Ovid „Heroides“. Rez.: Johann Schmid

Johann Schmid

Ovid „Heroides“
gelesen von
Dörte Lyssewski und Markus Meyer
Landestheater Niederösterreich
Großes Haus
2.11.2013
Dauer: 90 Minuten (keine Pause)

Die beiden Burgschauspieler Dörte Lyssewski und Markus Meyer lasen in einer eigens für das Landestheater Niederösterreich erarbeiteten Fassung aus den „Heroides“, den Briefen der Heroinen, des Ovid und zeigten dabei all ihre Fähigkeit, sich emotional und mithin auch in Sprache und Mimik in unterschiedliche seelische Situationen versetzen zu können. Die Liebe sowie das eigene, als ungerecht erlebte Los standen im Mittelpunkt des Abends; Penelope hält ihre Hoffnung auf Rückkehr des geliebten Odysseus für aussichtslos; Paris wirbt offen und freimütig um die Liebe der Helena; Dido bezichtigt Aeneas der Treulosigkeit; Leander klagt darüber, dass er auf Grund eines Unwetters nicht zu Hero schwimmen kann, und lässt einen Fährmann seine Liebesgrüße bringen; die betrogene Medea rechnet mit Jason ab und endigt mit einer Morddrohung; Acontius erinnert in eindringlichen und schmachtenden Worten die begehrte Kydippe an ihren Liebesschwur. Die Textauswahl garantierte Abwechslung und Kurzweiligkeit; zum einen waren klagende und verzweifelte Töne zu vernehmen, zum anderen genoss man Heiteres und Spielerisches. Beide Lesende beeindruckten durch ihre hohe Sprechkultur und die enorme sprachliche Wandlungsfähigkeit in der psychologischen Deutung der Texte. Sie verfügten ebenso über eine tragisch-verzweifelte wie über eine komisch-ironische Ausdrucksweise. Die erarbeitete Übersetzung, im Gegensatz zum Original, das im elegischen Distichon geschrieben ist, in kunstvoller Prosa verfasst, verdient alles philologische Lob; sie ist klar, kunstvoll, modern und fesselnd. Kurzum, der Abend war mehr als gelungen, und das Publikum zeigte sich zu Recht begeistert und mitgerissen.

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