„Nach oben schwimmen“
Landestheater Niederösterreich 15.6.2018, Großes Haus
Ilija Trojanow: Macht und Widerstand
Gast-Schauspiel Hannover
Wie kann man seinen politischen Status bewahren, bzw. nach oben schwimmen? Wie sehr verhilft Korruption und Lüge zum Machterhalt? Gibt es eine politische Menschwerdung?
Mit seinen Reportagen, Dokumentationen und Romanen gehört Ilija Trojanow zu den wichtigsten Stimmen der aktuellen Gesellschaftskritik. Die Motivation für sein literarisches Schaffen sieht er in der „Sehnsucht nach Veränderung“, denn momentan kann er keinem Politiker glauben oder ihn wählen. Er selbst ist das, was man landläufig als „Kosmopoliten“ bezeichnet. Derzeit ist er, wenn nicht unterwegs, in Wien zu Hause. Er schreibt Erzählungen, Essays und Reisereportagen, und bekam 2006 den Preis der Leipziger Buchmesse.
Ilija Trojanow setzt sich stets mit Diktatur auseinander. Wie sein Vater, nach dessen Absetzung des Stücks Labyrinth 1968 nach dem Prager Frühling in der CSSR, ist er daher beim Regime unbeliebt. In der Figur Konstantin hat er seinen Vater verewigt. Eine Figur, die nicht einmal als Dissident gilt, ein Verbissener, der sich durch den ständigen Kampf um Wahrheit selbst vergisst.
Regime wechseln, sind austauschbar wie Länder des Warschauer Paktes, gehören zur EU und obwohl als demokratisches System kreiert, werden Widersprüche und alte Leitlinien sichtbar. Trojanow lässt sein Stück in Bulgarien spielen. Die selben Köpfe erscheinen trotz Regimwechsel wieder in gleichen Positionen, Armut herrscht und Ungerechtigkeit. Wer will nicht nur sich selber durchbringen, sondern auch noch in der Vergangenheit wühlen?
Nezabraka will es, seit ihr die Mutter am Totenbett eine mögliche Vaterschaft eines Apparatschik in Aussicht stellte. Aber wenn man/frau eine gute Arbeitsstelle bekommt, lässt das Interesse an der Herkunft/Vergewaltigung nach.
Die St. Pöltner Zuseher bekamen eine außergewöhnlich starke Aufführung des Schauspiel Hannovers geboten.
Sein erster, 1996 entstandener, autobiografisch geprägter Roman „Die Welt ist groß und Rettung lauert überall“ war in der Dramatisierung von Sandy Lopičić als Eröffnungsproduktion der Saison 2016/17 am Landestheater
Niederösterreich zu sehen.
Im Rahmen des heurigen Blätterwirbel-Porträts werden außerdem Mitglieder des Landestheater-Ensembles aus dem Werk Ilija Trojanows lesen und mit der Literaturjournalistin Sigrid Löffler wird am 9.10.2018 um 19 Uhr im Landestheater ein Künstlergespräch statt finden.
Eva Riebler
LitGes