Der Bauer als Millionär: Ferdinand Raimund. Rez.: Johannes Schmid
Johannes Schmid
Fragwürdige Homoerotik
![]() |
Das Mädchen aus der Feenwelt oder Der Bauer als Millionär
Romantisches Original-Zaubermärchen mit Gesang in drei Akten
Ferdinand Raimund
Eine Koproduktion des Landestheaters Niederösterreich mit der Bühne Baden
Sommerarena Baden
Premiere, 28.07.12, 19.30 - 22 Uhr
Inszenierung: Jérôme Savary
Musik: Franz Josef Breznik
Dramaturgie: Rupert Klima
Besetzung:
Peter Faerber (Fortunatus Wurzel), Pippa Galli (Lottchen),
Michael Scherff (Lorenz), Antje Hochholdinger (Lakrimosa),
Hendrik Winkler (Die Feenkönigin). Katharina von Harsdorf (Die Zufriedenheit),
Irena Flury (Die Jugend), Oliver Rosskopf (Karl Schilf)
Savarys Inszenierung, die sich dem Regietheater verpflichtet weiß, mag vielleicht in einigen Punkten fragwürdig erscheinen, wenn er z.B. als Ort der Handlung ein chinesisches Comptoir wählt, die Rolle der Feenkönigin mit einem Mann besetzt, jene der Jugend transvestitisch anlegt und die Beziehung zwischen Lottchen und der Zufriedenheit homoerotisch deutet, aber sie ist gerade in der Darstellung, wie Savary es im Einführungsgespräch formuliert hat, moderner Sexualität stimmig. Ob damit allerdings die Intention dieses Meisterwerkes in rechter Weise gedeutet ist, dies mag sich der Zuseher selbst beantworten. Eines steht aber unzweifelhaft fest, dass nämlich sämtliche Rollen ideal besetzt sind und die schauspielerische Leistung den Vergleich mit den legendären Burgtheateraufführungen früherer Tage nicht zu scheuen braucht. Pippa Galli brilliert durch ihr jugendlich heiteres Spiel und ihre vollendete, fein nuancierte Sprechtechnik in der Rolle des Lottchens. Ihre Darstellung, die das Spannungsverhältnis zwischen Ernst und Heiterkeit, Hoffnung und Verzweiflung in überzeugender und ergreifender Weise zum Ausdruck zu bringen vermag, erweist sie als eines der großen Bühnentalente unserer Tage. Peter Faerber beeindruckt vor allem durch sein lebhaftes und aufbrausendes Temperament sowie durch seine einzigartige Interpretation Raimundscher Lieder. Als Höhepunkt der Aufführung darf getrost das „Brüderlein fein“ bezeichnet werden, welches von Irena Flury dank ihrer ausgebildeten Stimme und ihres bezaubernden Timbres unvergleichlich interpretiert wird. Nicht zuletzt um der großartigen Leistung Flurys willen sollte man sich diese Inszenierung nicht entgehen lassen. Katharina von Harsdorf verkörpert die Rolle der Zufriedenheit im Sinne der eigenwilligen Deutung Savarys mit großem Einfühlungsvermögen.
Dem Raimund-Liebhaber sei diese Koproduktion, die sich durch ein Aufgebot erstklassiger Schauspieler auszeichnet, auf jeden Fall empfohlen.