Ilse Aichinger: Erika Pluhar. Rez.: Eva Riebler

Eva Riebler
Es ist schwer die Wahrheit zu schreiben

 

Erika Pluhar liest Ilse Aichinger
Landestheater NÖ, Großes Haus
23.02.2012, 19.30 Uhr
Dauer: 1 Stunde 15 Minuten

„Es ist schwer die Wahrheit zu schreiben. Bis man durch das Gestrüpp der Banalität durch ist, ist man schon gestorben“. Solche und viele bewegende Aussprüche und Aphorismen Ilse Aichingers sowie die Erzählung Die Küche meiner Großmutter, Schlechte Wörter 1976, Verschenkter Rat 1978 und Reflexionen über die letzten Friedenstage im September 1939 und über die Nachkriegszeit von 1951 bis 1977 oder zuletzt die Spiegelgeschichte wurden ausgewählt. Lyrisch und zugleich unendlich traurig und oft verzweifelt klingt die Befindlichkeit durch die Worte der Autorin, wenn sie meint: Was täte ich, wenn meine Träume nicht wären, und sie nicht niederstiegen hinter den Gebirgen? – Um zu lieben ist es nötig, nicht einen großen Schritt vorwärts zu gehen, sondern einen kleinen rückwärts zu gehen, dann ist es leichter zu springen. – Das Wesen der Verlassenheit ist, dass sie für immer ist.

Ilse Aichinger ist ungefragt eine große Autorin, der in der Nazizeit viel Leid zugefügt wurde. Ihre jüdische Mutter verstarb bald, nachdem ihre Arztpraxis in den 30er Jahren aufgelassen wurde. Sie verlor ihre Großmutter und weitere Verwandte durch die Pogrome und ihr Sohn starb 1998, was sie 14 Jahre lang als Literatin zum Verstummen brachte.

Die Biografie wurde allen Theaterbesuchern gratis anheim gegeben und wohl niemand sitzt im Publikum, der nicht diese eine Seite lesen konnte. Daher ist es umso unverständlicher, dass Erika Pluhar mit Punkt und Beistrich die Biografie als Einstieg in den Abend vom Blatt las.

Ilse Aichinger und die Zuhörerschaft hätten sich eine professionellere Einführung verdient. Außerdem waren die Betonung und die noch so geringe Theatralik beim Vortrag dem Thema gegenüber nicht adäquat.

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