Thomas Laessing: Corona 03 2020 III

Corona 03 2020 III

Die offiziellen Ausgangsbeschränkungen sind keine für mich/uns (autonome 2er-Zelle); wir (sie und ich) gehen auch sonst nicht fremd vors Loch. Alles, was man davor durfte, ist das, was wir eh taten, tun: einkaufen, arbeiten, Sport treiben, Postalisches aufgeben, zum Arzt gehen: ich brauche keine Seuche, um krank zu sein. Gut, schnell mal den Enkel besuchen geht nicht. Notfalls bildtelefonieren, wird ja vielleicht one day wieder alles wie zuvor werden. Alles?

Sogar meinen Tabak, meine Hülsen, Filter, Papers gibt's online. Auffallend, dass Hermes, der Götterbote, bereitwilliger denn je Lieferungen einfach vor der Haustür platziert, auch ohne Sondergenehmigung. Sehr sympathisch.

Von Vorteil, wenn man schon davor ein gewisses Todesbewusstsein mit sich spazieren trug – und das schon seit, hm, Pubertät? Von Vorteil, wenn man schon je ein Fan der Kleine-Brötchen-Backen-Einstellung war, der Fünf-Finger-an-der-Hand-Buchhaltung. Von Vorteil, sicherlich, wenn man mehrere kleine Geldzuflusskanäle hat. Noch kommt man aus. Noch! Sicher ist nur, dass nichts sicher ist, auch nicht die kleinen Brötchen, und selbst das kleinste, gut im Wald versteckte, naturklare Rinnsal kann vertrocken, wenn es nur heiß genug wird.

Im Urlaub oder sonstwo Tage weg waren wir seit anderthalb Jahrzehnten eh nicht mehr: haben komplexe Kümmernisse in menschlicher Form schon immer anhängen gehabt, was man als Schicksal bezeichnen könnte, wenn man wollte. Die Alte in meinem Haus, das nicht mein Haus ist, hört viel Radio, auch Nachrichten, und versteht miss: «Du könntest bestraft werden!» als Antwort, verkünde ich, dass ich zur Arbeit fahre.

Heute ist der erste zeitumgestellte Sonntag; sitze auf dem Balkon in einer kalten Sonne, schreibe, lese, rauche, trinke Kaffee, schaue. Hunde promenieren, als wär nix, und führen ihre Herrschaften an langen Leinen. Machen wir ein kleines Frühstück? Ei? Und sonntags auch mal zwei.