Neue Musik / OSVALDO COLUCCINO: Emblema

Peter Kaiser

OSVALDO COLUCCINO
Emblema

Ex Novo Ensemble
KAIROS 2018 (0015049KAI)

Zumindest in Italien ist es nicht mehr nötig, zur Charakterisierung von Osvaldo Coluccinos Musik einen Luigi Nono als Vorläufer oder „Übervater“ zu zitieren: Längst haben seine Fans das Gemeinsame, aber auch das Neue, Weiterführende entdeckt (u. a. bei den Labels Col legno oder Neos dokumentiert) und begriffen, dass es mehr als einen Weg der zeitgenössischen Komposition geben kann. Soll man ihn meditativ oder gar mystisch nennen? Impressionistisch? Empfindsam? Oder vielleicht noch besser: labyrinthisch! Denn obwohl wir uns an Fäden entlangtasten, scheint das, was uns nach der nächsten Ecke erwartet, völlig ungewiss, ja, schon die Erwartung an sich scheint durch die Konstruktion des Labyrinths in Frage gestellt.

Coluccinos Bezugnahme im Booklet auf den Maler Piero della Francesca weist auf eine unmittelbare Beteiligung des Betrachters am Geschehen hin, andererseits aber auch auf eine unnahbare Kühle (wie wir sie herrlich beim Fresko Madonna del Parto oder der Auferstehung erleben dürfen).

Coluccinos Labyrinth ist das eigentliche Emblema für unsere Reise mit seinen Klanggeweben, deren Verknüpfungen und Muster nur aus großer Höhe sichtbar werden und so auf die Ebenen des Mikro- und des Makrokosmos verweisen. Einzig den Kampf mit dem Minotaurus verweigert Coluccino – den eigentlichen Herrscher des Labyrinthes zu stellen, bleibt Sache des Hörers.

Den Faden der Ariadne spinnen uns Flöte, Klarinette, Violine, Viola, Cello, Klavier: Das auf neue Musik spezialisierte und seit 1979 bestehende venezianische Ensemble Ex Novo glänzt in den Stücken Emblema 1, 3 ,4 ,5 ,6 ,7 in verschiedenen Besetzungen.

Mehr Kritiken aus der Kategorie: