„Wir haben es nicht gut gemacht“

Eva Riebler

Landestheater St. Pölten

LESUNG  12.12.23

Christiane von Poelnitz /Jens Harzer

„Wir haben es nicht gut gemacht“ 

Der Briefwechsel von Ingeborg Bachmann und Max Frisch

Im Rahmen eines Gastspieles des Thalia Theater Hamburg

 

Bereits im Jänner 2023 wurde im NDR ein Teil des Briefwechsels ausgestrahlt. Es sind intime Briefe und doch sind sie Weltliteratur, wie sie es heute nicht mehr geben kann. Der ganze Briefwechsel mit dem gleichen Titel war im Piper/Suhrkamp Verlag erschienen und ein Spiegel Bestseller. Als Hörbuch (speak low Verlag zu 36,-) würde der Briefwechsel 966 Minuten dauern. Das Thalia Theater hat auf gut 100 Minuten gekürzt. Es sind vom Kennenlernen mit Max Frisch 1958 bis zur endgültigen Trennung 1963 300 Briefe erhalten.

Die beiden Schauspieler verkörpern hervorragend in ruhiger Ernsthaftigkeit dieses schwierige Liebespaar. Bachmann hatte nur mit Frisch einen gemeinsamen Wohnsitz und beide erkannten die Schwierigkeit der Liebe. Das Bestreben zusammen zu sein und jeder für sich literarisch und öffentlich zu arbeiten ist dem Scheitern geweiht. Da nützt die so oft beteuerte Zeile: Du bist frei, nichts, wenn der Verlust der Liebe, die Abwesenheit zu groß ist. Frisch ist der, der weiß: „Die Zeit mit dir wird die große Zeit gewesen sein.“, bittet jedoch, obwohl er mit seiner Partnerin Marianne glücklich ist: „ Bleib bei mir, wenn du kannst“. Bachmann will keine „Belästigung für ihn sein“. Für Frisch sind „die Briefe eine andere Chance als das Gespräch“ und Bachmann schreibt: „Ich habe das Bedürfnis nur in Briefen Worte aufzuheben.“ 

Sie sind so nebenbei auch ein Paar in der Öffentlichkeit, was die Situation nicht vereinfacht.

Bachmann scheint am Ende dieser 5 Jahre immer mehr gebrochen und verwundet und schreibt in einem Brief: “Es ist nicht mehr meine geheimste Wunde.“ Sie erbittet umsonst einige bestimmte xyBriefe, die sie geschrieben hat, zurück zu bekommen.

Scham, Bitternis und unheilbare Verwundung erdrücken. Bachmann kränkelt an der Liebe und scheint verhärtet und weniger liebevoll als Frisch. Sie geht durch die Hölle der Einsamkeit, Traurigkeit und Krankheit sowie Angst, wie man den unveröffentlichten Gedichten von 1963-64 ebenfalls erdrückend entnehmen kann. (2000 aus dem Nachlass veröffentlicht im Piper Verlag: „Ich weiß keine bessere Welt“).

Durch diesen Briefwechsel werden zwei Weltliteraten von innen gelesen und gehört.

Ein berührender, eindrucksvoller Abend!

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