Festspielhaus St.Pölten: Cameron Carpenter. Rez.: Susanne Klinger

Susanne Klinger

Festspielaus St.Pölten.
Großer Saal. 23.Mai 2016, 19.30 Uhr 
Cameron Carpenter

Cameron Carpenter gilt als der exzentrischste Organist der Welt wenn man Recherchen glauben darf und dieser Abend hat dem wieder zur Genüge gereicht um diese Aussage zu bestätigen. Cameron Carpenter, ein Ausnahmekünstler im wahrsten Sinne des Wortes. 1981 in Pennsylvania, USA, geboren, hatte er schon im Alter von 11 Jahren seinen ersten großen Auftritt mit Sebastian Bachs Wohltemperierten Klavier. Er studiert Komposition und Orgel an der North Carolina School of the Art bei John E. Mitchener. Das Transkribieren, sprich die Umschreibung einer Notenschrift in eine andere, von mehr als über 100 Werke für die Orgel und eigene Kompositionen in dieser Zeit sind selbsterklärend.

Er wird als  "Bad Boy des Orgelspiels" bezeichnet und  andere preisen ihn als "Wladimir Horowitz seines Instruments", Fakt ist, seinem Orgelspiel zuzuhören macht ungemein Spaß und ist äußerst sexy. Mit seinen Beinen bei den Bassläufen ist er schneller als viele Pianisten mit ihren linken Händen. Hier die Augen davon zu lösen, ist fast unmöglich, ein virtuoses Zusammenspiel von Händen und Füßen, wobei der Körper selbst fast ausgleichend ruhig wirkt, so als wolle er dem  nicht im Wege stehen.

Dass Cameron Carpenter eine Liebesbeziehung mit seinem Instrument hat, (das er sich übrigens nach eigenen Plänen fertigstellen ließ, und sich damit einen Traum erfüllte), lässt sich nicht verleugnen. Ob es eine schonungslose Offenlegung der Seele eines genialen Musikers ist, wie es heißt, traue ich mir so nicht zu sagen, außer dieser Satz  würde selbst aus dem Munde des Künstlers so kommen. Jedoch, dass hier mit „vollem Einsatz“ gespielt wird, ist für jedermann ersichtlich.  Dieser Profimusiker ist einer, der sein Werkzeug beherrscht und so mitten im Zuhören und vor allem auch Zusehen kommen einem so Wortblitze wie Besessenheit oder Abhängigkeit in den Sinn, umgarnt von einer grenzenlosen Liebe zu seiner Gespielin und Weggefährtin – die nahezu perfekte Kombination von Beherrschung eines Instruments einerseits und  unglaublichen Liebe andererseits zu diesem, mit allem, was das Gefühlsspektrum dazu bereithält.

Ein gelungener Abend mit Werken von Richard Wagner, Johann Sebastian Bach,  Pjotr Illjitsch Tschaikowski und Louis Vierne und natürlich einer Improvisation vom Feinsten, deren geistiges Vorbereiten wir im Zuschauerraum beiwohnen durften. Es läuft einem ein Schauer über den Rücken, wenn hochkonzentriertes Arbeiten so offensichtlich wird!

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