
Justice
FESTSPIELHAUS ST. PÖLTEN
1.5.2024
MILO RAU. HÈCTOR PARRA. TONKÜNSTLER-ORCHESTER
JUSTICE
Eine Produktion des Grand Théâtre de Genève in Koproduktion mit Festspielhaus St. Pölten und Tangente St. Pölten – Festival für Gegenwartskultur.
Chor des Grand Théâtre de Genève
Regie: Milo Rau
Komponist: Hèctor Parra
Libretto von Milo Rau und Fiston Mwanza Mujila
E-Gitarre: Kojack Kossakamvwe
Premiere: 22.1.2024 im Grand Théâtre de Genève
Eine Oper in fünf Akten über die Suche nach Gerechtigkeit nach einem Tanklasterunfall 2019 in Kabwe. Säure fließt aus und nicht nur 21 Menschen sterben, sondern der ganze Ort wird in Mitleidenschaft gezogen, da die Säure ins Grundwasser geht. Die Säure ist für das nahe Kobalt-Bergwerk notwendig. Das allerdings nach einem Stolleneinbruch schließt. Außerdem hätte es mangels Schulausbildung vor Ort keine geeigneten Facharbeiter zum Bedienen der Maschinen mehr. Die Bahnlinie wird stillgelegt.
So greift ein Rad ins andere und die Überlebenschancen eines Ortes sind gleich null.
Der Gerichtsprozess findet nicht statt und für einen toten Erwachsenen werden 1000 Dollar und für ein getötetes Kind 250 Dollar als „Entschädigung“ von der zuständigen Schweizer Firma ausbezahlt.
Ein unerträgliches Video bringt all das Grauen auf die Bühne und trotzdem war die Wirklichkeit noch entsetzlicher, denn die Eingeklemmten riefen stundenlang um Hilfe, während ihnen die Säure weiterhin Körperteile verätzte, ohne dass ihnen geholfen wurde.
Ein höchst politisches Stück, das trotz vieler Zeitzeugenberichte ohne vordergründige Anklage auskommt! Es geht nicht um Mitleid mit Einzelnen, sondern um die Darstellung multinationaler Ausbeutung zugunsten der Wirtschaft, von der wir alle in den Industrieländern profitieren. So wie Reichtum und Armut nebeneinander sind und sich gegenseitig bedingen – so liefert die Musik die kongolesischen Rhythmen gleichzeitig mit einem postmodernen mythologischen Gesang mit großem Orchester.
Ein gelungene Experiment, das durch Verschmelzung von originalen Videos und Tatsachenberichten der Opfer mit der politischen Weltlage als Hintergrund in die Form einer modernen Oper gegossen ist! Der Komponist Hèctor Parra versteht es, die Aufrichtigkeit des Gesanges mit der Wahrhaftigkeit zu verbinden, ohne emotional überbeanspruchend zu sein!