einer Syrerin, einem Bosnier oder von einer Tänzerin, die 1936 in Wien geboren, mit ihrer Familie wie ein Wunder das KZ Theresienstadt überlebte. Keine Antworten bekam sie vom rechts angesiedelten Andreas Mölzer oder dem FPÖ-Spitzenpolitiker Norbert Hofer. Umso treffender formulierte Johannes Voggenhuber (Bundessprecher/Fraktionschef der Grünen, Europaabgeordneter bis 2009) seine Sehnsucht nach dem Unbekanntem, dem Fremden. Er habe von den Fremden zu denken und zu fühlen gelernt. Das Fremde könne natürlich auch bedrohen. Es verlange nämlich von einem, neue Möglichkeiten zu entdecken. In Marokko z.B. überforderte ihn die sinnliche Erfahrung des Fremden enorm. Das Kennenlernen ist ja kein undramatischer Akt, das passiert ja nicht nur zwischen zwei Menschen – Liebe hat auch immer eine bedrohliche Seite -, das passiert auch mit Dingen. Es stehe immer die eigene Identität auf dem Spiel … auch eine Diktatur sei etwas Fremdes.. usw.
Fazit: unbedingt empfehlenswert!