Synke Köhler: Kameraübung. Erzählungen Rez.: Eva Riebler-Übleis
Eva Riebler-Übleis
Synke Köhler
Kameraübung. Erzählungen
Wien: Kremayr & Scheriau
126 S.
ISBN 9-783218-010245
Synke Köhler, geb. 1970 in Dresden, hat nachdem sie für die erste Erzählung in diesem Band „Nachbild“ den Newcomer-Preis des Literaturwettbewerbs Wartholz nun ihr Prosadebüt vorgelegt.
Alltagsmomente, Begegnungen und Befindlichkeiten sowie Gedanken der Protagonisten werden von ihr systematisch wie mit der Linse der Kamera festgehalten. Objektiv wie durch ein Objektiv ist ihre Erzählweise. Keine Deutungen oder philosophischen Hintergründe werden eingefügt – es ist, wie und was es ist!
Und wenn es nur ein Angler, der ohne Angel in der kleinen Bucht sitzt, ist – oder ein gegenseitiges Verpassen von Mutter und Vater bei einer Bergtour mit den Kindern ist. Auch das Auftauchen und wieder Verschwinden eines hungrigen Fremden, oder eines kleinen Jungen kann das Hauptereignis einer Erzählung bilden.
Auf alle Fälle wird realistisch, minutiös geschildert, was passiert, wobei meistens fast nichts passiert. Und darum geht es ja – die Aufmerksamkeit des Lesers wird durch die geringe Handlungsdichte gesteigert oder erst hervorgerufen. Er fühlt mit, er setzt sich in die Gedanken eines Anglers ohne Angel, eines Landstreichers oder kleinen Jungen, der sich stets als Außenseiter fühlt oder in die eines anderen Außenseiters, eines Inselbewohners, der im Tourismusgebiet vom Vermieten lebt und trotzdem das Meer zu hassen vorgibt.
Kleine Gegensätze wie diese stehen als Thema da.
Und das ist die Kunst, die Erzählkunst der Autorin, mit Beobachtung und einfacher lakonischer Umgangssprache Gefühle zu schildern und mehr zu beobachten und auszudrücken als die handelnden Personen selbst wahrnehmen.
Auch ist oft die Sprache z.B. bei einer romantischen Erzählung poetischer und leichter. Z.B. S. 80 „Ein Lächeln gleitet an den Balkonblumen entlang. Ihre Füße hinterlassen einen vorsichtigen Eindruck im frisch gefallenen Sommerlichschnee. Glitzern.“
Ein Band mit unerwarteten Erzählungen, leisen Beobachtungen ohne Action oder Surrealismus und trotzdem sehr spannend!