Außer Kontrolle: Ray Cooney. Rez.: I. Reichel

Ingrid Reichel
IMMER ÄRGER MIT DER FARCE

 
AUßER KONTROLLE
Eine Farce
Ray Cooney
Originaltitel: Out of Order
Deutsche Übersetzung von Nick Walsh
NÖ Landestheater Premiere: 02.12.06, 19.30 Uhr
Regie: Silvia Armbruster
Dramaturgie: Karoline Exner
Mit Adi Hirschal, Antje Hochholdinger, Mirko Roggenbock…
Bühne und Kostüme: Michael S. Kraus

 

Die Kunst der Farce liege zwischen Komödie und Tragödie meint Ray Cooney, der sich von der schauspielerischen Tätigkeit in einem Wandertheater zu einem der erfolgreichsten lebenden Komödienautoren Englands entwickelte. Der 1932 in Wales geborene Schriftsteller ist beseelt von der Austauschbarkeit der Dialoge und begründet seinen Kampf um Lust und Tragik damit, dass der wahre Unterschied in der Reaktion des Publikums bestehe. Seine Stücke handeln vorwiegend von menschlichen Schwächen, die durch Verleugnung zur Katastrophe mutieren. Zudem werden sie gerne im deutschsprachigen Raum regional eingebunden und nicht selten in Plattdeutsch oder Schweizerdeutsch aufgeführt. Die Frage ob der typisch trockene britische Humor nicht unter den vielen verschiedenen Übersetzungen leidet, stellt sich von selbst. Außer Kontrolle ist eine Mischung vom Film "Immer Ärger mit Burney" und dem Stück "Boeing, Boeing" von Marc Camoletti. Das Rezept für einen unterhaltsamen Abend ist einfach: Man stecke einen leblosen Körper in eine Hotelsuite der Vier-Sterne Kategorie mit jeder Menge Türen und harre der Dinge, die sich anbahnen. Handlung ist der geplante Seitensprung des Ministers einer konservativen Regierungspartei Richard Willey mit der Sekretärin der Opposition Jane Worthington. Die Suite 648 im zentral gelegenen Luxushotel Westminster in London ist bereits bezogen, als der Vorhang aufgeht und sich das ersehnte Schäferstündchen zu einer turbulenten Nacht der Verstrickungen wandelt. Eine hysterische Hoteldirektorin und ein ausgekochter „Butler“ sorgen für zusätzliche Spannung, während der in Liebe unerfahrene George Pidgen als Sekretär des Ministers die Situation wieder unter Kontrolle zu bringen versucht. Nach der Pause spitzt sich die Lage Teil zu, als auch noch Pamela Willey, die nichts ahnende Ehefrau des Ministers, der herumirrende eifersüchtige Ehemann Ronnie Worthington und die Krankenschwester der pflegebedürftigen Mutter von George Pidgen die Suite belagern und durch den Turm der Lügen eine Verwechslungsidylle schaffen. Kein einfaches Unterfangen im einzigen sichtbaren Raum auf der Bühne - dem Salon der Suite - einen Körper vor den Augen der anderen Protagonisten verschwinden zu lassen und glaubwürdig ihre Ahnungslosigkeit vor den Augen des Publikums darzustellen. Eine Sache des Timings, welche Silvia Armbruster in ihrer Regiearbeit meisterhaft koordinierte und die Schauspieler hervorragend umsetzten. Möge Ihnen bei den weiteren Aufführungen bis März 2007 keine Pannen unterlaufen, keine Türen zu früh oder zu spät aufgehen, jede Drehung, jeder Auftritt weiterhin so gut gelingen wie am Abend der Premiere. Die anstrengenste Rolle in diesem Zweiakter hat wohl der leblose Körper, gespielt von Matthias Lühn. Ohne Probleme konnte er an diesem Samstag mit der skurrilen und makabren Mimik eines Toten, der zur Marionette wird, brillieren. Nicht so aufregend dagegen waren manche der wenigen Kussszenen, die zu sehr an die traditionelle Bühnenschauspielkunst erinnerten. Dennoch fehlt es der Inszenierung nicht an Pikanterie, dank Antje Hochholdinger als vermeintliche Geliebte im dem etwas seltsamen Negligé, oder Cornelia Köndgen, als Ministerehefrau in einem sehr variablen und feinem Kostüm und nicht zuletzt Hagen Löwe in der Rolle des an mangelnden Selbstbewusstseins leidenden, eifersüchtigen Ehemannes der Sekretärin, der wohl das höchste Selbstwertgefühl unter den Darstellern auf der Bühne offenbarte. Alles in allem verspricht "Außer Kontrolle" einen höchstvergnüglichen Abend im Theater, der trotz Beherztheit des Autors um seinen Kampf über die knifflige Lage der Farce keine Tragik aufkommen lässt sondern ungetrübte Heiterkeit und Lacher hervorruft.

 

Mehr Kritiken aus der Kategorie: