Landestheater NÖ, Das Gespenst von Canterville, Rez.: Johannes Schmid
Johannes Schmid
"Das Gespenst von Canterville"
Landestheater Niederösterreich, Großes Haus,
Premiere 22. 11. 2014
„Das Gespenst von Canterville“
von Oscar Wilde
Dauer: 2 Stunden
mit:
Tobias Voigt (Gespenst)
Michael Scherff (Hiram B. Otis),
Johanna Wolf (Virginia Otis)
Jan Walter (Maurice Otis)
Helmut Wiesinger (Lord Canterville)
Christine Jirku (Mrs. Umney)
Othmar Schratt (Der Riese)
Regie: Babett Arens
Bühne: Andrea Bernd
Das Landestheater Niederösterreich unter der künstlerischen Leitung von Bettina Hering hat mit der dramatisierten Fassung von Oscar Wildes sattsam bekannter Erzählung „Das Gespenst von Canterville“ nicht zum ersten Mal bewiesen, dass es auch dem jungen Publikum beste und vorbildliche Produktionen zu bieten weiß. Babett Arens hat das Werk seines historischen Kontextes entkleidet und behutsam modernisiert. Der Vater Otis, brillant verkörpert von Michael Scherff, erscheint als tüchtiger, weltgewandter Produzent von Aufzügen, der allem und allen furchtlos und mit nonchalantem Ton begegnet. Die Geschwister sind Jugendliche unserer Tage mit Laptop, Handy und MP3-Player und bedienen sich einer Sprache aus verknappten Ausdrücken und Anglizismen. Jan Walter als Maurice spielt seine Rolle perfekt und könnte der Oberstufe eines unserer Gymnasien entsprungen sein. Überzeugend wirkt Johanna Wolf als besonnene Schwester, welche das Gespenst entsühnt und hiermit von seiner schaurigen Existenz zu befreien vermag, und gewinnt als die Gutmütige und Mitfühlende von Anfang an die Herzen der kleinen Gäste. Wahrlich komisch und geradezu grotesk wirkt Tobias Voigt in der Rolle des Gespenstes, dessen Versuche, Angst und Schrecken im Schloss von Canterville zu verbreiten, das Publikum zu wahren Lachsalven hinreißt. Christine Jirku steht ihm in nichts nach. In der Rolle der Haushälterin Mrs. Umney, die mit dem Geist auf vertrautem Fuß steht, beweist sie ihre langjährige Bühnenerfahrung. Helmut Wiesinger verkörpert in der Rolle von Lord Canterville lebensecht Noblesse und Distinguiertheit des Adels. Als besonders gelungen ist der Einfall der Regie zu bewerten, Wildes Geschichte „Der selbstsüchtige Riese“ in das Stück zu integrieren; der vom Menschenfeind und Kinderschreck zum leutseligen Gärtner sich wandelnde Riese, meisterlich dargestellt von Othmar Schratt, bringt eine durchaus ernste humane Botschaft in das sonst so komische Treiben. Größte Anerkennung verdient auch Andrea Bernd, die für die Bühne verantwortlich zeichnet. Ihre Arbeit schafft den notwendigen Rahmen, in dem die großartige schauspielerische Leistung aller Mimen zur Entfaltung kommen kann.
@ Landestheater Niederösterreich
LitGes, im Dezember 2014